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0009 - Der Hexenmeister

0009 - Der Hexenmeister

Titel: 0009 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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mitteilte, schüttelte Valadin heftig den Kopf.
    »Die rote Hexe würde so etwas nie tun«, schnaufte Valadin. »Sie weiß um die Gefahren, die in der Basilika lauern. Sie war als Kind dort oben. Zusammen mit einem Nachbarjungen. Fernand ist nie zurückgekehrt. Manasse hat ihn behext und in die Schar seiner scheuß- lichen Getreuen eingereiht. Nein, Monsieur. Niemand, der Manasse glücklich entkommen ist, geht freiwillig ein zweites Mal dort hinauf. Ich denke vielmehr, Odile Blanche wollte Ihre Sekretärin aus dem Dorf hinausbringen. Dies ist der kürzeste Weg zur Rue Nationale. Daher wählte sie diesen gefährlichen Weg über den Col de la Chutte, dicht an der Basilika vorbei. Ich bewundere den Mut der Mädchen.«
    »Es wird wohl eher Verzweiflung gewesen sein«, vermutete Zamorra. »Ich hätte meine Sekretärin nie nach Pelote lassen dürfen. Ich kannte wohl die Geschichte der Albigenser und der Loge der Verzehrenden Wahrheit. Aber nirgends war die Rede davon, daß Manasse, der Seher, noch heute sein Unwesen treibt. Wahrscheinlich hat sich niemand der Mühe unterzogen, zu untersuchen, wie es heute in Pelote aussieht, ein paar hundert Jahre nach den Ereignissen.«
    »Bücher werden am Schreibtisch geschrieben, Monsieur«, sagte Valadin keuchend, außer Atem durch die Anstrengungen des schnellen Aufstiegs. »Wir aber müssen mit der Wirklichkeit leben. Seit Menschengedenken haben wir uns nie mit unserer Geschichte an die Öffentlichkeit gewagt. Einmal, weil wir die Rache Manasses fürchteten, und zum anderen, weil wir nicht wollten, daß man in Manasse so etwas wie das Ungeheuer von Loch Ness erblickte. Die Welt hält sich für aufgeklärt. Sie braucht diese Art von Vorgängen, um sich für ein paar Augenblicke einen angenehmen Schauer zu vermitteln. Aber wer hätte schon geglaubt, wie bitterernst alles gemeint ist? Wer hätte wirklich vorausgesetzt, daß Manasse dort oben haust?«
    »Experten wie ich wären sicher gekommen, um diese Phänomene zu untersuchen«, erwiderte der Professor. »Sie entschuldigen, wenn ich mich selbst als Fachmann bezeichne. Aber es wäre falsche Bescheidenheit, es anders zu betiteln. Ich beschäftige mich mein Leben lang mit den Rätseln des Übersinnlichen, des Spuks und aller parapsychologischen Erscheinungen.«
    Es war längst dunkel geworden.
    Noch immer legte sich der Hund mächtig ins Zeug. Der Suchtrupp marschierte weit auseinandergezogen. Nicht jeder war diesem Tempo gewachsen.
    Niemand hatte Fackeln dabei. Die Stimmung schien umzuschlagen. Finsternis und das Raunen des Windes, der furchteinflößende Anblick der Ruine taten ein übriges. Die Moral der Männer sank, obwohl Professor Zamorra den Leuten Mut machte.
    Der erste blieb zurück und entschuldigte sich mit einem umgeschlagenen Fuß. Ein zweiter machte sich mit ihm auf den Rückweg, vorgeblich, um ihn zu stützen. Die beiden kehrten um, machten sich an den Abstieg. Der Anblick der Lichter in den Häusern von Pelote sagte ihnen mehr zu als die geborstenen Säulen des Oktogons, die wie drohende Mahnfinger in den Himmel ragten. Auch die anderen erklärten, sie seien jetzt zu wenige gegen die Übermacht. Man werde es an einem anderen Tag mit mehr Leuten nochmals versuchen.
    Unbekümmert darum, daß sich die Schar seiner Helfer zerstreute, setzte Professor Zamorra seinen Weg fort. Nur Valadin begleitete ihn schließlich noch. Und selbst der Bürgermeister war sich nicht sicher, ob es am Ende nicht heilsamer war, als Feigling zu gelten.
    Was, wenn er in die Fänge des erbarmungslosen Manasses geriet?
    Mehrere Einwohner hatten ihren Leichtsinn mit dem Leben bezahlt, insbesondere jene, die es vorgezogen hatten, wohl an den Schatz der Albigenser, nicht aber an die Macht Manasses zu glauben. Sie waren für diese Welt gestorben und doch nicht tot. Ruhelos irrten ihre Gebeine umher, dem Bösen verpflichtet, Feinde allen Lebens.
    Der Hund stutzte. Er irrte plötzlich im Kreis umher. Es schien nicht weiterzugehen.
    Zamorra wechselte einen stummen Blick mit Valadin. Die schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bestätigen. Die Mädchen waren nicht sehr weit gekommen. Offenbar waren sie abgefangen worden, als sie sich auf gleicher Höhe mit der schaurigen Kirchenruine befunden hatten.
    Zamorra entzündete ein Streichholz. Er kniete am Boden, um die Spuren zu untersuchen. Aber ein plötzlicher heißer Windstoß blies augenblicklich die winzige Flamme aus.
    Aus den Ruinen der teuflischen Basilika erklang daraufhin ein satanisches

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