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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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tanzte darin, und nach ein paar Minuten atmete Dr. Calgaro tief durch und straffte die Schultern.
    Er stieg in den Keller hinunter.
    Den Weg durch die Gänge und Gewölbe fand er mit traumwandlerischer Sicherheit. Vor dem metallenen Ungetüm, dem künstlichen Menschen, blieb er einen Moment lang stehen, musterte die plumpe und doch so komplizierte Gestalt seines Meisterstücks. Dann ging er weiter, öffnete die Verbindungstür und hatte wenig später das Verlies erreicht, in dem sein Opfer mit einem Spiegel allein war.
    Die Glühbirne an der Decke war ausgeschaltet. Zwei Kerzen brannten auf einem niedrigen Tisch, den Jason und Jeremy hereingebracht hatten. Ein Buch lag auf der rohen Holzplatte. Ein uraltes Buch, in brüchiges, zerschlissenes Leder gebunden, mit geheimnisvollen Hieroglyphen auf dem Einband. Calgaro nickte zufrieden.
    »Nun?« fragte er mit einem Blick zu dem Kopf auf dem Sockel.
    Der Kopf rührte sich nicht.
    Marrics Augen blickten von dem Sockel herab in die gelben Augen des anderen. Das Gesicht des Magiers war ruhig, ohne Ausdruck. Er schien zu grübeln, zu forschen, zu warten – und Calgaro spürte, wie dieser Blick eine leise Unruhe in ihm auslöste.
    »Habe ich zuviel versprochen?« fragte er heiser. »Siehst du ein, daß ich der größte lebende Chirurg bin?«
    Marric antwortete nicht.
    Er schwieg, wartete ab, und Calgaro fühlte, wie sich die Unruhe in die bittere Säure von Enttäuschung und Wut wandelte.
    »Ich werde dir noch mehr zeigen«, stieß er hervor. »Ich werde dir alles zeigen, Alban, alles! Siehst du das Buch hier? Ich habe sein Geheimnis enträtselt. Ich habe mir die Dämonen dienstbar gemacht. Du wirst es sehen…«
    Mit zwei Schritten stand Calgaro hinter dem niedrigen Holztisch.
    Haß war in ihm. Haß und eine blinde, heiße Gier, die die Verzweiflung des Opfers sehen und sich an ihr berauschen wollte. Die dünnen, knotigen Finger schlugen das Buch auf. Langsam, bebend, fast zärtlich tasteten sie über die Blätter. Bei einer bestimmten Seite verharrten sie. Calgaro hob den Kopf, und in seiner Gestalt schien sich eine unsichtbare Stahlsaite zu spannen.
    Er begann zu sprechen.
    Leise, beschwörend…
    Er murmelte Formeln, Sätze, Worte aus einer fremden Sprache.
    Seine Stimme wurde lauter, dröhnender, alles beherrschend, und schließlich schien sie wie eine Glocke in dem kleinen Verlies zu klingen.
    »Erscheine!« rief er, gebieterisch die Hand hebend. »Erscheine, Diener! Folge der Stimme, die dich ruft! Folge dem Wort, das dich zwingt…«
    Abrupt hielt er inne.
    Seine Augen waren weit, schienen in unvorstellbare Fernen zu blicken. Er lauschte. Lauschte atemlos, mit gespannten Sinnen, und schließlich senkten sich seine Schultern nach einem tiefen Atemzug.
    Ein Rauschen hing in der Luft.
    Kaum hörbar zuerst – dann immer lauter…
    Ein seltsamer, dunstig roter Widerschein schien das Verlies zu erfüllen, verdichtete sich, wurde zu tanzenden Funken, zuckenden Flammen, und Sekunden später war der Raum erfüllt von heulenden, fauchenden, zischenden Stimmen.
    Flammengestalten tanzten umher. Feuriger Widerschein umhüllte groteske bleiche Gerippe. Wie ein anschwellender Orkan begleitete Rauschen und Raunen das Erscheinen der Dämonen, und für ein paar endlose, wahnwitzige Sekunden schien sich die Hölle selber aufzutun.
    Calgaro hob die Hand.
    Seine Linke lag immer noch fest auf der Seite des uralten Buches, seine Rechte bewegte sich, als wolle sie magische Zeichen in die Luft schreiben. Laut, und gebieterisch hallte seine seltsam veränderte Stimme: »Zurück in euer Reich! Hin zu den Geistern, die euch ausgeschickt haben! Feuer zu Feuer! Flamme zu Flamme! Zurück – zurück…«
    Die Gestalten verblaßten.
    Gerippe zerflossen, lösten sich auf im Feuerschein, Flammen fielen in sich zusammen. Sekundenlang tanzten noch die winzigen Funken ihren makabren Reigen, dann schien die Dunkelheit sie aufzusaugen und nur noch die beiden Kerzen brannten.
    Mit einer langsamen, gemessenen Bewegung schlug Dr. Calgaro das Buch zu.
    Schweiß stand auf seiner Stirn. Er fühlte sich erschöpft wie immer, wenn er die Kraft seines Geistes mit der Kraft der magischen Formeln vereinigte, um das Wunder zu vollbringen.
    Aber er hatte es vollbracht. Die Dämonen dienten ihm! Sie würden ihm immer dienen, sie würden…
    Seine Gedanken zerfaserten.
    Wie jedesmal spürte er die seltsame Leere in seinem Gehirn. Ein dünnes Lächeln zuckte über seine Lippen. Jetzt würde Marric ihm glauben müssen,

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