001 - Wenn sie aus den Gräbern steigen...
Konzentrationen aufbauten. Er brauchte dazu viele Multiplikatoren, die er vorwiegend in der Vergangenheit fand. Wenn es irgendwann einmal irgendwo eine höllische Konzentration gegeben hatte, so war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, daß die Unterwelt auf diesen Ort irgendwann einmal wieder zurückgriff.
Betrachtete und beobachtete man in diesem Hinblick verschiedene Konstellationen, baute man die gewonnenen Fakten in die komplizierten Berechnungen ein, dann resultierten daraus hin und wieder verblüffende Ergebnisse.
Auf diese Weise hatte Bernard Hale errechnet, daß auf dem Schloß bei Sevenoaks demnächst eine magische Flut losbrechen würde.
Und er erachtete es als seine Aufgabe, dies zu verhindern. Mit Sack und Pack brach er auf. Er besaß mehrere Dämonenbanner, eine Gnostische Gemme und ein Pendel, das ihm schwarzmagische Ströme anzeigte.
Einer seiner Schüler begleitete ihn in dieser Nacht: Chao Kai, ein junger Chinese, der seit acht Jahren in London lebte und den Professor abgöttisch verehrte.
Chao Kai war mittelgroß, natürlich schwarzhaarig, muskulös und betrieb in seiner Freizeit, wenn er sie nicht beim Professor verbrachte, sehr viel Sport, vor allem Karate.
Sie hatten ihren Wagen abseits der Straße im Wald stehen gelassen. Niemand sollte ihr Kommen bemerken. Jeder von ihnen trug einen Rucksack. Professor Hale brachte auch einige Bücher mit, in denen alte Bannsprüche standen, die man sich unmöglich alle merken konnte.
»Wir werden dem Bösen einen Riegel vorschieben, Chao Kai«, sagte Bernard Hale zuversichtlich.
»Davon bin ich überzeugt, Professor«, erwiderte sein Schüler.
»Die Flut darf nicht losbrechen.«
»Auf keinen Fall.«
»Sie würde vom Schloßfriedhof ausgehen. Magische Gewalten würden die Toten, die nicht verwest sind, weil sie für eine Wiedererweckung bestimmt sind – wie es in den alten Dokumenten steht – aus den Gräbern holen und sie sich dienstbar machen«, sagte Professor Hale. »Wenn meine Berechnungen aber stimmen, bleibt uns heute nacht noch Zeit, dies zu verhindern.«
Chao Kai nickte. »Es wird uns bestimmt gelingen. Es ist mir eine große Ehre, daß Sie mich zum Schloß mitnehmen.«
»Sie sind mein bester Schüler, Chao Kai. Ich möchte, daß Sie an meiner Arbeit Anteil haben. In ein paar Jahren werden wir Kollegen sein. Wenn Sie auch dann noch mit mir zusammenarbeiten würden, könnten wir bestimmt Großartiges leisten.«
»Ich werde Ihnen zur Verfügung stehen, solange Sie mich brauchen, Professor«, versprach Chao Kai.
Sie schritten nebeneinander durch den Wald. Der PSI-Professor entdeckte zwischen den Bäumen die hoch aufragende Schloßmauer.
Er war zum erstenmal hier, kannte das Schloß nur aus Büchern; eines davon hatte er sogar mitgebracht.
Die Mauer wurde vom Wehrturm überragt. Finster und bedrohlich ragte er zum Nachthimmel empor. Bernard Hale nahm seinen Rucksack ab. »Würden Sie mir mal mit der Stablampe leuchten«, sagte er zu seinem chinesischen Schüler.
»Selbstverständlich.«
Das Licht flammte auf. Hale öffnete den Rucksack und entnahm ihm das Buch, das sich sehr ausführlich mit dem alten Schloß befaßte. Es gab darin viele Fotos, Zeichnungen, Skizzen und Grundrisse.
Hale blätterte es hastig bis zur Mitte durch. »Da ist es«, sagte er.
Sein Finger wies auf eine Skizze der Schloßmauer. »Es muß hier irgendwo eine Tür geben. Wir müssen uns mehr rechts halten. Durch diese Tür gelangen wir fast direkt in den Friedhof.«
Chao Kai löschte das Licht. Hale schob das Buch wieder in den Rucksack und schulterte diesen. Sie gingen weiter und entdeckten tatsächlich nach kurzem die kleine Tür in der Schloßmauer.
Sie stand halb offen.
Bevor Professor Hale sie durchschritt, wandte er sich um. »Hören Sie, Chao Kai, wenn Sie nicht wollen, brauchen Sie nicht weiter mitzukommen. Ich würde Ihnen das nicht übelnehmen.«
»Nichts kann mich davon abhalten, Sie zu begleiten, Professor.«
»Ich weiß nicht, was uns auf dem Friedhof erwartet. Die Sache ist nicht ungefährlich, Chao Kai.«
»Ich glaube, ich bin imstande, mich sehr gut meiner Haut zu wehren, Professor. Wenn Sie denken, ich könnte mich für Sie zu einem Klotz am Bein entpuppen…«
»Ich wollte Sie nur gewarnt haben«, fiel Bernard Hale dem Chinesen ins Wort. »Damit Sie wissen, woran Sie sind.«
»Ich weiß, was ich vor mir selbst verantworten kann, Professor.«
»Dann ist es gut.«
Sie durchschritten die Tür, und Hale kam es
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