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002 - Der Hexenmeister

002 - Der Hexenmeister

Titel: 002 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
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diese Figuren sehr seltsam?« fragte mich der Meister.
    »Nicht sehr. Immerhin, sie sehen ungewöhnlich aus.«
    »Ihre Form ist nicht so wichtig. Sie haben Ähnlichkeit mit den Bleifiguren, die von den Pilgern in den Fluss geworfen werden, weil es Glück bringen soll. Dass diese Figuren hier verschieden aussehen, hat jedoch weiter keine Bedeutung. Das ist nur, damit man sie auseinander halten kann. Sie besitzen nämlich unterschiedliche Kräfte. Das Wichtige an ihnen ist aber nicht die Form, sondern das Material, aus dem sie gegossen sind.«
    »Die Figuren sind doch aus Blei, nicht wahr?« fragte ich.
    »Nein. Sie sind aus einer ganz besonderen Verbindung von Blei mit einem anderen Stoff. Ich kenne selbst noch nicht alle Möglichkeiten dieses seltsamen Metalls, dessen unsichtbare Strahlen so erstaunliche Wirkungen haben. Ihr werdet später noch mehr darüber erfahren. Vorerst braucht Ihr nur zu wissen, dass sich die unsichtbaren Kräfte, die dieser Figur innewohnen, durch ihre Wirkungen zeigen werden. Ich habe entdeckt, dass dieses geheimnisvolle Metall auf gewisse Töne reagiert. Nachdem ich das festgestellt hatte, ist es mir gelungen, verschiedene Wortformeln zusammenzustellen. Sie klingen wie eine Art Sprechgesang und ermöglichen es, die unsichtbaren Strahlen dieses Metalls aufleben zu lassen, zu lenken und dann wieder abzuschalten. Heute werdet Ihr nur eine der Figuren benutzen – diese hier, die ich in der Hand halte. Ihr müsst sehr sorgfältig die Wortformeln aussprechen, die ich Euch soeben gelehrt habe. Könnt Ihr sie auch noch auswendig und wisst Ihr, welche Ihr bei den verschiedenen Gelegenheiten anwenden müsst?«
    »Ja, ich habe sie genau behalten.«
    »Dann wird alles gut gehen.«
    Der Meister stellte die Figur, die er in der Hand gehabt hatte, auf den Tisch und nahm die anderen an sich. Er stellte sie in die Fächer eines großen Wandschrankes, in dem sich schon weitere befanden, und schloss die schwere eiserne Schranktür.
    Dann öffnete er einen anderen Schrank und holte daraus verschiedene Gegenstände aus Holz oder Metall. Es waren kleine Vierecke und Dreiecke, Stäbchen und ähnliches. Er hatte mir schon zuvor erklärt, wozu diese Gegenstände dienten.
    »So, jetzt lasse ich Euch allein«, sagte er. »Verliert vor allem nicht die Nerven. Ihr dürft Euch nicht von Furcht verwirren lassen. Die Wortformel, mit der man die unsichtbaren Kräfte zum Stillstand bringt, benutzt nur im äußersten Notfall, wenn die Angst Euch übermannt oder Ihr fürchtet, den Verstand zu verlieren. Wenn das der Fall ist, hat es ohnehin keinen Zweck, mit dem Experiment fortzufahren, denn Ihr hättet dann nicht die Kraft, die nötig ist, um es erfolgreich zu beenden. Wenn Ihr einen Gong hört, dürft Ihr die Wortformel aussprechen, die das Experiment beschließt. So, und nun wünsche ich Euch gutes Gelingen.«
    Damit verließ er mich. Ich war allein. Der Raum wurde nur durch eine einzelne Kerze, die in der Ecke stand, schwach erhellt. Das Halbdunkel bewirkte, dass man die Ecken des Raumes nicht mehr erkennen konnte.
    Was nun folgte, will ich nicht im Einzelnen beschreiben. Ich durchlebte einige schreckliche Augenblicke. Trotz allem, was mir Michel Dosseda erklärt hatte, erinnerte das Ganze doch sehr stark an Zauberei. Mir war dabei gar nicht wohl zumute.
    Ich nahm auf dem Stuhl Platz. Vor mir auf dem Tisch stand die Figur, das kleine bärtige Männchen. Ich sollte sie eine Weile stumm betrachten und dann die erste Wortformel aussprechen.
    Ich zögerte, weil ich fürchtete, dass sich irgendetwas Schreckliches ereignen würde. Schließlich nahm ich all meinen Mut zusammen und sprach das seltsame Wort aus, das mich der Meister gelehrt hatte. Nichts geschah. Doch gleich darauf hatte ich das Gefühl, als sei ich nicht mehr allein.
    Ich wartete einen Augenblick, dann sprach ich die nächste Formel aus. Jetzt schien mir, als wehe ein heißer Atem über mein Gesicht. Nachdem ich die dritte Wortformel ausgesprochen hatte, entstand ein Brausen in meinem Kopf, ähnlich der Brandung des Meeres. Dieses Brausen wurde immer stärker. Ich fürchtete die Besinnung zu verlieren. Plötzlich konnte ich nicht mehr richtig sehen. Schleier wehten vor meinen Augen und Nebel wallte auf, in dem farbige Funken tanzten.
    Plötzlich hatte ich furchtbare Angst. Einen Augenblick lang war ich unfähig, mir die seltsamen Worte ins Gedächtnis zurückzurufen, die ich als nächste aussprechen musste. Auch jene, die mich von diesem allen befreien und das

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