0015 - Der Morddämon
keiner Gefahr aussetzen. Erst wenn oben alles in Ordnung ist, können Sie mit Bill nachkommen.«
»Manchmal«, knurrte Bill, »benimmst du dich wie ein kleiner Junge, der Geheimpolizei spielt. Mir kommt das übertrieben vor, ehrlich.«
»Es dauert nur wenige Minuten.« Zamorra klemmte sich den eingepackten Flammenwerfer unter den Arm und folgte Chu Siang zur Treppe. »Seid doch bitte friedlich. Wir rufen euch gleich.«
***
Nicole sah Zamorra und Chu Siang nach.
»Was sucht er eigentlich, Bill?« Sie drehte sich um.
Bill zuckt die Achseln. »Ming-Li natürlich, den geheimnisvollen Superdämon. Ich will hoffen, daß Zamorra bei seiner ständigen Beschäftigung mit solchen Dingen noch seinen gesunden Menschenverstand behält.«
Nachdenklich sah Nicole ihn an. Sie bemerkte eine Bewegung hinter Bill Fleming. »Da ist jemand«, flüsterte sie.
Fleming blieb ruhig stehen. »Wo?« fragte er leise.
»Direkt hinter Ihnen. Ein – nein, zwei, drei Chinesen.«
Bill Fleming drehte sich langsam um.
Er sah sich drei Chinesen gegenüber. Sie trugen graue Kittel mit Stehkragen und weite Hosen darunter. Die Gestalten sahen sich sehr ähnlich. Sie alle hatten glatte, fahle Puppengesichter.
Sie lächelten Bill und Nicole zu.
»Das hier ist eine interne Führung«, sagte Bill Fleming. »Bitte, verlassen Sie die Pagode wieder. Der Eintritt ist nur unter ausdrücklicher Genehmigung gestattet.«
Die Chinesen antworteten nicht. Sie grinsten kalt, und Nicole lief ein Schauer über den Rücken.
War sie jetzt total verrückt geworden? Warum sollten diese Chinesen nicht auch die Pagode sehen wollen?
Die drei Männer hielten ihre Hände in den weiten Ärmeln ihrer Kittel verborgen.
»Bitte, folgen Sie uns«, sagte der erste mit hoher Fistelstimme.
»Nein, wir warten hier auf jemand«, erklärte Nicole ein wenig ungeduldig. »Vielen Dank. Wohin sollen wir Ihnen denn folgen?«
»Nach unten, Miß.«
»Dann ist die Pagode doch unterkellert«, entfuhr es Nicole. »Sie scheinen sich hier auszukennen, wie? Ich muß…« Sie wollte zur Treppe laufen.
Aber einer der Chinesen stellte sich ihr in den Weg.
»Lassen Sie mich gefälligst vorbei«, sagte Nicole scharf.
»Das ist der falsche Weg, Miß. Kommen Sie…«
Er zog seine Hände aus den Ärmeln.
Nicole schrie auf. Sie hatte die spitzen, glänzenden Klingen bemerkt.
»Chef…!« schrie sie gellend, in der Hoffnung, der Professor könnte es von oben hören.
»Ich soll Ihnen nichts tun«, sagte der Chinese und packte ihren Arm. »Ming-Li will mit Ihnen reden. Kommen Sie.«
»Fassen Sie mich nicht an mit diesen – mit diesen Krallen«, stammelte Nicole.
»Ich soll Ihnen nichts tun«, wiederholte der Chinese. Seine Stimme war ohne Höhen und Tiefen, wie eine Leier.
Ming-Li…? dachte Nicole. Von dem hat doch schon der Chef gesprochen. Den sucht er doch in diesem alten Gemäuer.
Was hatte dieser Chinese bloß mit seinen Fingern gemacht?
Sie wandte sekundenlang den Kopf und entdeckte Bill Fleming, den die zwei anderen Chinesen in die Mitte genommen hatten.
Bill Fleming schien in keiner Weise beunruhigt zu sein. Er ging freiwillig mit den Männern mit.
Nicoles Augen weiteten sich, als sie bemerkte, worauf Bill mit seinen beiden Begleitern zusteuerte.
Eine der zehn Säulen war zur Seite geschoben worden. Darunter war eine kreisrunde Öffnung entstanden, in der eine Wendeltreppe begann.
Chu Siang und Professor Zamorra rührten sich nicht da oben. Also ging Nicole Duval mit dem Chinesen auf die Wendeltreppe zu.
Dann aber wurden ihr die Worte des Chinesen deutlicher bewußt.
»Ich soll Ihnen nichts tun«, hatte er gesagt.
Bedeutete das vielleicht, daß er sonst durchaus jemandem etwas tat? Und was geschieht, wenn dieser Ming-Li mit mir geredet hat? Diese Frage tauchte blitzschnell in Nicole auf.
Sie blieb stehen. »Professor Zamorra!« schrie sie so laut sie konnte.
In der Pagodenhalle war auf einmal ein hohler Nachhall ihrer Stimme.
Wie in einer Gruft! dachte Nicole.
»Ich muß Sie ersuchen, die Treppe hinabzusteigen.« Der Chinese drängte sie zu der kreisrunden Öffnung.
»Rühren Sie mich nicht an«, fauchte Nicole.
Doch sie wußte, obwohl sie sich so energisch gab, daß ihr im Grunde keine andere Wahl blieb, als die Treppe hinunterzusteigen.
Ein Gedanke zuckte in ihr hoch, den sie sofort in die Tat umsetzte.
Ihr kleiner schmaler Brillantring an der rechten Hand saß ziemlich locker. Sie hatte ihn schon immer enger machen lassen wollen, aber in dem kleinen Dorf
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