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0009 - Der Hexenmeister

0009 - Der Hexenmeister

Titel: 0009 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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Hohngelächter, schallte weit über die trostlose Flanke des Berges und machte denen Beine, die bereits auf der Flucht nach Pelote waren. Valadin sank jeglicher Mut. Seine Beine wurden weich.
    »Lassen Sie uns umkehren, Monsieur«, bat der Bürgermeister mit zitternder Stimme. Sein Nackenhaar sträubte sich. Schweiß brach ihm aus, bedeckte kalt und unangenehm seine glühendheiße Stirn.
    Valadin schaute sich um, als erwarte er jeden Augenblick einen Angriff aus den Gruppen von Wacholderbüschen, die aus Heideflächen ragten. Als rechne er damit, daß blanke Gebeine hervorstürzen würden, um sich in mörderischer Lust auf die Eindringlinge zu werfen. Er hatte genug gehört über den entsetzlichen Totenkult der Mysterienbrüder, um sich davor zu fürchten, mit einbezogen zu werden in den Kreis der Verdammten.
    »Nicht so schnell, mein Freund«, wehrte Zamorra ab. »Ich bin nicht heraufgestiegen, um bei der ersten Gelegenheit das Hasenpanier zu ergreifen. Ich will es genau wissen.«
    Valadin blieb stumm.
    Vor dem Mond segelte eine Fledermaus, Reinkarnation des Dämonischen, Sendbote des Jenseits, personifizierter Blutdurst. Das Tier zirkelte mit fast durchsichtigen Schwingen vor der Lichtquelle.
    Deutlich erkannte Valadin die hornigen Krallen an den Flügelenden. Ständig öffnete sich das mit nadelscharfen Zähnen bestückte Maul und sandte Schreie aus, die für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar waren. Valadin glaubte sogar, jenen Pesthauch zu riechen, der den ekligen Blutsauger auf seiner nächtlichen Reise umgab wie ein Mantel.
    »Auch das kann Manasse sein!« flüsterte Valadin verstört. »Er versteht sich darauf, andere Gestalt anzunehmen.«
    In diesem Augenblick gab der Hund einen Laut von sich. Er verharrte am Rand einer Schlucht, die wie eine Narbe in die Seite des Col de la Chutte eingekerbt war. An einer verkrüppelten Kiefer am Rande des Abgrundes baumelte ein heller Stoffetzen.
    Fassungslos barg Professor Zamorra den Fund. Eine eisige Hand schien sein Herz zu umkrampfen.
    War Nicole Duval etwa…
    Valadin konnte den Professor nicht aus der quälenden Ungewißheit erlösen. Er wußte nicht, was Nicole Duval am Tage ihres Verschwindens getragen hatte. Niemand in Pelote hatte die Fremden zu Gesicht bekommen, die spät angekommen und dann verschwunden waren.
    »Wie kommen wir da hinunter?« fragte Zamorra.
    Valadin zuckte nur mit den Schultern.
    »In dieser Dunkelheit wäre es nicht ratsam«, murmelte der Bürgermeister von Pelote. »Ich kenne diesen Teil des Berges nicht. Sie nehmen doch nicht an, daß ich hier sonntags spazierengehe, oder?«
    Zamorra lief am Rand der Schlucht auf und ab, auf Schritt und Tritt verfolgt von dem winselnden Hund der roten Hexe.
    Schließlich glaubte der Professor, eine Stelle gefunden zu haben, die günstig schien. Es gab dort einige Absätze im Fels, die wie Stufen wirkten.
    Zamorra versuchte, in die Tiefe zu gelangen. Seine Finger krallten sich in den Fels, benutzten jede Spalte als Halt, während der Körper frei über dem Abgrund hing und die Füße nach einer Möglichkeit suchten, das Gewicht aufzufangen und zu stützen.
    Valadin trat unruhig von einem Bein auf das andere. Er hielt dieses Unternehmen jetzt für blanken Wahnsinn. So etwas durfte man bei Tage wagen, gesichert von einem starken Seil, aber nicht mitten in der Nacht, in unmittelbarer Nähe des auf Unheil sinnenden Manasse.
    Der Maitre atmete etwas auf, als Zamorra meldete, er habe eine sichere Plattform erreicht.
    Der Professor stand mit dem Rücken zum Fels eng an die Wand gepreßt. Er konnte den Grund der Schlucht nur sehr undeutlich ausmachen. Er glaubte, eine regungslose Gestalt zu erkennen.
    Zamorra beugte sich eine Winzigkeit vor, um besser beobachten zu können. In diesem Augenblick fühlte er eine Berührung an der Schulter. Eine Knochenhand versetzte ihm einen Stoß.
    Professor Zamorra verlor das Gleichgewicht. Mit rudernden Armen stürzte er vornüber.
    Während des freien Falls gellte ihm das Hohngelächter seines Feindes in den Ohren. Das ziehende Gefühl in der Magengegend, das immer stärker wurde, verriet die Dauer des Sturzes.
    Wider Willen stieß Zamorra einen Schrei aus…
    ***
    Romain Lassus hing auf einem Stuhl neben der Bar und trank Pernod.
    Der Pilot verriet seine üble Laune durch ein mürrisches Gesicht.
    Verdrossen schüttete er den Alkohol in sich hinein.
    Armand bediente seinen Gast mit ungewohnter Eile.
    »Wissen Sie, was ich glaube?« brummte Lassus. »Der Professor ist nicht

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