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001 - Wenn sie aus den Gräbern steigen...

001 - Wenn sie aus den Gräbern steigen...

Titel: 001 - Wenn sie aus den Gräbern steigen... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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Waffen. Schwerter, Armbrüste, Dolche, Pfeil und Bogen. Ritterrüstungen standen auf kleinen Podesten. Die Ahnherren des Schlosses prangten in Öl in prunkvollen Rahmen.
    Martin Weaver erreichte die Treppe, die in die Halle hinunterführte. Das Feuer im Kamin flackerte noch. Am Ende der Treppe lag niemand. Aber das war für Weaver kein Grund, umzukehren.
    Es hatte jemand geschrien, und Weaver wollte wissen, wer es gewesen war und warum er den Schrei ausgestoßen hatte. In allem, was Weaver anpackte, war er äußerst gewissenhaft.
    Er schritt die Stufen hinunter. Seine Finger glitten über den hölzernen Handlauf. Das Holz im Kamin knallte plötzlich so laut, daß Weaver erschrocken zusammenzuckte.
    Er blieb einen Augenblick stehen und schüttelte den Kopf. Unterschwellig schien ihn Maud also doch mit ihrer Furcht infiziert zu haben. Er ging weiter. Da er nicht wußte, ob es Mr. Rufus recht war, wenn er schon in der ersten Nacht durch das Schloß geisterte, blieb er in der Halle erneut stehen und rief zaghaft: »Mr. Rufus! Mr. Rufus, sind Sie hier unten?«
    Keine Antwort.
    War es doch Rufus’ Schrei gewesen, der ihn aus dem Schlaf gerissen hatte? Er vernahm ein dumpfes Poltern. Es lenkte sofort seine Aufmerksamkeit auf sich. Gespannt schlich er am Kamin vorbei. An Ende der Halle fiel ihm eine schmale Tür auf. Er erinnerte sich an den kurzen Schloßrundgang mit Rufus. Diese Tür hatte Mr. Rufus ausgelassen. Er hatte nur erwähnt, daß man hier »in die Unterwelt« gelange. Ins Verlies also.
    Und dahinter hatte es gepoltert.
    Entschlossen und zielstrebig näherte sich Martin Weaver der Tür.
    Er öffnete sie.
    Kälte schlug ihm entgegen. Durch ein glasloses Fenster blies der Wind. Silbriges Mondlicht fiel auf die gewundene Treppe.
    »Mr. Rufus!« rief Weaver. Der Ruf hallte gespenstisch von den Wänden wider.
    Nichts.
    Der neue Verwalter des Schlosses erachtete es als seine Pflicht, bereits in der ersten Nacht, die er hier verbrachte, nach dem rechten zu sehen. Er stieg die alten, abgewetzten Steinstufen hinunter und gelangte in ein leeres Gewölbe, in dem seine Schritte ein gespenstisches Echo hervorriefen.
    Er durchquerte es, gelangte wieder an eine Tür, machte auch diese auf, trat ein und sah… Särge!
    ***
    Maud Weaver zitterte wie Espenlaub. Warum war Martin nur so unvernünftig gewesen? Warum hatte er sie allein gelassen? Bedeutete sie ihm denn so wenig? Womit sollte sie sich verteidigen, wenn jetzt Rufus zur Tür hereinkam? Sie schaute sich ängstlich um. Es gab nichts, womit sie sich hätte bewaffnen können.
    Maud hielt es plötzlich nicht mehr aus im Bett. Sie warf die Daunendecke zur Seite und stand auf. Sie wollte noch in dieser Stunde das Schloß verlassen. Ihre Nerven hielten diesen Streß nicht mehr länger aus. Martin würde das einsehen müssen. Wenn nicht, würde sie ohne ihn nach London zurückkehren. Eines stand jedenfalls fest: Dies war die erste und die letzte Nacht, die sie auf einem Schloß verbracht hatte.
    Nie wieder! dachte sie, während sie sich hastig ankleidete. Nie wieder!
    Nachdem sie angezogen war, wußte sie nicht weiter. Fortlaufen, ohne mit Martin gesprochen zu haben, das ging nicht. Sie mußte ihm wenigstens die Chance geben, mitzukommen.
    Nervös lief sie im Zimmer auf und ab. Würde Martin bald zurückkehren? Oder würde er dazu in wenigen Augenblicken nicht mehr in der Lage sein?
    Maud fuhr sich besorgt mit den Fingern durchs Haar. Sie erreichte das Fenster und erschrak. Waren das dort unten nur Nebelschwaden, oder schlichen wirklich Gestalten durch die Dunkelheit?
    Sie drehte sich hastig um. Nicht hinsehen! dachte sie. Sonst werden sie auf dich aufmerksam. Dann kommen sie, um dich zu holen.
    Aufgewühlt nagte sie an ihrer Unterlippe. Sie ertrug die nervliche Anspannung nicht mehr länger und entschloß sich, Martin zu suchen.
    ***
    Särge. Schwarze Särge. Fünfzehn oder zwanzig. Sie standen auf dem Boden, einer neben dem andern. Geschlossen. Ein dicker Kloß entstand in Martin Weavers Kehle. Was hatte Mr. Rufus mit diesen Särgen vor? Aus welchem Grund hatte er hier unten im Verlies ein Sarglager angelegt?
    Weaver näherte sich den Särgen mit einem unguten Gefühl.
    Welches Geheimnis bargen sie?
    Er blieb vor dem ersten Sarg stehen. Es kostete ihn einige Überwindung, nach dem Deckel zu greifen, aber hochheben konnte er ihn nicht sofort. Der Schrei fiel ihm wieder ein. Es konnte ein Todesschrei gewesen sein. Wenn ihn nicht Mr. Rufus ausgestoßen hatte, dann mußte sich noch

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