0009 - Der Hexenmeister
ganz richtig im Kopf. Gibt ein Vermögen aus, um dieses Nest so schnell wie möglich zu erreichen, weil er seine Freunde in Gefahr glaubt. Dabei weiß hier entweder niemand etwas von einem Amerikaner und seiner Begleiterin – oder will es zumindest nicht zugeben. Die Leute sind stumm wie die Fische. Und dabei hat mir Zamorra wahre Wunderdinge von Pelote und seinen Albigensern berichtet. Ich kann nur sagen, dies ist ein stinknormales, stinklangweiliges Nest mit reichlich blöden Bewohnern. Die Mädels sind verschlossen wie die Muscheln. Richtige Landpomeranzen. Als ich eine einlade, mit mir ein Gläschen zu trinken, schaut sie mich an, als hätte ich ihr vorgeschlagen, den Bürgermeister zu ermorden. Wie kann man nur so hinter dem Mond leben. Und das im zwanzigsten Jahrhundert!«
Armand, der sich selbst bedient hatte, setzte sich zu seinem Gast.
Der Ex-Legionär stützte beide Ellbogen auf den Tisch und machte eine Verschwörermiene.
»Ich wüßte schon, Kamerad, wie wir beide hier auf unsere Kosten kommen… wenn du weißt, was ich meine«, raunte der Wirt geheimnisvoll.
Sie hatten sich über ihre Militärzeit unterhalten und entdeckt, daß sie für kurze Zeit in der gleichen Garnison stationiert gewesen waren. Ein vortrefflicher Grund für eine Reihe markiger Trinksprüche.
»Spuck’s schon aus, Soldat«, brummte Lassus, der sich nicht vorstellen konnte, daß jemand, der einen fertigen Plan in der Tasche hatte, ausgerechnet auf ihn gewartet haben sollte.
»Du hast den Brunnen dort in meinem Hof gesehen?« fragte Armand.
»Hab mich nicht darum geschert«, erwiderte der Pilot gelangweilt.
»Mehr Gedanken habe ich mir darum gemacht, ob ihr Wanzen in euren Hotelbetten habt. Ich bin verdammt müde.«
»Du wirst gleich nicht mehr an Schlaf denken«, versprach der Wirt und wischte mit seiner gesunden Hand eine Strähne seines schwarzen fettigen Haares aus der Stirn. »Schau dir dies mal an.«
Triumphierend ging Armand an ein Bild, hängte es von der Wand und griff in die Öffnung dahinter. Er brachte eine verstaubte Pergamentrolle zum Vorschein, die durch einen Lederriemen zusammengehalten wurde.
Armand kehrte an den Tisch zurück, entrollte eine Zeichnung und legte seine stählerne Armprothese darauf, um sie zu beschweren.
Das Papier wollte sich ständig zusammenrollen, und man mußte es daran hindern.
»Was ist das? Eine Bauzeichnung?« erkundigte sich Lassus wenig begeistert. »Was soll ich damit?«
»Mann, wir wissen doch noch, was Kameradschaft ist, oder?« fuhr Armand auf. »Wir haben beide gedient. Wir werden uns nicht gegenseitig in die Pfanne hauen. Ich habe auf einen Mann wie dich gewartet. Denn dies ist eine Zeichnung, die angibt, wo ein Teil des sagenhaften Albigenser-Schatzes liegt.«
»Nämlich in deinem Brunnen, wie?« fragte Romain Lassus ungläubig.
»So ist es«, bestätigte der Wirt. »Nur darf ich im Dorf niemandem davon erzählen. Auf die Münzen und das Gold wären alle scharf, und man hätten mich mitleidlos ausgeplündert!«
»Warum bist du nicht hinabgeklettert und hast bei Nacht und Nebel deinen Schatz geborgen?«
Armand tippte sich an die Stirn. Dann hob er anklagend die stählerne Armprothese.
»Kann man damit ordentlich arbeiten?« erkundigte er sich beleidigt. »Wie soll ich mich an dem Strick festhalten, mich hinablassen und wieder heraufklettern? Nein, das schaffe ich niemals allein. Aber zu dir habe ich Vertrauen, Kamerad. Du wirst gerecht teilen – um der alten Zeiten willen!«
»Das ist wahr«, nickte Romain Lassus und schob das Glas zur Seite. »Bist du sicher, daß wir etwas finden?« Sein Blick bekam langsam einen gierigen Glanz.
»Diese Zeichnung ist echt. Das kann ich beschwören«, flüsterte Armand. »Weißt du, diese Albigenser wurden nicht von heute auf morgen überfallen und besiegt. Es hat vorher reichlich Scharmützel gegeben mit den Königlichen Truppen und den Heerscharen des Erzbischofs von Toulon. Die Albigenser wußten, daß sie nicht gewinnen konnten. Sie zogen sich zum Teil hier in die Montagne Noire zurück. Sie versteckten ihren Schatz. Und sie hatten recht damit. Bald darauf wurden sie aufgespürt und vernichtet.«
»Wieviel käme denn da so auf jeden von uns?« erkundigte sich Lassus interessiert. »Die Sache scheint mir einen Versuch wert.«
»Ärmer können wir dadurch nicht werden. Allein die alten Münzen haben einen gewaltigen Sammlerwert. Da bekommst du in Paris mit Leichtigkeit pro Stück hundert Franc. Und das Gold…«
»Wieviel
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