0024 - Wir gruben ihm das Wasser ab
stehen. Ich klemmte mich in den Jaguar.
Vier Minuten musste ich fahren, bis ich die nächste Kneipe erreicht hatte, die stadteinwärts lag. Der Wirt wollte mich nicht ans Telefon lassen. Er hätte keine öffentliche Fernsprechzelle.
Ich sah ihn an.
Er ging erschrocken einen Schritt zurück. Aber dadurch stand er genau vor dem Telefonapparat. Ich schob ihn mit der linken Hand beiseite. Er brüllte irgendetwas. Zwei Gestalten von der Theke kamen langsam auf mich zu.
Mir' war nicht nach Erklärungen zumute. Ich nahm den Hörer und drückte den Sprechknopf nieder, denn es war einer von den alten Apparaten.
»Emergency Call. Emergency Call«, sagte ich zweimal.
Notruf. Notruf. Wenn Sie dieses Wort bei uns in ein Telefon sagen, können Sie sicher sein, dass sämtliche störenden Gespräche in den Leitungen für Sie unterbrochen werden.
»Ja, bitte?«, meldete sich eine weibliche Stimme vom Amt.
»Bitte, sofort die Zentrale der Headquarters der City Police New York. Dringend. Emergency Call.«
In acht Sekunden hatte ich die Verbindung. Ich wusste, dass Miller einen Dienstapparat ins seiner Wohnung hatte.
»Geben Sie mir den Leiter der ersten Mordkommission, Lieutenant Miller.«
»Jetzt mitten in der Nacht?«, fragte eine biedere Polzistenseele.
»Emergency Call.«
»Ach so. Das ist natürlich etwas anderes. Ich verbinde.«
Vierzig Sekunden vergingen. In der Kneipe war Totenstille, seit die Leute mein »Emergency Call« gehört hatten. Endlich vernahm ich Millers verschlafene Stimme.
»Cotton. Miller, alarmieren Sie sofort Ihre Mordkommission. Kommen Sie damit in die 158. Straße, weit draußen liegt die Hausnummer 167. Sie werden das Häuschen nicht sehen, weil es hinter einer hohen Hecke kaum zu erkennen ist. Achten Sie nur darauf, wo mein Jaguar am Straßenrand steht.«
»Verfluchter Mist«, schimpfte er, fügte aber schnell hinzu:
»Okay. Ich mach mich sofort auf den Weg.«
Ich warf den Hörer auf die Gabel und suchte meine Geldbörse. Der Wirt wehrte ab und schob mir gleichzeitig ein Wasserglas über die Theke, das halb voll purem Whisky war.
»Für Sie, Mister Cotton«, sagte er mit verlegenem Grinsen.
Ich stutzte einen Augenblick. Dann trank ich das Zeug. Gebrauchen konnte ichs.
Ich tippte an die Hutkrempe, während ich zur Tür ging.
»Vielen Dank. Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Mister Cotton«, riefen der Wirt und ein paar Männer an der Theke gleichzeitig.
Ich brauste zurück zu Phil. Eine knappe halbe Stunde später kam die Mordkommission mit ihrem üblichen Wagenpark bei heulenden Sirenen.
Der Routine-Rummel fing wieder an. Jetzt schon zum vierten Mal, seit dieser verdammte KING auf getaucht war.
***
Es mochte vier Uhr früh sein, als wir den ersten Überblick hatten. Joan Lancer-Cruseday hatte an diesem Abend zweifellos ausgehen wollen. Auf dem Bett in ihrem Schlafzimmer lag ein Abendkleid mit der dazugehörigen Wäsche. Auch die passenden Schuhe standen schon bereit, und auf dem Toilettentisch fanden wir sogar passenden Schmuck zurechtgelegt. Also hatte Joan Lancer-Cruseday unsere Verabredung einhalten wollen.
Es schien so. Denn der Arzt ermittelte als Zeit für ihren Tod die Stunde zwischen sechs und sieben. Sie war also gar nicht mehr dazu gekommen, ihre Verabredung einzuhalten.
Fingerabdrücke wurden keine gefunden. Ich hätte die Mordkommission also ebenso gut von dem Telefon in Joans Wohnzimmer anruf en können. Aber ich hatte ja vorher nicht wissen können, dass ich keine Fingerabdrücke zerstören konnte, weil keine da waren.
Das Gesamtresultat war so mager, wie man es bei den King-Morden nun schon fast gewöhnt war.
Allerdings fanden wir mehrere Fotoalben in einem kleinen Schreibtisch. Als wir sie durchblätterten, stießen wir auf ein Bild, das Joan an der Seite des strahlenden Rian Morre zeigte. Und etwas später kam ein Bild, wo Beverly die Frau in den Armen hielt.
Wir kratzten uns bedächtig hinter den Ohren. Was hatte das nun zu bedeuten?
Einmal Morre - einmal Beverly. Morre lebte und Beverly war tot. Welchen Zusammenhang gab es hier, wenn es überhaupt einen gab?
Lauter Fragen. Nichts als Fragen. Und keine einzige befriedigende Antwort.
»Hören Sie, Cotton, ich bin es leid«, sagte Miller. »Ich kaufe mir jetzt diesen Morre. Und ich werde ihm zusetzen, bis er ein Geständnis ablegt. Und wenn ich ihn sechsunddreißig Stunden lang pausenlos ins Kreuzverhör nehmen müsste.«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Meinetwegen - aber - wenn der Hinkende kein Alibi für den
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