0022 - Die Hexe von Java
werde ich den Anfang machen!«
Er wies auf Henry Colfax, der sich verzweifelt in seinen Fesseln wand.
Tari kicherte begeistert und rieb sich die Hände.
»Mein Werk!« flüsterte sie ihren Getreuen zu. »Daß Wahadin unter uns weilt, das ist mein Werk! Natürlich fällt von diesem schwarzen Glanz auch etwas auf euch ab, denn ihr habt an mich geglaubt…« Ihr Gesicht nahm einen bösen Ausdruck an. »Nicht wie Proto!« zischte sie. »Proto war ein Zweifler! Er hat seine Strafe dafür bekommen!«
Wahadin breitete die Arme aus. Tari blickte ergeben zu ihm auf.
Ihr Platz war nun nicht mehr dort oben auf dem Felsblock.
Sie kannte ihren Rang, und solange Wahadin lebte, hatte sie dort oben nichts verloren. Nur der Satan bestimmte Wahadins Lebensdauer.
Der gläserne Körper des Diakons war mit einemmal von einem grellen Feuerschein umgeben.
Die Flammen des Unheils und der schwarzen Macht hüllten ihn ein. »Tari!« knurrte der Diakon.
»Ja, Meister.«
Wahadin starrte Henry Colfax mit mordlüsternem Blick an. »Bring mir den Zeremoniendolch!«
»Mit dem größten Vergnügen, Meister!« kicherte die Hexe. Sie wandte sich um und eilte durch den verfallenen Dschungel-Tempel.
Viele Jahre war der Zeremoniendolch nicht mehr benutzt worden. Wahadin hatte ihn vor Taris Zeit verwendet.
Als sein Ende kam, hatte er mittels Teleportation den Dolch in Sicherheit gebracht. Sonst hätten die Mormonen auch die Zauberkraft, die sich in ihm befand, vernichtet.
Der Dolch war nach Wahadins Tod durch viele Hände gegangen. Nur Menschen übelsten Charakters hatten ihn berührt. Auf diese Weise war er eines Tages in Taris Hände gekommen. Sie hatte ihn nicht mehr weitergereicht, denn sie war sicher gewesen, daß ihr Wahadins Befreiung gelingen würde. Erst dann sollte der Diakon des Teufels seinen Geisterdolch wiederhaben.
Die Hexe erreichte eine von Unkraut umwucherte Mauernische. Sie griff hinein. Ihre Finger berührten das kalte Metall.
Ihr war, als bekäme sie einen elektrischen Schlag. Sie war mächtig aufgeregt. Endlich! Endlich war es soweit! Endlich durfte sie Wahadin den Zeremoniendolch überreichen. Ihre Hand krampfte sich um den Griff des Dolches.
Sie nahm ihn an sich.
Spinnweben hingen an ihm. Tari fegte sie schnell fort und drehte sich mit fanatisch funkelnden Augen um.
Ein geheimnisvolles Feuer tanzte auf der langen, gekrümmten Dolchklinge. Ein häßlicher Garuda-Vogel war darin eingraviert. Seine Rückenfedern sahen wie die gezackten Rückenschuppen eines Drachens aus.
Mit bedächtigem Schritt kehrte Tari zum Opferstein zurück. Sie war sich der Wichtigkeit dieses großen Augenblicks bewußt.
Ihre Getreuen sanken auf die Knie. Sie berührten mit den Handflächen den Boden und stellten auf diese Weise den geistigen Kontakt mit der Unterwelt her.
Tari blieb vor dem gewaltigen Stein stehen.
»Meister, der Dolch«, sagte sie heiser.
»Gib ihn mir!« verlangte Wahadin mit herrischer Stimme.
»Ich habe ihn für dich aufbewahrt, denn ich wußte, daß du eines Tages in diesen Tempel zurückkehren würdest!« sagte Tari stolz.
Der Diakon streckte die gläserne Hand aus.
Tari überreichte ihm den Zeremoniendolch. Sie sank ebenfalls auf die Knie, um die Kräfte des Schattenreiches durch ihren jungen Körper strömen zu lassen.
Henry Colfax lag wie erstarrt auf dem Rücken. So viele unvorstellbare Dinge passierten. Er hatte längst begriffen, daß er hier nicht bloß in eine Teufelssekte geraten war, deren Mitglieder irregeleitete Menschen waren. Allenfalls waren Taris Getreue Menschen, die darauf hofften, demnächst von der Hölle zu Hexen und Hexern gemacht zu werden. Aber Tari und der Diakon waren Auserwählte des Satans, ausgestattet mit einer Vielzahl von Fähigkeiten, gegen die ein gewöhnlicher Sterblicher nicht ankam.
Immer noch fragte sich Colfax, wie er hierhergekommen war.
Der Faden war im Hotelzimmer abgerissen.
Doch nun tauchten Erinnerungsbruchstücke aus der Versenkung auf, die ihm ins Gedächtnis zurückriefen, was weiter geschehen war.
Colfax sah sich im Bad.
Jemand legte ihm die Hand auf die Schulter. Er dachte, es wäre Katherin, aber es war Wahadin gewesen.
Nach diesem furchtbaren Schock hatte er sich verzweifelt gegen den Diakon des Teufels zur Wehr gesetzt. Er hatte gekämpft wie ein Löwe, obwohl ihn eine panische Angst mit unsichtbaren Händen zu erdrosseln versuchte.
Es war ihm nicht möglich gewesen, Wahadin zu besiegen.
Der Diakon des Teufels hatte ihn mit grausamer Härte
Weitere Kostenlose Bücher