0008 - Der Werwolf
mit nichts dienlich sein, Professor. Leider.« Plötzlich blitzte es jedoch in seinen Augen. »Moment! Da fällt mir etwas ein. In unserem Blatt lief vor etwa einem halben Jahr eine Artikelserie über Spiritistenzirkel, die hier in London etabliert sind. Man müßte die Ausgaben ausgraben. Das wäre kein Problem. Wir könnten es gleich tun, wenn Sie wollen. Fahren wir in die Redaktion?«
»Gut. Aber zuvor möchte ich noch in meinem Hotel anrufen.«
Logada grinste breit.
»Lassen Sie Ihre bezaubernde Sekretärin recht herzlich grüßen.«
»Das lasse ich lieber sein«, erwiderte Zamorra amüsiert. »Schließlich kann ich einer Abwerbung nicht auch noch Vorschub leisten, das wäre doch töricht von mir.«
***
Das Erwachen war schlimm und äußerst schmerzhaft. Seufzend rollte sich Nicole auf den Rücken. Ihr hübsches Gesicht war vom Schmerz verzerrt. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Alles um sie herum wirkte unwirklich, war nur durch einen trüben grauen Schleier zu sehen.
Was war geschehen?
Nicole versuchte sich zu erinnern. Ein Stöhnen entrang sich ihrem Mund. Sie faßte sich an die pochenden Schläfen, während sie den Geschmack von Brackwasser im Mund hatte.
Es dauerte volle fünf Minuten, bis sie begriff, daß sie sich noch in ihrem Hotelzimmer befand.
Weitere fünf Minuten verstrichen, ehe sie es ächzend schaffte, sich aufzuraffen. Der cremefarbene Bademantel klaffte über den Beinen und über dem Busen weit auf.
Sie zog ihn fröstelnd zu und schaute sich benommen um.
Jemand hatte sie niedergeschlagen. Jetzt kam die Erinnerung tropfenweise zurück.
Ein Mann hatte es getan. Ein häßlicher Mann. Schaudernd sah sie sein Gesicht vor ihrem geistigen Auge. Eine verzerrte, unmenschliche Fratze war das gewesen. Ein haarloser Totenschädel. Ekelhaft.
Nicole Duval schüttelte sich und stand auf. Sie preßte die Augen fest zusammen. Ein glühender Schmerz saß in ihrem Kopf und bohrte sich durch sämtliche Gehirnwindungen. Sie war noch etwas schwindelig und setzte sich in den Sessel, in den sie sich fallen lassen hatte, als sie schwer beladen nach Hause gekommen war.
Im Badezimmer rauschte immer noch die Dusche. Das Geräusch war ihr unerträglich. Sie kämpfte sich hoch, wankte ins Badezimmer und drehte die Dusche ab.
Die Stille tat ihr gut.
Sie suchte nach einem Sinn für das, was passiert war. Warum war dieser schauderhafte Kerl in ihr Zimmer gekommen? Warum hatte er sie so brutal niedergeschlagen?
Als sie wieder im Sessel saß, faßte sie zufällig und ohne Absicht in die Tasche des Bademantels.
Ihre Finger spürten einen Zettel, zogen ihn schnell heraus und entfalteten ihn.
Mit verstellter Schrift hatte da jemand geschrieben:
»Reisen Sie schnellstens mit dem Professor ab! Sie haben gesehen, wie leicht es ist, Ihnen etwas anzutun! Sie und der Professor befinden sich in großer Gefahr! Beim nächstenmal werde ich Sie und auch Zamorra töten!«
Erschrocken las Nicole Duval die Zeilen noch einmal.
Da ließ sie das Schrillen des Telefons mit einem gepreßten Aufschrei zusammenfahren.
Sie griff hin und nahm ab.
»Ja?«
Sie hörte Zamorras Stimme am anderen Ende der Leitung.
»Na, Nicole. Wie war der Einkaufsbummel? Erfolgreich?«
»Professor!« rief Nicole erleichtert aus.
Zamorra hatte sofort das Gefühl, daß irgend etwas nicht stimmte.
»Was ist mit Ihnen, Nicole?« fragte er hastig. »Es ist doch hoffentlich alles in Ordnung?«
»Ich bin überfallen und niedergeschlagen worden, Chef.«
»Auf der Straße?« fragte Zamorra erschrocken.
»Nicht auf der Straße. In meinem Zimmer!«
Zamorra spürte, wie sich eine eiskalte Hand um sein Herz krallte.
Nicole war in ihrem Zimmer niedergeschlagen worden.
Er verlangte, sie solle ihm erzählen, was geschehen war. Ganz genau wollte er es wissen.
Nicole berichtete ihm stockend, was sich nach ihrer Heimkehr abgespielt hatte. Sie beschrieb auch den Häßlichen, so gut sie es konnte.
Dann las sie ihm den Zettel vor, den sie in ihrer Tasche gefunden hatte.
»Verflucht, da will uns jemand angst machen, damit wir London fluchtartig verlassen!« fauchte der Professor wütend.
Es hätte ihm weit weniger ausgemacht, wenn man sich an ihm vergriffen hätte, denn er war hart genug, um solche Angriffe verkraften zu können. In Nicoles Fall war das jedoch etwas anderes. Sie war eine Frau.
»Bleiben Sie in Ihrem Zimmer, Nicole«, sagte Zamorra. »Ich komme sofort. Machen Sie niemandem auf, verstanden?«
Er legte schnell auf und kehrte zu Phil
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