0024 - Wir gruben ihm das Wasser ab
Offenbar hatte mein Jaguar bei ihm Eindruck geschunden.
Wir benahmen uns wie Söhne von schwer reichen Leuten. Mit blasierten Gesichtem erklärten wir, dass wir nur mit der Chefin verhandeln möchten. Es dauerte eine Weile, dann wurden wir in ein supermodernes Büro gebeten.
Eine leidlich hübsche Frau von etwa dreißig Jahren empfing uns und stellte sich als Miss Joan Lancer-Cruseday vor, nachdem wir zwei Phantasienamen genannt hatten.
Ich hüstelte und erklärte leise mit vornehm gedämpfter Stimme: »Wir benötigen ein gutes Kleid für eine uns bekannte Dame. Es soll eine Überraschung werden. Natürlich kommt nur das Beste infrage.«
Mein Zweck wurde erreicht. Die Frau griff nach einem Block, der mit Spalten und Aufteilungen bedruckt war.
»Natürlich, meine Herren. Um was für ein Kleid soll es sich handeln? Abendkleid? Cocktailkleid? Nachmittagskleid? Oder vielleicht was Duftiges für den Vormittag? Oder…«
Phil fiel ihr mit der unschuldigsten Miene der Welt ins Wort und erklärte ungerührt: »Badeanzug.«
Ich musste mir auf die Zunge beißen, sonst wäre ich in ein brüllendes Gelächter ausgebrochen. Die Dame hakte sofort ein.
»Badeanzug? Bitte sehr. Wir haben Maßanfertigungen für jede Figur aus nur erstklassigen Materialien. Die Preise kommen sich auf etwa vierhundert bis…«
Ich winkte lässig ab.
»Abendkleid und Badeanzug«, sagte ich entschieden.
»Haben Sie die Maße da?«
Ich nickte. Gut dass ich daran gedacht hatte. Ich diktierte nach den Notizen meiner weiblichen Kollegin die Antworten auf ihre Fragen nach Taillenweite, Oberweite usw. Ihr Stift huschte geschäftig über den Block. Zwischendrin wurde die viel beschäftigte Dame sechsmal von Sekretärinnen nach irgendwas gefragt, viermal am Telefon verlangt und einmal von einer Zu-Schneiderin um Rat gebeten. Ihr Büro nahm sich aus wie das Hauptquartier einer im Einsatz stehenden Armee.
Als sie das vorgedruckte Formular mit den Maßen ausgefüllt hatte, schrieb sie unten in eine Ecke: »J. L. C.« Ich hatte ihr beim Schreiben ständig zugesehen. Kein Zweifel, das war die gleiche Schrift wie die auf dem Brief, der bei Beverlys Mutter angekommen war.
Okay, jetzt konnten wir unsere Karten aufdecken.
Ich zückte meinen Ausweis, als gerade mal niemand außer uns im Zimmer war, hielt ihn ihr hin und sagte: »Lassen wir das Theater. Bundespolizei. Wir möchten ungestört mit Ihnen sprechen.«
Sie erschrak, aber sie hatte sich ausgezeichnet in der Beherrschung.
»Was wollen Sie?«
Ich entschied mich dafür, sie zu bluffen. Bei der Beherrschung, die sie zeigte, musste man ihr etwas Kräftiges unter die Nase setzen, wenn man sie aus dem Konzept bringen wollte.
»Beverly war nicht gleich tot«, sagte ich leise. »Er starb erst, nachdem wir mit ihm gesprochen hatten. Er sagte, dass Sie…«
Ich machte eine völlig undeutbare Handbewegung.
Ausgerechnet in dieser Sekunde kam wieder einer von diesen Büroengeln herein. Sie fragte irgendetwas und verschwand wieder.
Joan Lancer-Cruseday fasste sich mit einer müden Gebärde an die makellos gepuderte Stirn.
»Ich wusste, dass es so kommen würde«, sagte sie. »Bitte, nicht hier. Sie sehen ja, dass ich dauernd gestört werde. Ich kann es auch nicht abstellen, wenn ich den Geschäftsgang aufrecht erhalten will. Heute Abend in Quinos Weinstube in der Fifth Avenue, einverstanden?«
Ich dachte einen Augenblick nach, dann schnipste ich mit dem Finger.
»Okay. Sagen wir acht Uhr. Wenn Sie bis halb neun nicht eingetroffen sind, kommen wir wieder. Aber dann in ihre Wohnung. Und mit einem Haftbefehl.«
»Nein, nein, ich komme bestimmt.«
Wir verdrückten uns.
Phil zog draußen den Zettel aus der Tasche, den sie mit den Maßen unserer Kollegin ausgefüllt hatte.
»Den Beweis dafür, dass ihre Schrift mit der auf Beverlys Brief identisch ist, haben wir jedenfalls jetzt in der-Tasche«, grinste er unverfroren.
»Auf Diebstahl stehen sechs Wochen bis vier Jahre«, erklärte ich trocken. Aber ihn rührte das nicht im Leisesten.
Auf die zahllosen Leute auf den Bürgersteigen achteten wir nicht eine Spur. Warum auch?
***
Am Spätnachmittag erlitt Phils Theorie, die er am Abend zuvor vorgetragen hatte, ihren ersten, allerdings noch ziemlich leichten Stoß.
Das Fernschreiben aus Washington kam mit der Identifizierung der von uns eingesandten Fingerabdrücke.
Die Prints auf dem Brief an Velucca mit dem verräterischen Satz: Wenn du nicht zahlst, könnte es dein Pech sein, stammten eindeutig von
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