002 - Das Henkersschwert
Sie müssen meinen Standpunkt verstehen, Herr Hunter. Ich bin ein alter, schwacher Mann und habe keine mächtigen Freunde. Ich kann mich nicht auf einen Kampf mit der Familie Zamis einlassen, die mich für einen verschrobenen Alten hält, über den sie sich amüsiert. Gelegentlich kaufen die Zamis' mir einige Gegenstände ab, sonst habe ich kaum Kontakt mit ihnen.«
»Haben Sie schon einmal etwas von der Schwarzen Familie gehört, Herr Helnwein?«
Der Alte sog bedächtig an der Pfeife und nickte zustimmend. »Ja, das habe ich.«
»Und wußten Sie auch, daß die Familie Zamis dazugehört?«
»Gewußt habe ich es nicht«, sagte Helnwein, »doch ich habe es vermutet.«
»Die Schwarze Familie hat meine Frau auf dem Gewissen«, erklärte Dorian heftig. »Ich habe ihr Rache geschworen. Ich werde sie unbarmherzig ausrotten, wo immer ich ein Familienmitglied antreffe.«
Helnwein nahm die Pfeife aus dem Mund. »Sie haben sich viel vorgenommen, junger Freund. Zu viel. Sie haben sich einen mächtigen Feind ausgesucht, den mächtigsten der Welt. Und Sie stehen vor einer Aufgabe, die Sie nicht bewältigen können. An Ihrer Stelle würde ich mir das alles nochmals überlegen. Gut überlegen.«
»Es gibt kein Überlegen mehr für mich«, sagte Dorian. »Mein Entschluß steht fest. Können Sie mir helfen?«
»Ich weiß nicht wie, Herr Hunter. Ich würde es ja gern, aber ich sehe keine Möglichkeit. Man würde mich töten.«
»Ich verlange nicht, daß Sie mich begleiten«, meinte Dorian ungeduldig. »Ich will nur einige Informationen und ein paar Hilfsmittel.«
»Sie sind hartnäckig, mein Freund«, sagte der Alte. »Wie sind Sie auf die Familie Zamis gestoßen?«
»Kann ich Ihnen vertrauen?« stellte Dorian eine Gegenfrage.
Helnwein lächelte. »Eine seltsame Frage, Herr Hunter. Das müssen Sie selbst wissen. Niemand kann Ihnen diese Entscheidung abnehmen.«
Etwas von der Ruhe des Alten strömte auf Dorian über. Er ging eigentlich kein Risiko ein, wenn er Helnwein seine Geschichte erzählte. Stockend begann er zu berichten. Anfangs suchte er nach den richtigen Worten, doch je länger er sprach, um so fließender wurde sein Vortrag. Er schilderte Helnwein die unheimliche Fahrt zur Hexenburg, wo er seine acht Brüder kennengelernt hatte. Während er sprach, schloß er die Augen. Er berichtete, wie seine Frau wahnsinnig geworden war, und abschließend von den Erlebnissen in Wien.
Helnwein hatte ihm schweigend zugehört. Seine Pfeife war ausgegangen, und er steckte sie nicht wieder an. Erschöpft lehnte sich Dorian zurück.
»Eine aufregende Geschichte«, sagte Helnwein. »Ich nehme an, Sie wollen dem Haus der Zamis' einen Besuch abstatten?«
»Ja, das will ich.«
»Das ist kein Mut – das ist der helle Wahnsinn, Herr Hunter.«
Helnweins Stimme war scharf geworden. »So nehmen Sie doch Vernunft an! Sie haben die ganze Familie gegen sich, und es ist anzunehmen, daß sich auch der Untote im Haus befindet. Nehmen Sie Ihre Frau und verlassen sie sofort die Stadt!«
»Sie können mich von meinem Vorhaben nicht abhalten. Wollen Sie mich nun unterstützen oder nicht?«
Helnwein seufzte. »Was haben Sie mit Coco vor?«
Dorian grinste böse. »Sie wird Ihre verdiente Strafe bekommen, das habe ich mir vorgenommen.«
»Ich verstehe Sie einfach nicht«, sagte Helnwein kummervoll.
»Das Mädchen ist doch auf Ihrer Seite. Es ging für Sie eine Vielzahl von Risiken ein. Coco ist in Sie verliebt und wurde von ihrer Familie verstoßen. Wissen Sie das denn nicht zu würdigen?«
»Nein«, sagte Dorian hart. »Sie ist eine Hexe und sie wird von mir wie eine solche behandelt. Ich kann mir keine Sentimentalitäten leisten. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob sie nicht Theater spielt.«
»Nach Ihrer Schilderung nehme ich an – besser gesagt, ich bin überzeugt –, daß Coco es ehrlich meint.«
Dorian hob die Schultern. »Darum geht es jetzt nicht. Ich will ins Haus der Zamis'. Coco gab mir einige Ratschläge, aber ich bin nicht sicher, ob es sich nicht um eine Falle handelt.«
»Reden Sie nicht solchen Unsinn!« sagte Helnwein wütend.
»Wenn Ihnen das Mädchen nach dem Leben trachtete, hätte es doch genügend Möglichkeiten gehabt, Sie zu vernichten. Nehmen Sie endlich Vernunft an! Ihr blinder Haß schadet nur. Glauben Sie mir, Haß ist ein schlechter Begleiter.«
Doch Hunter hatte auf stur geschaltet. Die Worte des Alten überzeugten ihn nicht. »Ich benötige geweihte Kugeln«, sagte er.
»Die kann ich Ihnen geben«,
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