0022 - Thoras Flucht
darum ist es wert, zu leben."
Sie folgten eine kurze Strecke dem niedergewalzten Spurenpfad des Sauriers, dann bog Rabow nach rechts ab. Er hatte von dem Gespräch kein Wort begriffen und mußte seine drei Begleiter für übergeschnappt halten, aber er hütete sich, Fragen zu stellen. Sie standen bald vor der steilen Wand und begannen, sie zu ersteigen. Sie folgten einem gut ausgetretenen Pfad und erreichten bereits nach zwei Stunden den Rand des Plateaus.
Rabow sah sich vorsichtig um, aber er schien nicht das zu finden, was er suchte. Ein wenig ratlos wandte er sich an Rhodan.
„Die Wachtposten - sie sind nicht da. Das ist merkwürdig. Hier haben sonst immer zwei Männer gestanden."
„Wie weit ist es bis zu Tomisenkows Lager?" fragte Rhodan. Er hatte den Strahler in den Gürtel zurückgeschoben.
„Zehn Minuten, mehr nicht."
„Gehen wir."
Die Tatsache, daß sie auf keine Posten trafen, beunruhigte Rabow allem Anschein nach sehr. Er konnte nicht begreifen, wieso Tomisenkows Wachsamkeit plötzlich nachgelassen hatte. Der General war doch sonst das personifizierte Mißtrauen.
„Dort hinter den Felsblöcken stehen die ersten Häuser", murmelte Rabow und wollte noch etwas hinzufügen, aber die sich überstürzenden Ereignisse der nächsten Sekunden hinderten ihn daran. Es war, als explodiere die Hölle. Ein schrilles Jaulen sorgte dafür, daß Rhodan und seine beiden Gefährten sich blitzschnell zu Boden fallen ließen. Rabow hingegen war nicht schnell genug. So wie er stand, fing er die Garbe eines irgendwo in den Büschen verborgenen Maschinengewehrs auf, schwankte zwei oder drei Sekunden unschlüssig hin und her, ehe er in sich zusammensank.
Rhodan wußte, daß sie nun ohne Führer waren und den Weg zu Thora allein finden mußten. Aber er wußte auch noch etwas anderes ...
Ein stechender Schmerz durchzuckte seine rechte Schulter, und ihm war, als habe jemand ein glühendes Eisen durch sie gestoßen. Noch während er sich hingeworfen hatte, war er von einem Geschoß getroffen worden.
General Tomisenkow mußte seine Truppen im Dorf zusammengezogen und eine automatisch arbeitende Verteidigungsanlage eingeschaltet haben. Das bedeutete, daß niemand sich dem Dorf nähern konnte, ohne zusammengeschossen zu werden. Marshall wußte längst, was geschehen war. Er sprang trotz der schwirrenden Kugeln zu Rhodan und untersuchte ihn.
„Nur eine Fleischwunde. Aber hier müssen wir raus. Okura, helfen Sie mir." Rhodan stöhnte, aber er unterstützte Marshall und den Japaner, als sie ihn einige Meter zurückzerrten. Und wie durch ein Wunder verstummte sofort das höllische Feuer der überall versteckten Maschinengewehre. Sie hatten die Sperrzone bereits wieder verlassen.
Rabow war tot. Ihm war nicht mehr zu helfen, und immerhin war es ihm erspart geblieben, sich zwischen Tomisenkow und Wallerinski entscheiden zu müssen. Die beiden Männer waren froh, als Rhodan erklärte, selbst gehen zu können. Sie nahmen ihn in die Mitte und trachteten danach, einen möglichst großen Zwischenraum zwischen sich und die heimtückische Todesfalle zu bringen. Dagegen blieben selbst die Impulsstrahler wirkungslos, weil man kein Ziel erkennen konnte. Weit hinter ihnen hörten sie Kommandos. Männer riefen, ein einzelner Schuß krachte. Dann war Ruhe.
„Bleiben wir auf dem Plateau?" wollte Marshall wissen. Rhodan verbiß seine Schmerzen. „Nach rechts ist Wald genug, dort finden wir vorerst Schutz. Können Sie nicht feststellen, was die Männer vorhaben? So groß ist die Entfernung doch nicht."
„Später, wenn ich mehr Ruhe zur Konzentration habe", vertröstete Marshall Rhodan. „Wir müssen Sie zuerst in Sicherheit bringen und die Wunde verbinden."
Rhodan zog es vor, keine Antwort zu geben. Er wußte, daß er sich auf seine Gefährten verlassen konnte, außerdem mußte er seine Kräfte schonen.
Sie drangen weit in den nicht allzu dichten Urwald ein und fanden schließlich einen gigantischen Baum, der so von Schlinggewächsen eingesponnen war, daß er leicht zu erklettern sein mußte. Rhodan schaffte es fast ohne Hilfe, denn er benötigte nur die linke Hand, um sich Stück für Stück in die Höhe zu arbeiten. Zwanzig Meter über dem Boden des Urwaldes fanden sie einen geeigneten Platz. Ein sehr breiter und abgeflachter Ast hing fast waagrecht von dem Baumriesen weg und verlor sich im Gewirr der Nachbaräste. Ein Vorhang aus urweltlichen Lianen bot Schutz nach allen Seiten. Sie hatten eine natürliche Baumhütte gefunden, die
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