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0006 - Ich stürmte das graue Haus

0006 - Ich stürmte das graue Haus

Titel: 0006 - Ich stürmte das graue Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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jede Möglichkeit in Betracht ziehen.«
    »Er war nicht bei mir«, antwortete Gradness hoheitsvoll. »Jedenfalls habe ich nichts davon bemerkt.«
    »Kann ich vielleicht mit Ihren Leuten sprechen?« bat Phil. »Es könnte doch sein, daß er bei seinem Einbruch mit einem von ihnen zusammengestoßen ist. Der Mann könnte ihn getötet oder verletzt haben, hat dann den FBI-Ausweis gefunden und fürchtet sich nun, seine Tat zu gestehen.«
    »Sie haben keine richterliche Anweisung zu diesen Maßnahmen?« fragte Gradness lauernd.
    »Nein…«, antwortete Phil zögernd.
    James Gradness erhob sich. »Dennoch, Mr. Decker, ich bin bereit, Ihnen Gelegenheit zu einer Hausdurchsuchung und zur Vernehmung meiner Angestellten zu geben. Ich hoffe, das überzeugt Sie endlich davon, daß ich mit all diesen Dingen nichts zu tun habe. Sollte Ihre Behörde mich allerdings danach noch einmal in irgendeiner Form belästigen, so sähe ich mich gezwungen, mich an der richtigen Stelle zu beschweren.«
    Auch Phil erhob sich. Er stand da wie ein kleiner Angestellter, dem sein Chef gnädigst die erbetene Gehaltserhöhung gewährt hat.
    »Vielen Dank, Mr. Gradness«, sagte er.
    Sie verschwanden zusammen aus dem Blickfeld. Der Bildschirm wurde leer.
    Ich reckte mich. »Vielen Dank für die Show«, sagte ich zu Left. »Ich nehme nicht an, daß ich in diesem Raum für meinen Freund auffindbar bin. Kann ich in meine Zelle zurück?«
    »Bleib sitzen, bis der Chef kommt«, brummte er ungnädig.
    Ich war artig wie ein guterzogener Schuljunge. Es dauerte zwei Stunden, bis James Gradness erschien. Er trat durch eine Tür ins Zimmer, von der ich vorher nicht die Spur gesehen hatte, eine Tapetentür, die so geschickt angelegt war, daß wahrscheinlich nur bei genauem Hinsehen die Spalten zu erkennen waren.
    »Hallo, G-man«, sagte er, wandte sich dann an Left. »Na, Brandy, hat er beim Anblick seines Freunde getobt?«
    Left schüttelte seinen schweren Schädel. Gradness war erstaunt.
    »Nicht? Ich hätte geschworen, daß er schreien würde.«
    »Es hätte doch keinen Zweck gehabt«, sagte ich. »Sie haben mich hier schon so hingesetzt, daß Phil mein Rufen nicht gehört hätte.«
    »Sehr richtig, G-man«, ging er auf das Thema ein. »Diese Tür, durch die ich kam, führt in einem schmalen Gang zwischen zwei Zimmern, und der endet in der Speisekammer. Dort ist der Zugang durch ein mit Konserven vollgestelltes Regal verdeckt. Ihr Freund warf bei seiner Haussuche nicht einmal einen Blick darauf.«
    »Wahrscheinlich hatte er keinen Hunger«, lächelte ich.
    Gradness musterte mich kalt.
    »Ihre Nerven sind wirklich ausgezeichnet. Vielleicht würde ich Ihnen vorschlagen, für mich zu arbeiten, aber ich weiß genau, daß Sie in moralischer Hinsicht ein Brett vor dem Kopf haben. Leute, die für ein paar Dollar ihr Leben riskieren, nur weil sie damit der Gerechtigkeit zu dienen glauben, sind in meinen Augen nicht normal.«
    Ich lachte laut und herzhaft. »Halten Sie sich vielleicht für normal, Gradness? Ihr ganzer Firlefanz, mit dem Sie sich umgeben, beweist doch, daß sie völlig verrückt sind.«
    Zum erstenmal sah ich, wie er die Überlegenheit, die er sonst zur Schau trug, verlor. Sein Gesicht verwandelte sich in eine Fratze, und ich wartete, daß er sich auf mich stürzen oder Left den Befehl dazu geben würde, mich umzulegen.
    Er bezwang sich noch einmal. Er drehte sich auf dem Absatz um.
    »Bring ihn wieder hinunter!« befahl er Brandy über die Schulter. Dann verließ er durch die Tapetentür den Raum.
    Left brachte mich auf demselben Weg in meine Zelle zurück. Jetzt waren alle Türen geschlossen. Auch der Mann an der Schaltanlage war nicht mehr zu sehen.
    Ich mußte mein Gefängnis selbst aufriegeln.
    »Bekomme ich heute abend nichts zu essen?« fragte ich. »Warte es ab!« brummte Left und schlug die Tür hinter mir zu.
    Ich rauchte. Es war übrigens die letzte Zigarette, die ich besaß. Noch einmal dachte ich alle Möglichkeiten durch, die mir blieben. Mit Hilfe von außen durfte ich nicht rechnen. Es lagen keine Verdachtsgründe gegen Gradness vor, die das FBI ermächtigt hätten, sein gesamtes Haus auseinanderzureißen, bis sie mich oder wenigstens meine Leiche in den Grundmauern fanden. Mir blieb nur der Angriff auf Brandy. Wie ein Boxer, der sich einem vielfach stärkeren Gegner gegenüber befindet, konnte ich nur versuchen, den einen richtigen Schlag anzubringen oder auf die Bretter zu gehen, nur daß es bei mir mit einem einfachen Knockout nicht getan

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