0006 - In den Klauen der Mumie
sterben!
Sie sah etwas Weißes zwischen den Rosenzweigen hindurchblitzen. Die Mumie kam mit langsamen Schritten auf sie zu. Es hatte den Anschein, als hätte das Monster die Schauspielerin bereits entdeckt.
Barbaras Herz verkrampfte sich. Sie preßte das Gesicht auf die Erde.
Laß es nicht geschehen! dachte sie flehend. Bitte, laß es nicht geschehen!
Die Mumie blieb in einer Entfernung von vier Metern stehen.
Barbara Blake wagte nicht mehr zu atmen. Unaufhörlich floß Schweiß über ihr Gesicht. Ihre Wangen zuckten. Die Angst war kaum noch zu ertragen.
Da wandte sich das Monster um, ging in eine andere Richtung weiter, war bald darauf in der schwarzen Dunkelheit verschwunden.
Barbara blieb liegen. Sie wagte nicht aufzuatmen. Sie wagte nicht zu glauben, daß sie gerettet war. Sie hatte Angst vor einer bitteren, schrecklichen Enttäuschung…
***
Es verging noch eine halbe Stunde, ehe Nicole Duval und Richard Rush das Hotel Arabella verließen. Der Magier hatte Zamorras Sekretärin ersucht, sich bei ihr einhaken zu dürfen. Nun ging er neben ihr aus dem Zimmer. Sie spürte deutlich, wie er an ihr hing. Wahrscheinlich wäre er umgefallen, wenn sie ihn nicht auf diese Weise gestützt hätte. Sein Blick war noch viel glasiger geworden. Wenn er sprach, kamen die Worte oft verdreht aus seinem Mund. Oft lallte er auch.
Sie fuhren mit dem Lift nach unten.
Wer hätte gedacht, daß du mal mit einem Mörder ausgehen würdest, dachte Nicole Duval und schüttelte in Gedanken den Kopf. Mit einem Mann, der höchstwahrscheinlich zwei Menschen auf dem Gewissen hat. Seinen Bruder und den Arzt, der aus seinem Bruder eine Mumie gemacht hat.
Die zwölf Etagen flogen an ihnen vorbei. Unten traten sie aus der Liftkabine in die Hotelhalle.
Bill Fleming hatte zu diesem Zeitpunkt seinen Posten im Keller verlassen, um sich kurz mit Zigaretten einzudecken, denn der Polizist dort unten hatte sich zu einem wahren Schlot entpuppt. Er hatte alles geraucht, was Bill bei sich gehabt hatte.
Bill Fleming stand vor dem Kiosk, als Nicole mit dem Magier aus dem Lift trat.
Als er das Mädchen und Rush sah, weiteten sich seine Augen erstaunt. Sofort begann es in seinem Kopf zu klicken. Sämtliche Relais begannen zu arbeiten. Sollte er in den Keller zurückkehren? Sollte er Nicole sicherheitshalber beschatten? Man konnte schließlich nicht wissen, was dieser Rush im Schilde führte. Sollte er Zamorra davon berichten?
Es war wohl ratsam, Nicole nicht einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Unten im Keller war der Posten ohnehin mit einem Polizeibeamten besetzt.
Bill überlegte nicht lange.
Nicoles Sicherheit war wichtiger. Er versteckte sich hinter einer großen runden Marmorsäule und wartete, bis Zamorras Sekretärin mit dem Magier das Hotel Arabella verlassen hatte. Dann folgte er den beiden.
Rush ging ziemlich steif. Nicole stützte ihn offensichtlich.
Ohne daß die beiden ihn bemerkten, folgte er ihnen. Als er sicher sein konnte, daß sie zur Promenade am Michiganseeufer unterwegs waren, blieb er ein wenig weiter hinter ihnen zurück.
Er sah den Wagen nicht, der die Straße langsam entlangrollte. Es war Barbara Blakes Wagen. Und am Steuer saß nicht Barbara Blake - sondern die Mumie!
***
Blumenbeete zierten die Uferpromenade. Bänke waren so gruppiert, daß man auf den See hinausschauen konnte. Motorboote kreuzten in Ufernähe. Einige Bänken waren besetzt. Viele waren leer. Wie schwarzes Glas lag der See vor Nicole und Rush. Sie sahen aus wie ein Pärchen, das auf der Suche nach einem stillen Platz war, wo sie sich ungestört miteinander befassen konnten.
»Möchten Sie sich setzen, Mr. Rush?« fragte Zamorras Sekretärin, als Rush zum drittenmal kurz hintereinander gestolpert war.
»Nein, nicht setzen. Ich will nicht sitzen«, sagte Rush kopfschüttelnd. »Gehen wir. Ich fühle mich schon wieder besser. Wird schon werden. Verzeihen Sie, daß ich Ihnen diese Ungelegenheit mache.«
»Es macht mir nichts aus, Mr. Rush«, sagte Nicole.
Langsam schlenderten sie über die Promenade. Jugendliche hatten einige Laternen mit Steinen kaputtgeworfen, damit es finster genug war.
»Sie sind ein mutiges Mädchen, Miß Duval«, sagte der Magier lächelnd.
»Wieso?«
»Nicht jede Frau wäre mit mir hierher gegangen.«
»Da Sie mir versichert haben, keine unlauteren Absichten zu hegen, dachte ich, kein Risiko einzugehen.«
»Andere Mädchen denken anders, Miß Duval.«
»Wie denn?«
»Anders eben.«
Sie gingen einige Meter, ohne etwas
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