Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0006 - Ich stürmte das graue Haus

0006 - Ich stürmte das graue Haus

Titel: 0006 - Ich stürmte das graue Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
sich genau in der Mitte der Tafel befand. Es war einfach die primitive Vorstellung, daß der Hauptschalter auch der größte Hebel sein müßte, die mich veranlaßte, ihn aus seiner Stellung zu bewegen. Mit einem hörbaren Klacken rutschte er aus den Sicherungsklemmen, als ich kräftig an ihm zog. Gleichzeitig erloschen die roten Lampen an der Tafel, und auf dem Flur wurde es dunkel. Ich hatte genau den richtigen Griff getan.
    Mit drei Sätzen war ich an der Tür. Die Riegel flogen zurück. Die eiserne Treppe dröhnte unter meinen Schritten. Die Tür in den Raum, in den Left mich vor ein paar Stunden gebracht hatte, flog unter meinem Körpergewicht auf. Jetzt die Tapetentür. Der Taschenlampenstrahl tastete über die Wand. Da war sie. Ich warf mich dagegen. Sie rührte sich nicht.
    Wenn das Biest nur elektrisch betrieben werden konnte, dann hatte ich mir mit meinem Schaltergriff selbst den Fluchtweg abgeschnitten. Aber Gradness mußte doch damit rechnen, daß Störungen passiert. Die Türen mußten auch ohne Strom zu öffnen sein.
    Ich war drauf und dran, in den Keller zurückzurennen, als ich ferne Schritte hörte. Zwei Sekunden später beschäftigte sich irgendwer von der anderen Seite mit der Tür. Ich konnte gerade noch zurückspringen, bevor sie aufging. Ich hielt mich nicht lange mit dem Mann auf. Ich schlug ihm mittelsanft mit dem Kolben auf den Kopf, und er fiel ohne einen Laut um. Ein kurzes Leuchten in sein Gesicht überzeugte mich, daß es nur einer der Knechte, nicht Gradness selbst war. Wahrscheinlich hatten sie die Störung bemerkt, und der Mann erschien, um nachzusehen.
    Ich lief durch den schmalen Gang. Der Nachseher hatte auch die Regaltarnung zur Speisekammer offengelassen, und die Speisekammertür selbst hatte eine normale Klinke und reagierte auf einen gewöhnlichen Händedruck.
    Ich fand mich auf einem Flur im Parterre wieder. Hier brannte volles Licht. Wahrscheinlich verfügten sie über zwei Stromkreise, einen für die ehrliche Beleuchtung und einen zweiten für ihre Späße.
    Ich lief den Flur entlang. Er mündete in die Halle. Ich verhielt eine Sekunde, holte noch einmal Luft und setzte zum letzten Sprint an.
    Sie wissen, die Halle war mächtig groß. Ich gelangte ungefähr bis zur Mitte, als ein Schuß bellte und die Kugel mir um die Ohren pfiff. Ich warf mich im Laufen hin, schlitterte ein Stück auf dem Bauch übers Parkett, während zwei, drei weitere Schüsse knallten, riß einen schweren Gobelinsessel um, der gerade passend stand, und legte ihn mir als Deckung zurecht.
    Eine neue Kugel fetzte dem Sessel ein Stück vom Bein weg. Ich zuckte hoch. Der Mann, der schoß, stand auf dem letzten Absatz der Treppe. Er trug Gradness Lakaienkluft, und die Kanone in seiner Hand paßte schlecht zum Aufzug eines herrschaftlichen Dieners.
    Seiner nächsten Kugel kam ich zuvor. Er schnitt ein erstauntes Gesicht, ließ seinen Revolver fallen und kippte die Treppe hinunter.
    Leider war es damit nicht abgetan. Jetzt bekam ich’s von einer anderen Seite. Offenbar sogar zwei nahmen mich vom Speisezimmer her unter Feuer. Zum Glück lag ich weit genug in der Halle, daß mein Sessel auch gegen sie noch einigermaßen Deckung bot, aber diese Deckung war nicht vollkommen genug, so daß ein glücklicher Schuß mich hätte außer Gefecht setzen können.
    Durch das Bellen der Schüsse hörte ich Gradness kreischen: »Er darf nicht entkommen! Ich bringe euch alle um, wenn er euch entwischt.«
    Ich wagte es, nach ihm auszulugen, aber er war nicht zu sehen. Ich hätte ihm gern eine Kugel geopfert, und wenn es meine letzte gewesen wäre, aber er hielt sich auf der Galerie der ersten Etage außer Sichtweite.
    So ging’s nicht weiter. Auf diese Weise schafften sie mich früher oder später. Wer konnte wissen, über wie viele Hilfskräfte Gradness noch verfügte. Mit ein paar Kugeln konnte ich dagegen nichts ausrichten.
    Den Sesselrand benutzte ich als Stütze. Es gehörten Nerven dazu, in aller Ruhe zu zielen, während immer wieder Kugeln in die Polsterung ploppten. Ich riß mich zusammen.
    Meine erste Kugel stäubte rechts von der Haltekordel eines großen Kronleuchters den Kalk von der Decke. Ich korrigierte. Der zweite Schuß traf. Der Kronleuchter geriet ganz leise ins Schwingen. Infolgedessen verfehlte die dritte Kugel wieder ihr Ziel, aber die vierte saß wieder. Das Halteseil summte. Mit leisem Knall sprang ein Teil der Kordel. Ich feuerte den fünften Schuß ganz schnell hinterher. Sekundenbruchteile später

Weitere Kostenlose Bücher