002 - Die Angst erwacht im Todesschloss
etwas lange Nase
und die dünnen, scharf geschnittenen Lippen.
Crawley trat einfach in den Raum. Er hatte die Hände in den Manteltaschen
vergraben. »Er ist von der Polizei, daran gibt es keinen Zweifel. Ich hoffe nur
– in Ihrem eigenen Interesse – dass Sie nichts mit der Sache zu tun haben ...«
Der Duke schüttelte den Kopf und beeilte sich mit seiner Antwort. »Ich bin
mir keiner Schuld bewusst. Ich habe immer alles getan, was man von mir verlangt
hat.«
Seine Stimme klang bedrückt. Er schien immer mehr im Sessel zu
verschwinden.
Crawley antwortete: »Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Bedingungen,
unter denen wir zusammenarbeiten, noch verschärft werden. Sie müssen künftig
grundsätzlich jeden Besucher abwimmeln. Gäste im Schloss des Duke – das gibt es
ab heute nicht mehr! Vorerst bleibt jedoch abzuwarten, welche Verwicklungen das
Erscheinen dieses Mannes namens Larry Brent auslösen wird. Wir haben ihn
beseitigt! Sollten sich Schwierigkeiten ergeben, dann werden Sie die
Konsequenzen zu tragen haben. Ich denke, wir haben uns verstanden ...«
Es war wie immer. Der Mann stellte die Bedingungen, und der Duke of Huntingdon
gehorchte.
Ein leiser Aufschrei war an der Tür zu hören. Crawley wirbelte herum. Er
und seine beiden Begleiter, zwei stämmige Burschen, die Larry Brent
niedergeschlagen hatten, hielten sofort wie durch Zauberei ihre Schusswaffen in
der Hand.
Margarete, die jüngste Tochter des Duke, hatte sich unbemerkt genähert. Ihr
war der Schrei entfahren. Bleich wie der Tod eilte sie herein.
»Was machen sie mit dir, Dad?« fragte sie angsterfüllt. Wie ein Schatten
huschte sie durchs Zimmer.
Crawley fluchte. »Das nächste Mal sind Sie vorsichtiger, Miss. Es hätte
nicht viel gefehlt, und ich hätte geschossen. Ich bin heute Nacht nervös. Da
kann es leicht passieren, dass mein Zeigefinger verdammt schnell den Abzugshahn
durchzieht. Gehen Sie und trösten Sie Ihren Dad! Er hat es nötig. Sein Kopf
sitzt auf schwachen Schultern ...«
Die Männer lachten. Dann gingen sie.
Der Duke und Margarete waren allein.
»Die Lage ist ernst, Margarete. Ich bin an einem Punkt angelangt, wo sich
Resignation breitmacht. Ich fürchte nur noch um euch – um dich und Patricia.
Ich möchte mit euch zusammen sein. Am besten ist es, wir gehen in die
Bibliothek.«
Margarete weinte leise vor sich hin.
Der Duke strich tröstend über ihr seidiges Haar. »Vielleicht wird auch
alles gut«, sagte er rasch. »Sie sind mir böse, sind in Verwirrung geraten.
Vielleicht sollten wir diese Verwirrung nutzen ...«
Seine Stimme klang mit einem Mal fest.
»Aber Dad ...« Margaretes Worte waren ein einziger Aufschrei. Sie sah ihn
mit großen, erschreckten Augen an. Man sah ihr an, dass sie nichts davon hielt,
diesen Gangstern, die sich wie eine Schlangenbrut im Schloss eingenistet
hatten, Widerstand entgegenzusetzen.
»Wir haben viel falsch gemacht, Maggy«, fuhr der Duke leise fort. »Doch
vielleicht können wir manches wieder gutmachen. Wir müssen die Verwirrung
nützen. Das ist eine Chance für uns. Komm ...«
Auf Zehenspitzen gingen sie auf den stillen Gang. Der Duke öffnete
Patricias Tür und rief ihren Namen. Mehrere Male ganz leise. Niemand rührte
sich. Da trat der Mann ans Bett heran und schaltete das Licht der
Nachttischlampe ein.
Ihm stockte das Herz. Patricia war nicht da! Ihr Bett war unberührt ...
●
Das Flugzeug glitt über die bewegte Wasseroberfläche und näherte sich mit
abgeblendeten Lichtern der Küste. Der Pilot gab seinem einzigen Passagier das
verabredete Zeichen. Ein Plastikboot mit Außenbordmotor wurde ausgesetzt. Wenig
später folgte Iwan Kunaritschew. Der russische PSA-Agent sprang federnd ins
Boot. Alles klappte wie am Schnürchen. Niemand beobachtete ihn.
Iwan warf den Außenbordmotor an und entfernte sich von dem Wasserflugzeug.
Er winkte in die Dunkelheit und sah in der beleuchteten Kabine den Piloten ihm
ebenfalls zuwinken. Dann zog das Wasserflugzeug eine weite Schleife und nahm
langsam Fahrt auf.
Die Küstenwache war unterrichtet. Eine Sondermeldung des britischen
Innenministeriums hatte darauf hingewiesen, dass noch vor Morgengrauen ein
Flugzeug in Küstennähe wassern würde. Detaillierte Angaben waren nicht erfolgt.
Iwan Kunaritschew war dick angezogen. Er beugte sich tief hinter die
gebogene Schutzscheibe, die den Wind abhielt. Leichter Nieselregen fiel, und
dichte Nebelschwaden zogen über ihn hinweg.
Kurz vor der Landung war Iwan auf eine stark
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