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0020 - Im Landhaus der Schrecken

0020 - Im Landhaus der Schrecken

Titel: 0020 - Im Landhaus der Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Hecktür des Totenwagens. Auf dem gerippten Aluminiumboden stand ein schwarzer Sarg mit silbernen Beschlägen. Ein kurzes Poltern war zu hören, und dann begann sich der Sargdeckel Millimeter um Millimeter zu heben. Langsam vergrößerte sich der Abstand zum Boden auf mehrere Zoll.
    Graue Dämpfe stiegen aus dem Sarginnern, und mit ihnen kroch eine dicke, fette, häßliche schwarze Spinne heraus. Das handtellergroße Insekt mit den kalt glänzenden Augen krabbelte aus dem Leichenwagen. Es ließ sich an seinem fein gesponnenen Faden auf die Fahrbahn hinab und überquerte diese so schnell, daß man ihr mit den Augen kaum folgen konnte.
    Mit einem dumpfen Knall fiel die Hecktür des Leichenwagens zu.
    Knurrend kam der Motor.
    Das Fahrzeug fuhr an und rollte mit geringer Geschwindigkeit die Straße entlang. Bald war es aus dem Blickfeld verschwunden.
    Zurückgeblieben war eine widerliche, behaarte Spinne, die nun langsam an der Fassade des Glas-Beton-Gebäudes hinaufkroch…
    ***
    »Ich kann es immer noch nicht fassen«, sagte der Makler Steve Murphy kopfschüttelnd zu John Sinclair und Suko, die ihm in seinem modern und zweckmäßig eingerichteten Besprechungszimmer gegenübersaßen. Der dunkelbraune Nadelstreifenanzug lag eng um seine schmale Taille. »Wir hatten uns so gut unterhalten, Jacqueline und ich. Sie sprach unter anderem von einer Liegenschaft, die sie zu verkaufen gedachte. Ich machte ihr das Angebot, mich um die Sache zu kümmern, und wir waren uns im Prinzip einig.«
    »Ein recht nüchternes Gespräch für eine Silvesterparty, finden Sie nicht?« fragte John.
    »Wir haben natürlich nicht nur über geschäftliche Dinge gesprochen«, sagte Murphy lächelnd. Aus dem Nebenzimmer war das Geklapper einer elektrischen Schreibmaschine zu hören. Dort schrieb Murphys Sekretärin die Briefe, die ihr der Makler im Laufe einer Stunde diktiert hatte.
    »Worüber haben Sie mir Mrs. Flagg sonst noch gesprochen?« wollte Suko wissen.
    »Zunächst redeten wir über ihren Mann. Den Ärmsten hat ein tragisches Schicksal ereilt, wie Sie wissen. Jacqueline war über seinen Tod noch nicht ganz hinweg. Sie drohte in eine tiefe Melancholie zu verfallen. Es kostete mich sehr viel Mühe, sie davon zu überzeugen, daß ihr Mann sich bestimmt freuen würde, wenn sie sich ein wenig amüsiert. Wir tranken einige Gläschen zusammen. Das tat ihr gut. Sie wurde allmählich etwas gelöster. Doch plötzlich war mir, als hätte ich gesehen, wie sie erschrak.«
    »Sie erschrak ohne Grund?« fragte John Sinclair aufhorchend.
    Der Makler wiegte den Kopf. »Nun, vielleicht ist erschrecken nicht das richtige Wort, Oberinspektor…«
    »Wie haben Sie es bemerkt?« fragte Suko. »Zuckte Mrs. Flagg heftig zusammen? Veränderte sich ihre Miene? Der Ausdruck ihrer Augen?«
    »Sie war auf einmal irgendwie fahrig«, erinnerte sich Steve Murphy. »Wie soll ich Ihnen das erklären? Jacqueline war plötzlich nicht mehr richtig bei der Sache.«
    »Kann sie jemanden entdeckt haben, der diese Reaktion bei ihr hervorrief?« fragte John.
    »Schon möglich.«
    »Ich welche Richtung blickte sie, als sie erschrak?« forschte John Sinclair weiter.
    »Ich hatte den Eindruck, sie würde ins Leere starren«, antwortete Murphy.
    »Sprachen Sie sie darauf nicht an? Fragten Sie sie nicht, was mit ihr los wäre?« wollte Suko wissen.
    »Das wollte ich, aber da bat sie: ›Wenn Sie mich einen Moment entschuldigen wollen.‹ Ich sagte: ›Aber selbstverständlich.‹ Und sie: ›Ich bin gleich wieder hier.‹ Dann stellte sie ihr Glas auf den Kaminsims und verließ die Halle. Mir kam sie vor wie eine Schlafwandlerin. Ich hatte den Eindruck, sie würde sich wie in Trance bewegen.«
    Johns Blick wurde stechend. »Warum haben Sie mir davon nicht gleich in jener Nacht erzählt, Mr. Murphy?«
    »Mein Gott, wir waren doch alle so maßlos durcheinander. Nachdem das mit Jacqueline passiert war, konnte ich doch keinen klaren Gedanken fassen. Da unterhält man sich mit einem Menschen. Er entschuldigt sich für einen Moment und kommt nicht mehr wieder, weil er das Opfer eines schrecklichen Monsters wurde. Mir kam erst gestern, im Laufe des Tages, zum Bewußtsein, was ich bemerkt hatte.«
    »Warum haben Sie mich nicht sofort angerufen?« fragte John vorwurfsvoll.
    »Ich dachte, das wäre nicht weiter von Bedeutung. Oder bringt es Sie in Ihren Ermittlungen voran?«
    John überhörte die Gegenfrage. Nachdenklich sagte er: »Jacqueline Flagg muß also einen Befehl von draußen empfangen

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