0018 - Die Hexenmühle
Paddy. Normalerweise mußte er Sieger werden.
»John!« Sukos Warnschrei riß mich in die Höhe. Ziemlich taumelig rappelte ich mich auf die Beine.
Die beiden Untoten versuchten, die Gunst der Stunde auszunutzen. Elena hatte sich Kitty Lavall geschnappt. Sie lief bereits mit dem gefesselten Mädchen auf die Mühle zu und riß das Eingangstor auf.
Marion, der zweite Vampir, wurde von ihrer Mutter abgelenkt. Mrs. Hiller hatte sie in die Defensive gedrängt. Während Paul Maurer nach seiner Freundin schrie und verzweifelt an seinen Fesseln zerrte, brüllte ich Simon Patrick an.
»Los, schneiden Sie die Stricke durch, und kümmern Sie sich um Ihren Freund Hiller. Schlagen Sie ihn bewußtlos!«
Ich wartete nicht ab, ob er meinen Befehl ausführte. Mich interessierte Marion.
Mrs. Hiller hatte ihre Tochter zurückgedrängt. Die Frau hielt das Kreuz in den Fäusten. Mutig schritt sie vor. Marion stolperte immer weiter. Sie schrie und fauchte, hatte beide Hände vor das Gesicht gerissen.
»Nimm es weg! Los, nimm es weg!«
»Nein, du Bestie! Sterben sollst du. Eingehen und verfaulen! Ich will, daß deine Seele endlich Frieden findet. Weiche! Weiche von mir, du Blutsaugerin!«
Ich erreichte Mrs. Hiller.
»Lassen Sie mich!« forderte ich.
»Nein, das ist meine Sache!«
Mrs. Hiller stellte es sehr geschickt an. Sie trieb ihre Tochter an der Mühle vorbei, genau auf den Bach zu.
Und fließendes Wasser ist für Vampire tödlich!
Marion schlug mit den Armen um sich. Sie wußte genau, welch ein Verhängnis sich anbahnte, doch ausweichen konnte sie nicht mehr. Ich war bereits zur Stelle.
Waffenlos griff ich die Untote an. Hart packte ich ihr rechtes Handgelenk, drehte den Arm schwungvoll herum, so daß mir Marion ihren Rücken zuwandte, und gab ihr einen kräftigen Stoß.
Sie wurde förmlich auf den Bach zukatapultiert.
Ihr Körper durchbrach einen niedrigen Busch. Marion wollte sich noch festhalten, drehte sich dabei, doch ihre Hände rutschten an den biegsamen Zweigen ab.
Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich ihr entsetztes Gesicht, dann fiel die Untote in den Bach.
Das Verhängnis war nicht mehr aufzuhalten.
Das schnell fließende Wasser des Mühlbachs schäumte über den Körper der Untoten, gurgelte, schmatzte.
Marion wollte sich erheben, doch sie rutschte auf einem glatten Stein aus und fiel wieder hin.
Mrs. Hiller war das Kreuz aus den Händen geglitten. Sie stand da, die Hände zu Fäusten geballt, die Augen weit aufgerissen und starrte auf ihre Tochter, deren endgültiger Tod nicht mehr aufzuhalten war.
Ich legte Alma Hiller eine Hand auf die Schulter. »Kommen Sie, es ist für Ihre Tochter vorbei…«
»Aaahhh…« Ein schauriger Schrei durchbrach die Stille. Marion hatte sich halb aufgerichtet. Sie schlug mit den Händen auf die Wasseroberfläche. Ein Teil ihres Körpers begann sich bereits aufzulösen. Die blanken Knochen schimmerten durch das kristallklare Wasser.
Marion konnte dem hier reißenden Mühlbach keinen Widerstand mehr entgegensetzen. Sie wurde mitgerissen. Ihr Körper drehte sich, der Kopf tauchte unter.
Wie eine Puppe schwemmte die Strömung sie davon. Wir sahen sie nicht mehr.
»Marion!« flüsterte die Frau unter Tränen. »Ich…«
»Jetzt hat sie ihre Ruhe«, sagte ich leise.
Alma nickte. Obwohl sie lange auf diese Stunde gewartet hatte, war es für sie doch sehr schwer. Und niemand konnte sie besser verstehen als ich.
Aber für mich gab es andere Aufgaben, denn Elena war noch da. Und die war gefährlicher als Marion.
Soeben sprengte Suko seine letzten Fesseln. Simon Patrick stand neben ihm. Unbewegt war sein Gesicht.
Auch Paul Maurers Stricke waren gelöst worden. Der junge Mann tobte.
»Ich will zu ihr!« schrie er. »Ich will Kitty sehen!«
Er rannte auf die Mühle zu, stolpernd und taumelnd. Doch Suko war schneller.
Er warf sich Paul Maurer in den Weg. Seine Hände umklammerten Maurers Knöchel. Suko riß den jungen Mann zu Boden. »Lassen Sie mich!« rief Paul immer wieder. »Ich will zu ihr, Kitty ist…«
Ich kümmerte mich nicht um den jungen Mann. Er war bei Suko in besten Händen.
Dafür machten mir andere Sorgen. Paddy und Horace Hiller. Wie tot lag der alte Mann am Boden. Hiller stand über ihm. Gebückt und schwer atmend. Nach wie vor hielt er das Gewehr umklammert. Als wir auf ihn zurannten, starrte er uns benommen an. Er schien durch uns hindurchzusehen.
Ich nahm ihm das Gewehr ab. Widerstandslos ließ er es über sich ergehen.
»Ich wollte doch nur
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