0008 - Der Werwolf
gewissen Grad kann ich Logada sogar verstehen. Darüber hinaus aber muß ich diesen Mann voll tiefster Abneigung ablehnen.«
Zamorra schaute den Inspektor ärgerlich an.
»Ich bin nicht hergekommen, um mich mit Ihnen über Phil Logada zu unterhalten!«
»Das weiß ich…«
»Meine Sekretärin ist brutal niedergeschlagen worden, Inspektor!«
»Das haben Sie bereits erzählt, Professor Zamorra.«
»Was gedenken Sie zu unternehmen?«
»Erst einmal gedenke ich, Ihnen einen guten Rat zu geben«, sagte Horace McNee giftig. »Tun Sie das, was man von Ihnen verlangt. Verlassen Sie London so schnell Sie können. Es wäre bedauerlich, wenn man die Drohung, die hier auf diesem Zettel steht, wahr machen würde.«
»Darf ich mal fragen, wer Sie zum Inspektor gemacht hat, McNee?« bellte Zamorra bissig.
Horace McNee knallte die Faust wütend auf den Tisch.
»Ich verbitte mir diesen Ton, Professor Zamorra! Ich tue, was ich kann, bin Tag und Nacht im Einsatz und weiß, wie man solchen Drohungen die Spitze nehmen kann!«
»Ich habe nicht die Absicht, davonzulaufen, Inspektor McNee! Ich bin nach London gekommen, weil ich glaube, das Zeug zu haben, diesen gefährlichen Werwolf zur Strecke zu bringen.«
»Ich verstehe nicht, wieso Sie von einem Werwolf sprechen!«
»Lassen Sie das, Inspektor. Logada hat mir die Verletzungen geschildert, die die Leichen von Melvin Prewitt und Fred Candrix aufwiesen. Diese Männer wurden von einem Werwolf zerfleischt. Und Sie wissen das! Es hat keinen Sinn, die Wahrheit zu ignorieren, denn dadurch löscht man sie nicht aus der Welt. Es ist besser, der schrecklichen Wahrheit ins Auge zu sehen. Und nun will ich Ihnen mal etwas von Mensch zu Mensch sagen: Meines Erachtens ist es völlig egal, wer den Werwolf letztlich zur Strecke bringt. Wichtig ist nur eins – daß es geschieht! Und zwar bald! Es darf keine weiteren Opfer mehr geben!«
Zamorra ließ eine halbe Minute verstreichen, damit seine Worte auf den Inspektor einwirken konnten. Dann sagte er: »Ich hoffe, ich habe Ihnen meinen Standpunkt klar genug dargelegt.«
Horace McNees Gesicht war bleich geworden.
Einige Augenblicke lang sah es so aus, als würde der Inspektor aufspringen und den Professor samt Sekretärin aus seinem Büro werfen.
Doch es passierte nicht.
McNee dachte sehr gründlich über Zamorras Worte nach.
Als er sich zu einem Entschluß durchgerungen hatte, erhob er sich.
Er griff nach dem Zettel und steckte ihn in die Tasche.
Zamorra war neugierig, wie sich der Inspektor entschieden hatte.
»Sind Sie in der Lage, den Mann zu beschreiben, der Sie niedergeschlagen hat, Miss Duval?« fragte McNee.
Zamorra fiel ein Stein vom Herzen. Er faßte McNees Worte als eine Zusage zur künftigen Zusammenarbeit auf, und so waren sie auch gemeint.
Nicole nickte und sagte: »Ja, Inspektor.«
»Dann kommen Sie bitte mal mit mir«, sagte McNee. »Und Sie auch, Professor Zamorra.«
Sie verließen Horace McNees Büro, fuhren zwei Etagen nach unten und landeten schließlich in der Abteilung des Erkennungsdienstes.
Hier wurde nach Nicole Duvals präzisen Angaben ein Phantombild des Täters angefertigt.
Zwanzig Minuten später wußte man den Namen des häßlichen Kerls, der Zamorras Sekretärin im Hotel überfallen und niedergeschlagen hatte.
Der Mann hieß Jack Procter.
***
Ausgehfertig betrat Denise Averall das Wohnzimmer. Mit leuchtenden Augen wandte sich Rex Averall seiner Frau zu.
»Sieh mal, Denise. Die Spieluhr. Sie geht wieder. Ich habe sie nicht angerührt. Sie hat auf einmal zu spielen angefangen. Hör nur die Melodie. Ist sie nicht wundervoll? Geht von ihr nicht ein eigenartiger Zauber aus?«
»Es ist wirklich eine sehr, sehr hübsche Melodie, Rex«, sagte Denise lächelnd. Es amüsierte sie, zu sehen, über welche Kleinigkeiten sich ihr Mann so sehr freuen konnte.
Er hatte kaum Augen für sie, schaute immerzu auf das Mädchen, das sich tanzend auf der Uhr drehte.
»Ich wollte mich verabschieden, Rex«, sagte sie lächelnd.
»Ach ja. Du gehst zu Paula.« Er erhob sich und küßte seine Frau auf den Mund. »Bleib nicht zu lange.«
»Zwei Stunden. Nicht länger.«
»Und mogle nicht, sonst lädt dich Paula nicht mehr ein«, sagte Rex Averall schmunzelnd.
Denise verließ das Haus.
Rex Averall setzte sich wieder an den Tisch.
Er stützte den Kopf in die Handflächen und bewunderte die Spieluhr mit fasziniertem Blick.
Plötzlich wurde er nachdenklich.
Aus unerfindlichen Gründen wurde er nervös. Er betrachtete
Weitere Kostenlose Bücher