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0009 - Der Hexenmeister

0009 - Der Hexenmeister

Titel: 0009 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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steckt in deinem verdammten Brunnen, Kamerad?«
    »Mindestens tausend Münzen und ein Haufen Goldbarren«, schnaufte Armand. »Das ist für jeden von uns ein Vermögen.«
    »An die Arbeit, ehe der verrückte Professor zurückkehrt und mich fortschickt!« rief Romain Lassus begeistert, der während seines ganzen Lebens auf eine Gelegenheit gewartet hatte, ohne große Anstrengung reich zu werden.
    Für eine Sekunde schloß er die Augen und widmete sich der Vorfreude. Er sah einen goldgelben Atlantikstrand und schäumende Brandung. Neben ihm lag ein schlankes braunes Mädchen mit beachtlichen Maßen und lächelte ihn verführerisch an.
    »Warte, ich hole das Werkzeug«, sagte Armand und unterbrach dadurch den angenehmen Gedankenfluß des Piloten.
    Der Wirt erschien bald darauf mit einem dicken Hanfseil, einem alten Melkeimer, einem Spaten und einem schweren Hammer. Das Gerät schien schon seit Jahr und Tag bereitzuliegen und nur auf diesen großen Augenblick gewartet zu haben.
    Armand machte zwei Petroleumlampen an. Die beiden Männer gingen vor das Haus.
    Auf der weiten, grasbestandenen Fläche des Hofes ragten die moosbewachsenen Umfassungsmauern eines altertümlichen Brunnens auf. Eine verwitterte Holzscheibe verdeckte den Schacht. Am Querbalken, unter einem kleinen Strohdach, das ebenfalls von Moos bedeckt war, hing eine rostige Kette.
    Lassus prüfte das Holz der Strebe. Es war gesundes Eichenholz, dem er sich wohl anvertrauen konnte.
    Sie schoben nicht ohne Mühe die gewaltige Brunnenabdeckung zur Seite, so daß eine Öffnung entstand, groß genug, um Lassus hindurchschlüpfen zu lassen.
    »Warte, ich hole noch ein paar Fackeln«, meinte Armand.
    Lassus wartete am Brunnen. Er steckte den Kopf über die dunkle Tiefe und spürte die Kühle des Wassers. Er warf einen Stein in den Brunnen und mußte lange warten, bis er das Platschen hörte. Er hatte inzwischen leise bis acht gezählt.
    Armand kehrte zurück.
    Er schleppte eine Eisenkugel mit, die einen Haltegriff hatte.
    »Was willst du damit?« erkundigte sich Romain Lassus verständnislos. »Willst du mir den Schädel einschlagen?«
    Armand lachte, als habe er einen guten Witz gehört.
    »Du kannst dich darauf setzen«, meinte er. »Dann brauchst du dich nicht wie ein Weihnachtspaket zu verschnüren.«
    »Eine ausgesprochene Schnapsidee«, mäkelte Lassus. »Das Ding braucht nur hin und her zu schwingen, und es knallt gegen die Wände. Und was dann passiert, kannst du dir denken.«
    Armand schien zu überlegen.
    »Du hast recht«, entschied der Wirt.
    »Und wo finde ich das Zeug?« erkundigte sich der Pilot, während er sich anseilte.
    Armands schmutziger Zeigefinger tastete die Zeichnung ab.
    »Siehst du hier das Kreuz der Albigenser?« fragte der Gastwirt.
    »Dort ist die Stelle. Du kannst es nicht verfehlen. Es sind aber ein paar Meter…«
    Romain Lassus nickte.
    Er entzündete eine Fackel und stieg auf die Brunneneinfassung. Er verspürte keine Angst. Dies war ein harmloses Abenteuer. Wenn es noch Gewinn brachte, um so besser. Vielleicht entdeckte er das eine oder andere kostbare Stück, das er rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte, ehe er mit diesem Armand teilen mußte.
    Bei diesem Gedanken mußte der Pilot grinsen. Dieser Kerl könnte ja auch mal unglücklich in so einen Brunnen fallen…
    Armand stellte sich an die Kurbel.
    Lassus ließ sich über den Rand gleiten. Armand reichte ihm eine Fackel. Den Hammer hatte er sich in den Hosengürtel gesteckt. Er wartete, bis sein Körper ausgependelt war. Dabei stieß er ein paarmal hart gegen die Brunnenwände. Steine polterten hinunter.
    »Ich bin soweit«, meldete der Pilot.
    Seine Stimme erklang hallend wie aus einem Grab.
    »Nicht so schnell!« brüllte Lassus, als Armand plötzlich Leine gab.
    Er vernahm keine Antwort. Er sauste in die Tiefe, schrammte an den glitschigen Brunnenwänden entlang. Am Ende der Reise krachte er in brackiges Wasser, erwischte mit Mühe einen unsicheren Halt, der ihn vor dem Versinken bewahrte. Er stand mit weit gespreizten Beinen im Brunnen. Seine Fackel hatte er verloren. Sie war im Wasser erloschen.
    »Hol mich wieder ‘rauf, du Volltrottel«, schimpfte Romain Lassus.
    Ein höhnisches Lachen antwortete ihm aus der Finsternis.
    »Keine Sorge, das Wasser ist höchstens hüfttief«, brüllte Armand.
    »Ersaufen kannst du also nicht.«
    Der Wirt ließ die Eisenkugel herunter. Er hatte sie an einem zweiten Seil befestigt und ließ sie immer wieder gegen die Brunnenwände

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