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0009 - Der Hexenmeister

0009 - Der Hexenmeister

Titel: 0009 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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das Unheil auf ein anderes Dach zu lenken, in der Hoffnung, selbst so der Verfolgung zu entgehen. Der Hexenwahn ging um. Ein lockerer Lebenswandel, eine besonders herausfordernde Schönheit, ein auffälliges körperliches Merkmal – das alles reichte aus, um einen Urteilsspruch zu fällen.
    Unter der Folter gestand jeder.
    »Kehre um, Odile Blanche. Bereue und bekenne!« donnerte der bleiche Fanatiker. Seine Hände umkrampften das Kreuz.
    »Ich bin unschuldig!« schrie das hübsche Mädchen in höchster Not.
    »Walte deines Amtes!« befahl der Mönch mit ruhiger Stimme.
    Der Folterknecht griff schweigend hinter sich. Er zog ein Eisen aus dem Feuer. Langsam näherte sich das rotglühende Metall dem Gesicht des Opfers.
    »Willst du gestehen und bereuen?« donnerte die Stimme des Inquisitors über den Platz.
    »Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, daß ich unschuldig bin!« gellte die Stimme des Mädchens. Schweiß lag auf der Stirn der Rothaarigen.
    Doch die Peiniger kannten keine Gnade.
    Ein unmenschlicher Schrei ertönte. Odile Blanche sank zusammen.
    Ein kalter Guß brachte Odile Blanche wieder zu sich.
    Die Prozedur mußte mehrmals wiederholt werden, ehe die junge Schöne in der Lage war, die Fragen des Kuttenträgers zu verstehen und zu beantworten.
    Willig brabbelte die Rothaarige Gebete nach, schwor allem ab, was sie bislang getrieben hatte, verfluchte den Satan und versuchte, durch rückhaltlose, aber erfundene Geständnisse das Mitleid ihres unbarmherzigen Richters zu erwecken.
    Staunend vernahmen die Einwohner des mittelalterlichen Pelote, welches Scheusal sie in ihren Mauern geduldet hatten. Da war die Rede von Blutsaugern, Leichenfressern und schwarzen Messen. Ein Hexensabbat wurde lange und ausführlich geschildert. Die Schilderung einer Orgie jagte die andere.
    Mit unbewegtem Gesicht hörte der Dominikaner zu. Er verriet keine Ungeduld. Einmal zog er ein Schweißtuch und fuhr der Delinquentin über die Stirn, als ihr die Stimme versagte.
    Odile Blanche lächelte dankbar. Sie gab sich noch mehr Mühe. Sie strengte ihre Phantasie an. Sie log und log. Ein menschliches Leben hätte nicht ausgereicht, um all die Schandtaten zu begehen, die Odile Blanche mit tonloser Stimme beichtete.
    In Wahrheit hatte das hübsche Mädchen allerdings verschiedene Liebhaber an der Nase herumgeführt, gegeneinander ausgespielt und vertröstet, um sich in neue Abenteuer zu stürzen. Das war ihr einziges Verbrechen. Es genügte in jener Zeit, um sie als Buhlin des Teufels anzuprangern.
    Mit Schaudern lauschte die stumme Gemeinde.
    Der Dominikaner brachte den Redefluß der Delinquentin durch geschickte Fragen wieder in Fluß, sobald er zu stocken drohte. Der Folterknecht brauchte nicht mehr in Aktion zu treten.
    Odile Blanche versicherte mit halberstickter Stimme, daß sie ihre unglaublichen Sünden bereue und um Gnade bitte.
    Der Pater nickte ernst.
    »Gnade kommt nicht von uns. Dazu sind wir nicht befugt«, entschied er. »Wir werden alles tun, deine unsterbliche Seele gegen deinen und den Willen Luzifers zu retten, der dich solange in seinen Klauen hielt. Das ist alles, was wir tun können. Dein Leib aber soll nicht länger von dieser Erde getragen werden. Du bist eine Gefahr für diese Gläubigen.«
    Der Dominikaner winkte.
    Zwei Männer schleppten die Verurteilte fort. Sie banden Odile Blanche an einen Pfahl und setzten den Reisighaufen in Brand.
    Flammen züngelten hoch, leckten nach den bloßen Füßen der Verurteilten.
    Odile Blanche schrie.
    Ein leichter Wind schürte den Brand. Das Feuer stieg hoch. Die Klagen der Rothaarigen wurden durch den Rauch erstickt.
    Schließlich hing nur noch ein verkohltes Gerippe in den Fesseln.
    Selbst der Pfahl, der die Delinquentin gehalten hatte, war angesengt.
    Rauchfahnen stiegen auf.
    Unaufhörlich hatte die Gemeinde Gebete gemurmelt.
    Dann zerstreuten sich die Gläubigen.
    Stille breitete sich über das Dorf Pelote.
    Aus einer Kate am Rande der Siedlung schlichen sich gramgebeugt die Eltern der Hingerichteten. Die beiden Alten bargen die sterblichen Überreste ihrer unglücklichen Tochter. Sie legten sie auf einen Handkarren und schoben ihn hinaus auf die Felder, verfolgt von den giftigen Blicken der Nachbarn, die sich hinter Türen und Fenstern sammelten.
    Die Frau hatte ihr Umschlagtuch fester gezogen. Sie trug einen langen schwarzen Rock. Ihr Gesicht war versteinert vor Schmerz.
    Die knochige Hand, die von Arbeit und Entbehrung berichtete, ruhte auf der Seitenwand des

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