0011 - Ich zerpflückte die Blütenbande
bückte sich und zog sie einige Male durch den Staub. Dann rollte er sie, zerknitterte sie noch einmal und schon hatten sie ein gebrauchtes Aussehen angenommen. Wir verließen das von den Gangstern bewachte Grundstück und brauchen gar nicht weit zu gehen, bis wir eine Kneipe erreicht hatten.
Wir stellten uns an die Theke.
Harper trank etwas zu viel, aber ich hinderte ihn nicht daran. Ich hielt mich dagegen mehr an Soda als an Whisky. Ich wollte und musste einen kühlen Kopf behalten. Als wir zahlten, gab es keinen Ärger. Der Zehnerschein wurde für echt gehalten, was ich nach Lage der Dinge auch gar nicht mehr bezweifelt hatte. Die Blütenbande stellte in dieser Perfektion ihrer Falsifikate eine echte Gefahr für de Währung dar. Falls sie es geschafft haben würden, die Staaten mit den Zehnerscheinen zu überschwemmen, dann konnte es mehr als nur Ärger geben.
»Wo steckt eigentlich Sloman?«, fragte ich Harper, als wir zurück zur Druckerei gingen. »Man sieht ihn gar nicht mehr.«
»Er ist über Land«, war die Antwort. »Der Chef will noch eine Sache aufziehen lassen, und Sloman soll die Fühler dazu ausstrecken.«
»Wie soll denn das nächste Geschäft aussehen?«
»Der Chef lässt einen nicht gern in die Karten sehen?«, meinte Harper. »Aber er wird es Ihnen sicher noch sagen.«
»Es wir auch wirklich höchste Zeit dass ich… George Kendell endlich mal kennen lerne«, erwiderte ich lächelnd. »Man will ja schließlich wissen, für wen man den Kopf hinhält.«
»Was haben Sie eigentlich immer noch mit diesem Kendell?«, fragte mich der Gangster irritiert. »Glauben Sie immer noch an das, was Ihnen die Tunner erzählt hat? Die hatte doch überhaupt keine Ahnung und ist nur von Barber angeschwindelt worden.«
»Warum soll er sie eigentlich angeschwindelt haben?«, redete ich weiter. »Sie war eng mit ihm befreundet, und er wird ihr vertraut haben.«
»Kendell ist aber nicht der Chef.«
»Warum versteifen Sie sich eigentlich so darauf?«, fragte ich und sah Harper kurz an. »Ist Ihnen der Name unangenehm?«
»Ach, Unsinn«, sagte er ausweichend.
»Kendell ist doch der Chef der ›Central‹, oder nicht?«, redete ich weiter. »Falls Kendell nicht der Chef unserer Jungens ist, warum rufen Sie dann die ›Central‹ an, wenn Sie mit dem Chef zu reden haben?«
»Woher haben Sie denn das, Chef?« fragte Harper sehr überrascht und begann zu schnaufen.
»Ich hab’s eben heraus gefunden«, erwiderte ich lächelnd. »Wollen Sie es jetzt noch abstreiten, dass Kendell?«
»Ich werd kein Wort mehr dazu sagen«, unterbrach er mich fast heftig. Er hatte seine Überraschung noch nimmer nicht überwunden, ich hatte ihn zu abrupt angegriffen.
»Ich will auch gar nicht mehr wissen«, sagte ich. »Ich weiß, dass ich mich für den Fall des Falles an Kendell halten kann, das reicht mir dicke.«
»Für welchen Fall des Falles?«
»Wurde Barber nicht aufs Kreuz gelegt?«, fragte ich.
»Das wurde auch höchste Zeit«, erwiderte Harper und grinste widerlich.
»Und wann werden wir beide an der Reihe sein?«
»Wieso denn wir?«
»Das war nur eine Frage«, sagte ich ausweichend. »Wie viel Prozent bekommen Sie eigentlich, Harper?«
»Worauf wollen sie eigentlich hinaus?«, fragte mich der Gangster interessiert.
»Welches Risiko geht der Chef eigentlich ein?«, war aber meine nächste Frage. Harper antwortete nicht. Er schwieg beharrlich, bis wir eine Telefonzelle erreicht hatten. Dort blieb er stehen und baute sich vor mir auf.
»Ich werde den Chef anrufen und wir werden zu ihm fahren«, sagte er in hartem Ton. »Wir werden diesen Fall mal ausführlich mit ihm bereden, denke ich.«
»Ich hab nichts gegen einen Anruf einzuwenden«, erwiderte ich und zündete mir eine Zigarette an. »Kendell wird Farbe bekennen müssen. Das können wir von ihm verlangen.«
Harper verschwand in der Telefonzelle. Ich spitzte die Ohren und hörte, dass Harper nur sich allein für einen Besuch ankündigte. Er musste den Chef, also Kendell, doch persönlich kennen. Er hatte mich eben noch belogen.
»Na, was ist?«, fragte ich.
»Er wartet auf mich«, sagte Harper. »Er wird erstaunt sein, wenn ich Besuch mitbringe.«
»Davon bin ich fest überzeugt«, sagte ich und verbarg meine Zufriedenheit. Endlich sollte ich die Chance haben, den Chef der Blütenbande kennen zu lernen. Was wollte ich mehr? Ich hatte das Ziel meiner Wünsche wohl bald erreicht.
***
»Wir treffen uns am Hafenbecken C«, sagte Harper, als wir losfuhren.
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