0012 - Lebendig begraben
Lüfte gehievt und sah das kleine Tal unter mir immer mehr verschwinden.
Noch einmal konnte ich den Fischgesichtigen sehen. Es sah aus, als hätte sich sein breites Maul zu einem häßlichen Grinsen verzogen…
Die Morgennebel lagen wie Watteschleier über den zahlreichen Wiesen und Äckern. Das Grau der Nacht verschwand im Westen. In entgegengesetzter Richtung stieg die fahle Spätwintersonne empor.
***
Ruhig lag das Dorf inmitten der grünen Hänge. Die hohen Nadelbäume verströmten einen frischen Geruch, den der Morgenwind ins Tal wehte. Auf den Hausdächern lag der Tau wie eine glitzernde Schicht. Die Fensterscheiben waren beschlagen, und auch auf dem Bentley hatte sich ein feuchter Film gebildet. Neben dem englischen Wagen stand ein deutscher Porsche. Die Motorhaube war noch warm. Bill Conolly war erst vor wenigen Minuten an seinem Ziel eingetroffen.
Er, Jane Collins und Suko saßen in ihrem vorläufigen Hauptquartier. Und zwar in Dunhills Gasthaus. Sie hatten um einen runden Tisch Platz genommen. Von der Decke herab hing eine Petroleumlampe. Sie verbreitete ein trübes Licht und warf ihren rotgelben Schein über die Gesichter der Anwesenden. Jane Collins hatte Kaffee bestellt. Der Wirt war nicht zu sehen. Schweigend hatte er sich in seine Privaträume verzogen. Suko und Jane berichteten Bill in allen Einzelheiten über den neuen Fall. Der Reporter hörte schweigend zu. Hin und wieder sog er an seiner Zigarette.
Der Kaffee kam. Monja brachte ihn. Auf einem Tablett trug sie die dickwandige Kanne und Tassen aus dem gleichen Material. Schweigend deckte sie den Tisch. Hin und wieder musterte sie die Anwesenden mit scheuem Blick.
Als sie sich zurückziehen wollte, hielt Suko sie fest. »Bleiben Sie noch, Monja.«
Das Mädchen lächelte schüchtern. Suko deutete auf den freien Stuhl neben Jane. »Setzen Sie sich.«
Monja wurde rot. »Aber mein Vater…«
Suko schüttelte den Kopf. »Er wird Ihnen nichts tun. Das verspreche ich.«
»Sie können ruhig weiter du zu mir sagen«, meinte Monja mit leiser Stimme. Gehorsam nahm sie Platz.
Jane Collins hatte inzwischen die Tassen vollgeschenkt. Der Kaffee war ziemlich stark und hätte Tote zum Leben erweckt.
Sogar Suko, der normalerweise Tee vorzog, trank die dunkelbraune Brühe.
»Daß John Sinclair nicht mehr in seinem Sarg liegt, wirst du ja inzwischen wissen, Monja«, begann er das Gespräch. »Stellt sich die Frage: Wo kann er sein? Du, Monja, kennst Orlington am besten. Du bist hier aufgewachsen und scheinst als einzige nicht von dem dämonischen Bazillus infiziert worden zu sein. Deshalb frage ich dich, ob du vielleicht einen Ausweg weißt. Kannst du dir vorstellen, wo John Sinclair geblieben ist. Und wenn ja, wie wir ihn finden können?«
Monja senkte den Kopf und hob die Schultern. »Das ist schwer zu sagen. Vielleicht ist des Rätsels Lösung in diesem Landhaus zu finden.«
»Aber John ist auf dem Friedhof verschwunden«, meinte Jane Collins.
»Es könnte eine Verbindung zwischen Friedhof und Landhaus geben«, vermutete Bill.
»Ich schlage vor, wir sehen uns das Grab noch einmal an.« Jane trank einen Schluck Kaffee. »Wenn ihn niemand aus dem Sarg geholt hat, muß er meiner Meinung nach durch das Grab…«
»Das ist ja nicht sicher«, warf Suko ein. »Wir wissen nicht, ob er in dem Sarg gelegen hat. Niemand von uns hat das gesehen. Wir müssen uns also auf die Aussagen der Dorfbewohner verlassen.«
»Und die stecken alle unter einer Decke«, knurrte Bill. Er zündete sich die nächste Zigarette an.
»Mal was anderes«, sagte Jane Collins. »Hat einer von euch vielleicht diesen Zarcadi schon einmal gesehen? Ich kenne ihn, und ich bin der Meinung, daß wir ihm mal auf den Pelz rücken sollten. Mit vereinten Kräften werden wir ihn schon schaffen.«
Die beiden Männer fanden Janes Idee gut, nur Monja hatte Einwände.
»Wenn ihr Zarcadi angreift, habt ihr das gesamte Dorf gegen euch. Die Einwohner halten zu ihm. Sie würden euch töten.«
Suko lächelte. »Es wird kaum jemand merken, daß wir uns um den großen Meister kümmern.«
»Als ich aus meiner Bewußtlosigkeit erwachte, war er verschwunden«, gab Jane zu bedenken.
»Er hat ja nun, was er wollte. John Sinclair. Er wird ihn in sein Reich geholt haben, und was er dort mit ihm anstellt, das könnt ihr euch vorstellen.« Ihre Stimme war zum Schluß immer leiser geworden.
Suko legte Jane tröstend seine Hand auf die Schulter. »Noch ist John nicht verloren. Du müßtest ihn doch kennen. So
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