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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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einmal am Kopf. Er begriff selbst nicht, wieso er das überlebt hatte. Sein ganzer Körper schien in Glut getaucht. Mühsam machte er sich klar, daß er zumindest eine mittelschwere Gehirnerschütterung davongetragen hatte, daß es im Grunde Wahnsinn war, sich zu bewegen oder gar ans Steuer des Wagens zu setzen, aber gleichzeitig wußte er glasklar, daß er gar keine andere Wahl hatte.
    Er tastete sich bis zu der Tür, durch die er vorhin gekommen war.
    Unsicher taumelte er durch den Gang, der seiner Erinnerung nach zu einer Treppe führte. Vier-, fünfmal stürzte er, einmal verlor er für etliche Minuten das Bewußtsein – und wie er die Treppe überwand, wußte er später nicht mehr zu sagen.
    Das Haus war leer.
    Zamorra glaubte es jedenfalls – oder hoffte es. Seine Knie zitterten, blutrote Schleier tanzten vor seinen Augen, aber irgendwie brachte er es trotzdem fertig, den Ausgang zu finden.
    Er wäre die Treppe hinuntergestürzt, wenn er sich nicht im letzten Moment festgehalten hätte. Sekundenlang klammerte er sich an das Geländer und atmete tief durch. Die klare kalte Luft tat ihm gut. Allmählich verschwand der Nebel vor seinen Augen, und er fühlte sich zumindest wieder halbwegs fähig, auf seine Umgebung zu achten.
    Alban Marric war unterwegs.
    Zamorra wußte nicht, wohin sich der Magier wenden würde. Aber er wußte, daß Nicole und Jim in Gefahr waren, er konnte es fast körperlich spüren, und die Angst um diese beiden Menschen war stärker als Schwäche und Schmerz.
    Eine weitere Viertelstunde verging, bis Zamorra den Wagen erreicht hatte.
    Erschöpft ließ er sich in die Polster fallen. Die Landschaft drehte sich um ihn. Er lehnte sich zurück, kurbelte mit bebenden Fingern die Scheiben herunter und verharrte reglos, bis sich der rasende Wirbel in seinem Kopf beruhigt hatte.
    Die drei Meilen nach Redhorn fuhr er in mäßigem Tempo, weil er unter keinen Umständen einen Unfall riskieren durfte. Jim Coltrane wohnte im ersten, ein wenig abseits liegenden Haus an der Hauptstraße. Zamorra brachte den Wagen zum Stehen. Der Ruck warf ihn nach vorn, er fiel halb über das Lenkrad, und für ein paar Sekunden rang er erschöpft nach Atem.
    Lärm riß ihn wieder hoch.
    Splittern, Klirren, ein würgend erstickter Schrei…
    Mit zusammengebissenen Zähnen sprang er aus dem Wagen, rannte über den Gartenweg und passierte die offenstehende Tür des Anbaus.
    Licht brannte. Taumelnd blieb Zamorra in der Diele stehen. Der Raum schwankte um ihn. Aber er sah das Blut, die Toten, die Verwüstung – und er sah das rasende stählerne Ungeheuer in der Mitte des Zimmers.
    Eine mörderische Faust hatte Maria Benetti den Schädel gespalten.
    Claire Coltrane lag auf dem Boden, die Kehle wie von Messern zerfetzt.
    Nicole und Jim waren bis an die Wand zurückgewichen, betäubt und gelähmt vor Grauen, und Anabel Verton kauerte mit erhobenen Armen auf dem Teppich, als könne sie sich auf diese Weise vor dem gnadenlosen Roboter schützen.
    Der Cyborg fuhr herum.
    Das Gesicht hinter der Glasscheibe war verzerrt, war eine zuckende, unmenschliche Fratze. Die Augen rollten, erfaßten Zamorras Gestalt – Augen, die glasig waren, stumpf, in einer blinden, gierigen Ekstase befangen. Sekunden vergingen, ehe der Funke des Erkennens darin aufzuckte, und es schien zwei Ewigkeiten zu dauern, bis die blutgierige Fratze wieder Ähnlichkeit mit den Zügen Alban Marrics annahm.
    Die Lippen zuckten.
    In den Augen lag immer noch der fremde, fieberhafte Glanz, aber sie blickten klarer. Wie Sonden stellten sie sich auf Zamorra ein, und er spürte diesen Blick mit einer Intensität, als sei er von einem Gluthauch gestreift worden.
    Mechanisch griff Zamorra zur Schulterhalfter, zog den 38er und legte den Finger auf den Hahn. Er wußte nicht, ob es Sinn hatte, aber er wußte, daß es die einzige Chance war. Ganz flüchtig sah er zu Nicole und Jim hinüber, dann bohrte er seinen Blick wieder in Marrics Augen.
    »Halt!« sagte er. »Halt, Marric!«
    Der Magier starrte ihn an. Seine Stimme bebte.
    »Warum?« flüsterte er. »Warum, Professor?«
    Zamorra bewegte die Hand. Eine Geste, die das ganze Ausmaß des Grauens umfaßte.
    »Deshalb«, sagte er leise.
    »Aber es ist gerecht! Denken Sie doch! Sie haben Calgaro gedient! Sie haben sich hundertmal an der Menschheit vergangen! Sie haben…«
    »Gerecht? Dieses Blutbad? Nein, Marric! Sie sind ein Mörder! Sie sind zur reißenden Bestie geworden, Sie…«
    »Es ist gerecht!« Jetzt war die Stimme wieder

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