0015 - Der siebenarmige Tod
Freunde glitten nacheinander durch die Klappen. Sie tauchten lautlos in das Lagerhaus ein. Zuerst John Sinclair. Dann Suko. Ein schmaler Eisensteg führte wiederum zu einer Leiter. John eilte ihn entlang und blieb eine Sekunde später abrupt stehen. Suko hielt ebenfalls an.
»Da!« flüsterte John.
Suko nickte. Er hatte bereits gesehen, was John entdeckt hatte. Sie lagen gefesselt und geknebelt nebeneinander. Zwei lebende Bündel: Tony Shamrock und Harry Podwil. Beide waren arg zugerichtet. Die Kleider waren total zerfetzt und hingen in Streifen von den Leibern.
»Die armen Jungen«, murmelte John Sinclair.
Suko nickte.
Harry schien geistig nicht voll da zu sein. Er wimmerte und schluchzte ab und zu. Sein Körper wurde pausenlos geschüttelt.
»Wundfieber«, raunte John seinem Freund und Kampfgefährten zu.
Suko nickte abermals. »Der Junge braucht ganz dringend einen Arzt.«
»Tony Shamrock auch.«
»Komm, wir wollen dafür sorgen, daß die beiden Jungen ins Krankenhaus kommen«, sagte John.
Zwei Männer traten in Johns und Sukos Blickfeld. Breitschultrige Kerle. Ohne Masken. Für John Sinclair bedeutete das, daß diese Männer nicht befürchteten, von Tony und Harry verraten zu werden. Dieses wiederum konnte nur heißen, daß sie die Absicht hatten, die Jungen nicht mehr laufenzulassen. Die Bestätigung bekam John sofort.
Einer der beiden Kerle lachte höhnisch. Sein Lachen hallte widerlich durch das Lagerhaus.
»Nun sieh sie dir an, die armen Sünder«, sagte der Mann zu seinem Kumpel. »Jetzt bereuen sie bitter, was sie getan haben, doch diese Reue kommt zu spät. Sie werden sterben. Alle beide. Der Hüter des Bösen wird sie persönlich ins Jenseits befördern. Im Rahmen einer feierlichen schwarzen Zeremonie wird Red Rozzo ihre Seelen zur Hölle schicken.«
Der Mann trat Harry Podwil mit dem Fuß. »Hast du gehört, was ich gesagt habe?« schrie er den Jungen an. »Du mußt sterben. Wir warten nur noch auf den Einbruch der Dunkelheit, dann geht es mit eurer Lebenskurve steil bergab.«
Wieder lachte der Kerl widerlich.
Der andere stimmte in dieses Lachen schnarrend ein.
Einen dritten Wächter konnten John und Suko nicht entdecken.
John Sinclair stieß den Chinesen leicht an. »Los jetzt. Befreien wir die beiden Freunde aus ihrer mißlichen Lage.«
John und Suko huschten den schmalen Steg entlang, kletterten die Leiter hinunter, verbargen sich hinter einem hohen Kistenstapel und warteten auf ihre Chance.
Plötzlich tauchte die Nummer drei auf. Der dritte Wächter!
Er kam aus einer diesigen Ecke und erblickte John und Suko. Seine Augen weiteten sich. Sein Mund klappte auf. Er wollte die Kumpane alarmieren, doch das verhinderte Suko augenblicklich, indem er auf den Kerl zuflog und diesen mit einem brettharten Handkantenschlag ausschaltete.
Die beiden anderen Wächter vernahmen das Geräusch.
»Toby!« riefen sie. »He, Toby, ist alles in Ordnung?«
»Nein«, gab John Sinclair gepreßt zur Antwort. Er hielt die Lautstärke so, daß es auf diese Entfernung jedermanns Stimme hätte sein können. »Kommt schnell her, und seht euch das mal an.«
Sie kamen.
John und Suko gingen in Stellung. Sie spannten ihre Muskeln und warteten auf den Moment, wo sie wie vom Katapult geschleudert vorwärts sausen würden. Die Wächter kamen angetrabt. Sie erblickten den dritten, der reglos auf dem Boden lag.
»Verdammt!« sagte der eine.
»Zum Teufel…« stieß der andere verwirrt hervor.
Ihr Staunen wich einer namenlosen Verblüffung, als John und Suko sie angriffen.
Sie waren bewaffnet, aber weder John noch Suko ließen es zu, daß sie diese Waffen ins Spiel brachten. Der Oberinspektor und sein Freund trieben die Kerle mit wuchtigen Schlägen gegen die Wand, und dort gaben sie ihnen den Rest.
Nachdem sich alle drei Teufelsanbeter im Land der Träume befanden, eilten John und Suko zu Tony Shamrock und Harry Podwil. Jetzt erst erkannten sie in vollem Umfang, wie übel man Harry mitgespielt hatte.
Rozzos Folter hatte schlimme Spuren an Harry Podwils Körper hinterlassen. Ob er davon wieder genesen würde, war im Moment mehr als fraglich und hing vermutlich davon ab, wie schnell der Junge in ärztliche Behandlung kam.
John Sinclair tat für Harry sofort sein möglichstes. Er konnte nur hoffen, daß es für den Moment genug sein würde.
***
Danach setzte eine beachtliche Verhaftungswelle ein. John und seine Kollegen vom Yard holten sich nacheinander achtzehn Teufelsanbeter, die sogleich ins Kittchen
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