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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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Maschinen fühlen nicht. Das Ding da war ein Roboter, es war…
    Zamorra kam nicht mehr dazu, den Gedanken zu Ende zu führen.
    Er wußte nicht, was Giordano Calgaro aufmerksam gemacht hatte – ein Geräusch, ein Instinkt, vielleicht eine Bewegung. Jedenfalls wandte der hagere Arzt den Kopf, seine gelben Augen weiteten sich – und in der nächsten Sekunde überstürzten sich die Ereignisse.
    Schwerfällig drehte der Roboter sich um.
    Zamorra sah die Glasscheibe, die in den Metallhelm eingelassen war, und das Gesicht dahinter.
    Ein Gesicht, das er kannte!
    Marric!
    Alban Marric, der ganz offensichtlich Calgaro und seinen Begleitern an den Kragen wollte, der eine Art Rüstung angelegt hatte und…
    Nein!
    Das war keine Rüstung, das mußte etwas anderes sein. Marric war groß, aber auf keinen Fall war er größer als sechs Fuß. Und wie konnte seine Körperkraft ausreichen, um diese schwere Maschine zu bewegen? Wie….
    Giordano Calgaro warf sich herum.
    Mit einem halb erstickten Schrei warf er sich nach links, rannte taumelnd in blinder Flucht auf eine Tür zu. Seine Diener folgten ihm, hastig, doch ohne Panik. Zamorra hatte unwillkürlich einen Schritt nach vorn gemacht, und als der Roboter sich jetzt wieder umdrehte, konnte der Professor immer noch das Gesicht hinter der Scheibe sehen.
    Ein bleiches, verzerrtes Gesicht.
    Zuckende Lippen.
    Augen, die wie Eiskristalle gleißten, in denen ein eisiges Feuer brannte und aus denen Haß leuchtete, wie er Zamorra noch nie zuvor bei einem Menschen begegnet war.
    Alban Marric wollte töten, wollte zerstören, vernichten und er würde wie ein reißendes Tier über seine Opfer kommen. Unaufhaltsam, von einer tödlichen Mechanik getrieben, setzte er sich in Bewegung, wollte Calgaro und seinen Dienern folgen – und Zamorra begriff, daß es ihm irgendwie gelingen mußte, den Magier zu stoppen.
    Calgaro war verschwunden. Hinter seinen beiden Dienern schloß sich krachend die Tür. Marric marschierte darauf zu, schien entschlossen, die Flüchtenden einzuholen, aber er, oder besser die Maschine bewegte sich eher langsam und schwerfällig.
    Zamorra schnitt ihm den Weg ab.
    Mit fünf, sechs langen Sprüngen erreichte er die Tür. Seine Hand fand den Schlüssel. Rasch zog er ihn ab, ließ ihn in seine Taschen gleiten und lehnte sich mit dem Rücken gegen die massiven Eichenbohlen.
    Der Roboter verharrte.
    Zamorras Blick glitt über das metallene Ungetüm und blieb an dem Gesicht hinter der Sichtscheibe des Helms haften.
    »Marric«, sagte er langsam. »Alban Marric…«
    Das Gesicht verzerrte sich.
    Für einen Moment erschien der Ausdruck ohnmächtigen Schmerzes auf den scharfen, markanten Zügen. Marric schloß die Augen und öffnete sie wieder.
    »Wer sind Sie?« fragte er heiser.
    »Professor Zamorra. Wir sind uns zweimal begegnet.«
    Eine steile Falte erschien auf Marrics Stirn.
    Seine Augen wurden schmal. Erinnerung formte sich darin. Ein flüchtiges bitteres Lächeln erschien auf seinen Lippen, doch schon in der nächsten Sekunde preßten sie sich zu einem harten Strich zusammen.
    »Gehen Sie«, sagte er. »Geben Sie den Weg frei, Professor!«
    »Was haben Sie vor? Was ist geschehen?«
    Marrics Lider zuckten. »Gehen Sie! Versuchen Sie nicht, mich zu hindern – das wäre Ihr Ende! Ich werde Rache nehmen. Rache an Calgaro! Rache an allen, die ihm gedient haben, an allen…«
    »Rache wofür, Marric?«
    Der Magier starrte ihn an.
    Das Gesicht wirkte bleich hinter der durchsichtigen Scheibe. Die Augen brannten – und wieder war dieser Ausdruck ohnmächtiger Verzweiflung darin.
    »Wofür?« fragte er flüsternd. »Wofür, Professor? Schauen Sie mich doch an! Schauen Sie mich an, dann kennen Sie die Antwort.«
    »Was ist mit Ihnen geschehen, Marric?«
    »Ich bin nicht mehr Alban Marric. Ich bin – überhaupt kein Mensch mehr! Ich bin ein – ein Überrest! Ein Präparat! Das Ergebnis eines wahnsinnigen Experimentes – das bin ich…«
    Zamorra fühlte, wie ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken rann.
    Er ahnte die Wahrheit. Er ahnte sie – aber sein Verstand weigerte sich, auch nur die Möglichkeit einer so gräßlichen Verwandlung zu akzeptieren.
    »Marric«, stieß er hervor. »Marric, was…«
    »Giordano Calgaro hat mich operiert.« Die Stimme des Magiers klang brüchig und monoton. »Ich – habe keinen Körper mehr, ich bin ein Kopf. Nur noch ein isolierter Kopf, der künstlich am Leben erhalten wird. Verstehen Sie das?«
    Zamorra verstand. Er konnte nichts sagen.

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