0006 - Ich stürmte das graue Haus
war. Ich würde, wenn es mißlang, für alle Zeiten auf den Brettern bleiben.
Eine halbe Stunde nach dem letzten Zug kamen sie. Es war genauso wie am Mittag. Er erhielt ich den Befehl, dann knallten die Riegel zurück, und Left trat ein. Er musterte mich.
Ich stand in der vorgeschriebenen Haltung, die Arme erhoben, die rechte Hand fünf Zoll von der Glühbirne.
Left trat zur Seite, um den Buckligen hereinzulassen. In dieser Sekunde fuhr meine Hand vor, zerdrückte das heiße Glas, und ich schnellte mich lang nach vorn über den Fußboden. Brandys Schuß dröhnte im engen Raum wie ein Gewitterschlag. Es knallte genau im selben Bruchteil einer Sekunde, in der ich gegen Lefts Beine prallte. Meine vorgeworfenen Arme umklammerten ihn, aber schon der Aufprall genügte. Er fiel nach vorn und stürzte halb über mich.
Ich war unter ihm weg, bevor er noch den Boden berührte. Es war nicht ganz dunkel im Raum. Die Gangbeleuchtung erhellte ihn spärlich, und in diesem schwachen Licht unmittelbar in der Tür stand der Bucklige. Noch im Liegen griff ich nach ihm, bekam eines seiner Hosenbeine zu fassen und riß ihn zu mir herunter. Er versuchte, sich an dem Teetisch zu halten, und riß ihn mit um. Das Geschirr klirrte über den Boden.
Ich schnellte wie eine angreifende Schlange über den Boden, schlug zu, wo Lefts Kopf undeutlich zu erkennen war. Er warf sich aufstöhnend auf den Rücken. Er hielt das Gewehr noch in der Hand.
Ich war vor ihm auf den Beinen und griff zu. Er verlor die Waffe. Ich hörte, wie sie gegen die Wand klirrte, aber das vernahm ich schon im Herumwerfen. Der Bucklige war auf die Beine gekommen. Er stand genau passend. Ich schlug zweimal blitzschnell zu. Er war nur ein Federgewicht.
Im selben Augenblick fiel Lefts Faust schwer auf meinen Schädel. Ich kriegte Fahrt und sauste dem Kleinen nach, aber ich war noch fit genug, um mich herumzuwerfen. Mit dem Rücken fing ich den Anprall auf. Brandy nahm mich an wie ein gereizter Bulle. Ich fing ihn mit den Füßen ab und schleuderte ihn zurück. Dann sprang ich auf. Jetzt standen wir beide, und jetzt ging es erst richtig los. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen klarmachen kann, was alles in den Hieben steckte, mit denen ich George Left eindeckte. Sie waren nicht einfach ein Erzeugnis der Muskelkraft. Ich glaube, es waren vielmehr Wut und Empörung, die ihnen die Wucht verlieh. Mit elektrischen Mätzchen, mit Tricks, eben mit dem, was James Gradness die elegante Methode nannte, hatten sie mich überrumpelt. Ich war betäubt worden wie ein Ochse, bevor er geschlachtet wird, und ich hatte mich nicht dagegen wehren können.
Hier, in dem kläglich beleuchteten Kellergang, war von Elektrizität nicht die Rede, wenigstens im Augenblick nicht.
Wieviel Brandy kassierte, kann ich heute nicht mehr sagen. Er hielt überraschend lange mit, aber dafür war es dann um so plötzlicher zu Ende. Seine Arme sackten herunter.
Es war aus. Es hatte insgesamt gesehen nicht sehr lange gedauert, und natürlich war es nicht leise hergegangen, obwohl niemand geschrien hatte.
Ich sprang über den geschlagenen Left hinweg in meine Zelle zurück. Die Taschenlampe, die sie mir leichtsinnig gelassen hatten, befand sich unter dem Kopfkissen der Pritsche. Ich wühlte sie hervor, schaltete sie ein und leuchtete durch den Raum. Dort lag das Gewehr. Ich hob es auf. Es war eine Magazinwaffe, siebenschüssig, also noch sechs Schuß für mich.
Ich nahm sie an mich, dann stieg ich über die beiden Geschlagenen hinweg, um mir den Weg in die Freiheit zu erkämpfen, einen Weg, von dem ich im wahrsten Sinne nicht wußte, ob ich dabei irgendwo in einer Hochspannungsleitung hängenblieb.
Ich war schon an der Tür, die zu der eisernen Treppe führte, als mir einfiel, was ich vor ein paar Stunden beobachtet hatte: den Mann an der Schalttafel.
Wenn diese Schalttafel nun die Zentrale bedeutete? Wenn man an dieser Stelle mit ein paar Hebelgriffen den ganzen Schutzmechanismus des Hauses lahmlegen konnte?
Ich überlegte nicht lange und ging noch einmal zurück. Wie alle Türen hier unten, so war auch diese nur von außen verriegelt. Ich schob die Riegel zurück und öffnete sie.
Ein paar rote Birnen glühten mich an. Ich ließ die Taschenlampe aufblitzen. Ihr Schein zitterte über schwere Schalthebel in den verschiedensten Stellungen, über Drehregler, Sicherungen, Amperemeter. Ich verstand von dem ganzen Krempel fast gar nichts. Meine Blicke wurden nur von einem besonders mächtigen Hebel angezogen, der
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