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0006 - Ich stürmte das graue Haus

0006 - Ich stürmte das graue Haus

Titel: 0006 - Ich stürmte das graue Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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meldete sich freiwillig zur Armee, aber hatte ein paar Körperfehler, einen kleinen Herzknacks oder so etwas, und die Armee nahm ihn nicht. Er fand keinen neuen Start, und sein gespartes Geld hatte er vier Monate vor seinem Rausschmiß einem Mann gegeben, der ihm dafür einen Pelzmantel für seine Braut ungewöhnlich billig besorgen wollte, aber seitdem spurlos verschwunden war. Landy sackte ab. Er verkehrte in Kneipen, in die er früher nie gegangen wäre, und in einer dieser Kneipen lernte er Joel Ruster kennen.
    Ruster war es ähnlich gegangen wie Landy. Er war Bürogehilfe bei einem Börsenmakler, aber er hatte Ehrgeiz und wollte aus dem kleinen Angestelltenverhältnis heraus. Eines Tages beteiligte er sich auf eigene Rechnung an einer todsicher scheinenden Spekulation, aber die Sache platzte. Ruster hatte die ihm anvertrauten Gelder dafür verwendet. Mit Mühe und Not konnte er den Schaden durch seine Ersparnisse wiedergutmachen, aber sein Chef erfuhr davon und warf ihn hinaus.
    Die Ähnlichkeit ihrer Schicksale und die Situation trieben die beiden Gescheiterten zusammen. Sie trafen sich öfter. Eines Tages gesellte sich ein dritter Mann zu ihnen, ein Mann, der nicht von ihrer Art war, ein großer, breitschultriger Mann.
    Landy konnte seinen Namen nicht nennen. Er wurde allgemein ›Brandy‹ gerufen, weil er seinen Whisky stets mit diesem großartigen Wort bestellte.
    Brandy sagte den beiden Büromenschen, daß sie Idioten seien. Er setzte ihnen auseinander, daß sie nichts weiter brauchten als ein wenig Anfangskapital, um selbständig zu starten, und wenn dieses Anfangskapital nicht auf ehrliche Weise erarbeitet werden könnte, dann müßte es eben anders beschafft werden. Im Laufe vieler Abende warb Brandy Landy und Ruster für einen Überfall auf eine Tankstelle, die am Highway an der östlichen Ausfallstraße lag. Er hatte ausgekundschaftet, daß zwischen neun und zehn Uhr abends dort kaum Verkehr herrschte, daß aber die Tageskasse erst gegen elf Uhr abgeholt wurde. Er besorgte die Strumpfmasken, drei Pistolen, und er stahl am Abend vorher einen Wagen.
    Er teilte den Überfall so ein, daß Landy und Ruster die gefährliche Arbeit tun mußten. Sie fuhren bei der Tankstelle vor. Landy und Ruster sprangen, die Waffen in der Hand, heraus, während Brandy am Steuer blieb. Ohne Zweifel wäre er rücksichtslos getürmt, wenn irgend etwas schiefgegangen wäre, aber der Zufall half den blutigen Anfängern. Normalerweise wäre die Station mit vier Leuten besetzt gewesen, jedoch fehlten an diesem Abend zwei wegen Krankheit, und die beiden anderen hoben sofort die Arme beim Anblick der Pistolen. Ruster raffte die Kasse an sich, und Landy zerschnitt, wie Brandy es ihnen eingetrichtert hatte, die Telefonleitung. Fünf Minuten später brausten sie in dem gestohlenen Wagen ab.
    Sie fuhren in ein Versteck, verließen den Wagen und machten sich zu Fuß auf den Weg zur Untergrundbahnstation. Brandy versuchte zweimal, die Kasse an sich zu bringen, aber Ruster setzte sich zur Wehr, und Landy stand ihm bei. Es war so weit, daß sich die drei mit den Waffen in der Hand gegenüberstanden, und es sah so aus, als sollte jeden Augenblick eine Schießerei zwischen ihnen ausbrechen.
    Schließlich einigte man sich. Man zählte und teilte. Die Beute war größer als erwartet, weit über dreißigtausend Dollar, mehr als zehntausend für jeden.
    Sie trennten sich. Landy und Ruster, diesen Zufallsgangstern, ging wohl jetzt, nach dem Überfall, erst richtig auf, was sie angestellt hatten. Sie konnten sich nicht mehr in die Augen sehen. Zwanzig Minuten nach dem Überfall wandten sich sich den Rücken zu, und sie sahen sich von diesem Augenblick an nie wieder. Wochenlang wartete Landy darauf, daß er verhaftet werden würde, und Ruster mochte nicht anders empfunden haben.
    Dann begann der Alpdruck zu weichen. Vorsichtig begann er mit den erbeuteten Dollars zu arbeiten, und sowenig Glück er mit seinem ehrlich erworbenen Geld gehabt hatte, soviel Glück schien an diesen geraubten Scheinen zu kleben. Seine Unternehmungen glückten, sein Vermögen vermehrte sich, seine Geschäfte wurden größer. Er gründete einen Tuchgroßhandel, erwischte einige Stoffposten, die er im Zuge der Textilverknappung sehr günstig verkaufen konnte. Er heiratete seine Braut, und allmählich vergaß er, daß der Grundstock seiner Wohlhabenheit aus einem nie aufgeklärten Tankstellenraub stammte.
    Wirklich, er war nahe daran, es zu vergessen, bis die Vergangenheit vor

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