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001 - Der Gott aus dem Eis

001 - Der Gott aus dem Eis

Titel: 001 - Der Gott aus dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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zerklüfteten Berggipfel. Sehr hoch flog er. Höher, als man einen Pfeil schießen konnte. Und er zog einen feurigen Schweif hinter sich her.
    Er bewegte seine Flügel nicht, hatte weder Federn noch Flughäute - ganz starr war er und flog trotzdem. Sein Körper war schlank. Er erinnerte Aruula sofort an die großen Fische, von denen man sich auf den Inseln ernährte, wo sie ihre Kindheit verbracht hatte.
    Das dröhnende Gebrüll des blauen Vogels war so laut, dass es weh tat. Aruula und die meisten anderen pressten ihre Hände gegen die Ohren.
    Die Taratzen begannen zu fiepen und zu kreischen. Einige wälzten sich im Schnee hangabwärts. Andere folgten ihnen taumelnd oder mit großen Sprüngen.
    Ihre Ohren waren weit empfindlicher als die der Menschen.
    Panik brach unter den Bestien aus. Schreiend flohen sie hinunter zur Gletscherspalte. Eine nach der anderen setzte über und raste in wilder Flucht durch das Schneefeld des gegenüberliegenden Hanges.
    Auch die von Aruula verletzte Taratze robbte wimmernd den Hang hinab.
    Aruula kümmerte sich nicht um sie. Fasziniert und erschrocken zugleich hing ihr Blick an dem blauen Vogel. Er sank dem Eisgebirge entgegen. Plötzlich blähte sich eine weiße Kugel hinter ihm auf. Dann verschwand er hinter einem Gletscherkamm.
    Aruula blickte sich um. Alle Taratzen waren geflohen. Nur vier Kadaver blieben zurück. Auch einige Mitglieder der Horde sah sie im blutgetränkten Schnee liegen.
    »Wudan!« brüllte Baloor plötzlich. »Wudan hat mich erhört! Das war sein Abgesandter!« Er sprang von der vereisten Felsnadel in den Schnee. »Wudan hat uns gerettet!«
    Bewegung kam in die Horde. Die Männer und Frauen fingen an, durcheinander zu reden. »Gelobt sei Wudan! Ehre sei Wudan!« Sie folgten Baloors Beispiel, ließen sich auf die Knie sinken, warfen sich mit ausgebreiteten Armen in den Schnee und priesen den Obersten ihrer Götter.
    ***
    Fast eine Stunde waren sie anschließend damit beschäftigt, ihre Toten im Schnee zu begraben. Fünf Männer, drei Frauen und einen halbwüchsigen Knaben hatten sie verloren. Sie taten es schweigend und unter dem Gemurmel ihres Göttersprechers. Baloor betete und beschwor die Geister der Getöteten.
    Aruula sah, dass fast alle immer wieder verstohlen zum Himmel blickten.
    Jeder Mann der Horde, jede Frau, jedes Kind schien nur noch an eines zu denken: an den Göttervogel mit der donnernden Stimme und dem Feuerschweif. Auch Aruula sah ihn ständig vor ihrem inneren Auge.
    Als sie sich daran machten, die toten Taratzen zu enthäuten und zu schlachten, gab es nur noch ein Gesprächsthema: der blaue Feuervogel. Baloors Autorität überzeugte jedes einzelne Hordenmitglied. Am Abend zweifelte nicht einmal der mürrische Häuptling mehr daran, dass der Feuervogel ein Unsterblicher aus Wudans Götterheer gewesen war.
    Aruula und einige andere Frauen gruben das Taratzenfleisch in den Schnee ein, damit es gefror. Die Abfälle schichteten sie zu einigen Haufen auf.
    Ein paar Krieger kletterten in die Steilwand und brachen die Schneewände vor den Höhlen mit den Rei ttieren ein. Nacheinander holten sie die acht Frekkeuscher der Horde an die Eingänge.
    Aruula sah hinauf in die Wand. Die kurzen pelzigen Fühler der Tiere wurden sichtbar. Sie streckten ihre schlanken, fast eiförmigen Köpfe aus den Höhleneingängen. Bis auf die Gebißzangen und die großen dunklen Facettenaugen waren die Köpfe von einem dichten dunkelgrünen Pelz bedeckt.
    Aufgeregt äugten sie in alle Richtungen, entdeckten schließlich die Fleischabfälle unten auf dem Hang vor den Höhlen und sprangen aus der, Steilwand. Dabei entfalteten sich rasselnd ihre Flügel. Sie schwirrten herab und landeten um Aruula und die Frauen herum auf ihren sechs langen Beinen.
    Die weiblichen Frekkeuscher waren größer als die männlichen. Dafür wuchsen den Männchen lange rötliche Stacheln auf den Gebissscheren.
    Die Frekkeuscher falteten ihre fächerartigen Hinterflügel unter den kurzen dunkelgrünen Vorderflügeln zusammen. Sie setzten sich auf die Sprungbeine und stützten sich mit den Mittelbeinen ab. Mit den feingliedrigen Klauen der Vorderbeine steckten sie sich die Fleischabfälle zwischen die Kauscheren.
    Nach Einbruch der Dunkelheit kauerten sich alle Mitglieder der Horde in der Schlafhö4le zusammen.
    »Wudan hat uns seit Monden begleitet«, verkündete der Göttersprecher. »Habe ich es euch nicht immer gesagt? Wudan hat unsere Flucht vor den Taratzen behütet! Seit wir aus dem Land

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