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002 - Der Hexenmeister

002 - Der Hexenmeister

Titel: 002 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
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vollbringen und die Menge auf uns aufmerksam machen. Ich hatte daran gedacht, ein Experiment im Freien durchzuführen, aber an einem völlig abgelegenen Ort, wo wir unbeobachtet sind. Vier bis fünf Kilometer von hier kenne ich ein einsames Tal, wo niemand hinkommt. Ich möchte mehrere der Figuren mitnehmen, die Kräfte, die ihnen innewohnen, alle zur gleichen Zeit arbeiten lassen, und zwar in der Nähe von toten Gegenständen wie Felsen, Erde, Bäume. Es würde mich interessieren, was dabei herauskommt.«
    »Unter diesen Umständen bin ich mit dem Vorschlag einverstanden«, sagte Jacques Vel.
    Auch wir anderen gaben unsere Zustimmung.
    »Danach werden wir einige komplizierte Experimente durchführen. Ich bin sicher, dass wir mit diesen unsichtbaren Kräften manches Übel beseitigen können. Auf irgendeine Weise wird man sie sicher auch in der Medizin nutzen können. Stellt Euch vor, wie herrlich es wäre, wenn wir unseren armen König von seiner Geisteskrankheit heilen könnten. Er würde wieder für Ordnung und Gerechtigkeit in unserem Land sorgen, das jetzt so schlecht regiert wird.«
    Diesen Traum hegte mancher für den armen König Karl VI., mit dem viele Mitleid hatten. Ich hatte ihn einmal in der Kathedrale Notre-Dame gesehen. Eine Weile hatte er dem Gottesdienst mit Andacht gelauscht, doch dann war er plötzlich aufgesprungen und hatte zu tanzen angefangen.
    Schon öfters hatte man bei Hofe versucht, ihn durch alle möglichen Wunderkuren zu heilen. Scharlatane und Hexenmeister hatten ihre Künste angeboten. Doch nie war etwas dabei herausgekommen, und die unglücklichen Großmäuler, die soviel versprochen hatten, waren dem Henker ausgeliefert worden.
    »Ja«, fuhr der Meister fort, »wir könnten soviel Gutes für die Menschheit tun, wenn unsere Versuche weiterhin von Erfolg gekrönt sind. Doch vorläufig müssen wir noch vorsichtig sein und dürfen von keinem Menschen gesehen werden.«
    Es wurde beschlossen, das Experiment am nächsten Tag durchzuführen. Michel Dosseda gab uns ganz genaue Anweisungen. Jeder von uns musste eine bestimmte Aufgabe bei diesem Versuch übernehmen. Der Meister traf seine Vorbereitungen immer mit größter Sorgfalt.
    Am folgenden Morgen ritt ich mit Patrick zusammen an den Ort, den Michel Dosseda uns beschrieben und den er für das Experiment ausgewählt hatte. Die anderen sollten uns teils mit der Kutsche, teils zu Pferd auf verschiedenen Wegen folgen. Wir wollten nicht unnötig Aufmerksamkeit erregen, indem wir uns in größeren Gruppen zu unserem Ziel begaben.
    Der von Michel Dosseda ausgewählte Ort schien mir für das Experiment ausgezeichnet geeignet. Es war ein unbebautes Tal zwischen zwei Hügeln. Ein Bach floss hindurch, mehrere Felsblöcke lagen auf den sanft ansteigenden Hängen. Hier und da stand ein alter Baum. Die Mulde schützte uns vor neugierigen Blicken, und es führte auch keine Straße in der Nähe vorbei. Bis zum nächsten Dorf brauchte man zu Fuß eine halbe Stunde. Der Meister war bereits mit Lionnel und Laura dort, als Patrick und ich eintrafen. Laura begrüßte mich mit einem strahlenden Lächeln, das mir das Herz erwärmte. Sie schien sehr bewegt. Auch die anderen Mitglieder unserer Gruppe trafen bald darauf ein.
    Der Meister stellte die Figuren, die er mitgebracht hatte, auf einen Stein. Dann sprach er die Wortformeln aus, durch die man die Kräfte in Tätigkeit setzte. Unsere Aufgabe war dabei, sobald er uns das Zeichen gab, weitere Formeln auszusprechen, um die Wirkung der seinen zu verstärken.
    Gleich darauf hörten wir in unseren Köpfen das wohl vertraute Brausen, das uns jedoch nicht mehr erschreckte. Die Luft war plötzlich erfüllt von einer unsichtbaren Kraft, die wir deutlich spürten. Und dann erlebten wir einige Dinge, auf die wir nicht vorbereitet waren. Zunächst sah ich, wie sich ein schwerer Felsblock, der etwa zwanzig Schritt von uns entfernt lag, aus der Erde löste, in der er bis zu einem Drittel seiner Höhe gesteckt hatte, und pfeilgerade in den Himmel stieg. Dann schwebte er auf Befehl des Meisters langsam auf den Rand der Mulde zu, gut zwanzig Meter hoch. Auf ein Zeichen des Meisters sprachen auch Hervé und ich unsere Formeln. Der Felsblock fiel mit dumpfen Schlag zu Boden und bohrte sich tief in die Erde.
    Das nächste Experiment war auch sehr merkwürdig. Sobald Jacques Vel und einige andere die entsprechenden Formeln ausgesprochen hatten, konnten wir beobachten, wie sich vor uns, auf eine Fläche von etwa zwanzig

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