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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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erzeugten Bewegung. Marric hörte das Knirschen der künstlichen Gelenke, er befahl den Armen, sich vor sein Gesicht zu heben, und die Arme glitten schwerfällig nach oben.
    Metallene Krallen krümmten sich.
    Finger – mit nadelscharfen Messern statt Nägel – furchtbare Waffen! Marric wußte, daß er mit diesem Maschinenkörper alles niederwalzen konnte, jeden Menschen vernichten, der sich ihm in den Weg stellte, und das Gefühl des Triumphes schien ihn wie eine Woge emporzutragen.
    Langsam, immer noch schwerfällig, glitt er von dem Operationstisch herunter.
    Für einen Moment packte ihn Furcht, mißtraute er der Maschine, dann merkte er, daß er stand. Der Helm, der seinen Kopf schützte, hob sich, wandte sich zur Seite, und Marrics Augen erfaßten die drei Gestalten hinter dem Operationstisch.
    Jason und Jeremy waren ein paar Schritte zurückgetreten, und ihre Gesichter zeigten nicht den geringsten Ausdruck.
    Giordano Calgaro trug noch den weißen Kittel. Seine Arme hingen schlaff herab, die Augen wirkten starr und durchsichtig wie gelbes Glas. Er hatte den Befehl ausgeführt, den ein dämonischer Wille in sein Hirn gesenkt hatte. Jetzt wartete er, bereit für neue Befehle, und seine Haltung verriet, daß er immer noch in tiefer Trance war.
    Der Magier verharrte einen Moment, lauschte in sich hinein.
    Er würde Calgaro töten.
    Calgaro – und alle, die ihm dienten!
    Aber er würde ihn nicht töten, solange die Hypnose den Geist des Opfers umfing. Calgaro sollte bewußt in den Tod gehen. Er sollte die Angst empfinden, die Marric durchlitten hatte. Und er sollte wissen, was mit ihm geschah, so wie Marric es gewußt hatte.
    Der Magier preßte die Lippen zusammen. Sein Blick bohrte sich in Calgaros Augen, und seine Stimme klang zwingend und ruhig.
    »Wach auf!« sagte er. »Du wirst aufwachen, Giordano. Aber du wirst nichts vergessen, nichts! Du wirst wissen, was geschehen ist, du wirst wissen, daß ich dich bezwungen habe, und du wirst wissen, daß du sterben mußt. Wach auf!«
    Durch Calgaros Gestalt schien ein Ruck zu gehen.
    Seine Lider flatterten. Die gelben Augen wurden lebendig, bewegten sich, und binnen Sekunden begann sich Erinnerung darin zu formen.
    Calgaros Fäuste verkrampften sich.
    Er starrte Marric an. Das metallene Ungetüm, das vom Hirn des Magiers regiert wurde. Der Cyborg, den er selbst, Calgaro, geschaffen hatte, ohne es zu wollen. Seine Lippen zuckten. Die gelben Augen begannen zu zucken, fiebrig und verzweifelt, und die Erkenntnis der Wahrheit traf Calgaros Körper wie ein Peitschenhieb.
    Er schrie.
    Seine Lippen öffneten sich, er warf den Kopf zurück und schrie gellend und verzweifelt in jäher Todesangst…
    ***
    Professor Zamorra war nur noch wenige Schritte von der Gabelung des Ganges entfernt.
    Der Schrei kam von rechts, das hörte er genau. Mit zusammengebissenen Zähnen hastete er weiter, bog um die Ecke und glitt auf die Tür zu, die in vier, fünf Yards Entfernung den Weg versperrte.
    Der Drehknopf quietschte, als er ihn bewegte.
    Gleichzeitig gab es in dem Raum dahinter einen schmetternden Krach, der das leise Geräusch mit Sicherheit übertönte. Zamorra preßte die Lippen zusammen, zog vorsichtig die Tür auf und spähte durch den Spalt.
    Das Bild, das sich ihm bot, ließ förmlich seinen Herzschlag stocken.
    Ein Operationssaal lag vor ihm. Erstklassig eingerichtet – das registrierte er, obwohl er sich nicht die Zeit nahm, Einzelheiten zu mustern. Drei Männer standen an der Wand, scheinbar erstarrt vor Schrecken. In einem von ihnen glaubte er Giordano Calgaro zu erkennen. Das Glas einer Vitrine an der anderen Wand war zerbrochen. Jemand hatte offenbar mit furchtbarer Gewalt einen Tisch oder eine Liege gegen das Möbelstück geschleudert – und mitten in den Trümmern richtete sich das Wesen auf, das die Verwüstung verursachte hatte.
    Kein Mensch.
    Eine Maschine, ein Roboter, das war Zamorras erster Gedanke. Er sah das Monstrum nur von der Seite, erkannte die plumpen, von einer metallisch schimmernden Kunststoffhaut umgebenen Glieder, die gekrümmten Messer an den Händen, den kantigen Helm, der seiner Meinung nach einen Minicomputer oder etwas Ähnliches enthalten mußte. Mehr als sechs Fuß hoch war das technische Ungetüm, schwer, massig und drohend. Und beweglich! Es funktionierte!
    Langsam und unaufhaltsam walzte es auf die drei schreckensstarren Männer zu, eindeutig in feindlicher Absicht und…
    Feindlich?
    Wie konnte eine Maschine feindliche Absichten hegen?

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