0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten
auf dem Oberdeck, und gewissermaßen mit dem letzten Kaffeeschluck legte die »Precious« am Steg von Memphis an. Der Spaß war vorbei, und die Arbeit begann.
Ein Taxi brachte uns zum Büro des örtlichen FBI. Wir ließen uns bei Forester B. Thamp melden, und er empfing uns sofort. Mr. Highs Memphis-Kollege war äußerlich ein typischer Südstaatler, groß, knochig, braunhäutig. Er trug einen prachtvollen lang ausgezogenen Schnurrbart unter der großen Nase und zeigte, wenn er lachte, Zähne wie ein Pferd. Bei ihm gab es Whisky zur Begrüßung, und im Gegensatz zu unserem New Yorker Chef trank er durchaus mit.
»Ich hoffe, es gefällt Ihnen bei uns«, sagte er nach dem ersten Schluck. »Bleiben Sie recht lange bei uns!«
Phil lachte. »Ein unverständlicher Wunsch für einen Polizisten. Sollten Sie nicht lieber hoffen, daß wir den Fall rasch klären und wieder verschwinden?«
Mr. Thamp schwenkte liebevoll den Whisky in seinem Glas.
»Ich weiß ja noch nicht einmal mit Sicherheit,- ob es überhaupt ein Fall für das FBI ist?«
Wir beiden New Yorker antworteten mit hochgezogenen Augenbrauen. Forester B. Thamp seufzte.
»Ich werde es Ihnen wohl erklären müssen«, sagte er und stellte sein Glas hin.
»Sie wissen, daß wir hin und wieder Tänze mit den Farbigen haben. Richtiger gesagt, nicht mit den Farbigen, sondern mit den Weißen, die den Negern ans Leder wollen. Es gibt bei uns Leute, die ganz gern die Zustände der Zeit vor dem Bürgerkrieg wieder herstellen möchten, aber natürlich ist das eine alberne Illusion und im Grunde nicht mehr als romantisches Gequatsche, jedoch — und das ist der Haken der Sache — alle sind sie bereit, solche angeblichen Unternehmungen zu unterstützen, und sie fallen leicht auf irgendwen herein, der behauptet, er hätte die Macht und die Möglichkeit, die Südstaaten in ihrer alten Pracht und Herrlichkeit neu erstehen zu lassen. Aus dieser Einstellung meiner Mitbürger heraus wurde vor rund achtzig Jahren die Gründung des Cu-Clux-Clans möglich, Sie wissen, jener Organisationen mit geheimnisvoller Kapuze, Fackel und Strick, die die Lynchjustiz einführten und angeblich Unrecht wiedergutmachen wollten, in Wahrheit aber eine Unzahl nicht nur politischer, sondern auch krimineller Delikte begingen. Wir hatten viel Mühe, das Unwesen zu unterdrücken und die schlimmsten Clan-Führer hochzunehmen. Seit zwanzig Jahren haben wir keine größere Affäre dieser Art mehr gehabt, obwohl die Clans hin und wieder unter ihrem lächerlichen Brimborium zusammentraten, doch sind sie zu der Bedeutung von politisierenden Kegelklubs herabgesunken. Vor drei Monaten nun begann es in der Gegend von Basqueville zu grummeln. Eigentlich passierte zunächst nicht viel. Ein paar Feuerchen wurden abgebrannt, ein paar wilde Schwüre gesprochen, und ein paar Neger mußten fortlaufen. Ich erhielt Bericht hierüber durch den gewählten Sheriff von Basqueville, Franc Legram, der seinerseits alles tat, um dem Quatsch die Spitze zu nehmen.«
Etwas später liefen die Beschwerden einer Reihe von Flußschiffern ein. Sie waren nachts von einem Motorboot am Fluß angehalten worden, dessen Besatzung einen nicht unerheblichen Zoll, angeblich zur Befreiung der Südstaaten vom »schwarzen Joch«, von ihnen forderte, und zwar mit vorgehaltenen Pistolen forderte. Natürlich zahlten sie. Übrigens turnten die Piraten in den Überwürfen und Kapuzen der Cu-Clux-Claner an Bord. — Ich fand, daß mit solchem Vorgehen, gleich aus welchen Gründen,, der Tatbestand des bewaffneten Raubes erfüllt sei, und schickte drei Leute hin, je einen nach Cosher, Basqueville und Freebanc. Nach und nach tröpfelten Berichte ein, aus denen hervorging, daß der oder die Mississippi-Piraten schon ein recht hübsches Geschäft in Gang gebracht hatten. Sie erhoben nicht nur Zoll von den Schiffen, sondern besteuerten auch die Bewohner der Hausboote zwischen Cosher und Freebanc, obwohl diese Leute wahrhaftig nicht viel verdienen. Richtig ernst wurde es erst, als ein Frachtkahn, dessen Kapitän die Zahlung verweigert hatte, mit einer Dynamitladung in die Luft gejagt wurde. Es gab zwei Schwerverletzte dabei.
»Mein Mann aus Basqueville kam plötzlich ins Hauptquartier zurück und eröffnete mir, daß er das Vorgehen der Cu-Clux-Clan-Männer nur für ein Mittel zum guten Zweck halte, und er wollte nicht dagegen arbeiten. Ich warf ihn hinaus, und weil ich es satt hatte, mich mit den patriotischen Gefühlen meiner Landsleute herumzuschlagen,
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