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0026 - Die Braut des Henkers

0026 - Die Braut des Henkers

Titel: 0026 - Die Braut des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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wollte sie sich verstecken. Dort wäre sie auch hinlänglich geschützt.
    Sie zog sich so weit zurück wie es ging.
    Zitternd harrte sie der Dinge, die da kommen sollten. Dabei griff sie unbewusst nach dem Amulett, das sie sich um den Hals gehängt hatte, und umkrampfte es so stark, dass die Knöchel an ihren Fingern weiß hervortraten.
    ***
    Die Leute, die um Zamorra herumstanden, tuschelten leise. Zamorra merkte, dass er der Gegenstand ihrer Unterhaltung war. Und ihm fiel ein, was Ophelia ihm geraten hatte, nämlich, sich von den Einwohnern des Dorfes fern zu halten.
    Ein eisiger Schreck durchzuckte ihn.
    Was wäre, wenn dieser Unheimliche in seinem alten Haus am Rand des Platzes schon über ihn Bescheid wusste?
    Er musste ihn sofort aufsuchen.
    Er löste sich von dem schrecklichen Anblick und wandte sich zum Gehen.
    Die Gespräche verstummten. Schweigend bildeten die Neugierigen eine Gasse. Zamorra ging hindurch, ohne nach rechts oder links zu schauen. Als er sich ein Stück von der Gruppe entfernt hatte, blickte er sich suchend um.
    Das Haus fiel ihm sofort ins Auge. Es war ein zweigeschossiger Bau, der, wie Ophelia es beschrieben hatte, dicht mit Efeuranken überwuchert war.
    Dort sollte also dieser Unheimliche leben, von dem Ophelia sagte, dass er das ganze Dorf verhext hätte. Zamorra fragte sich, ob sie denn die Einzige gewesen war, die das bemerkt hatte. Wahrscheinlich, denn es hatte sich sonst niemand dagegen gewehrt.
    Zielstrebig schritt Zamorra darauf zu.
    Hinter einem der Fenster im ersten Stock glaubte er eine Bewegung erkennen zu können. Doch er konnte sich ebenso gut getäuscht haben und seine überreizten Nerven hatten ihm einen Streich gespielt.
    Die Eingangstür lag zu ebener Erde.
    Er nahm das Henkerbeil von der Schulter, schaute noch einmal in die Runde, ob ihm von irgendeiner Seite Gefahr drohte, dann klopfte er laut und vernehmlich.
    Es dauerte einige Sekunden, doch schließlich, wie von Geisterhand bewegt, schwang die Tür zur Seite.
    Dahinter tat sich ein dunkler Gang auf, in dem Zamorra nichts erkennen konnte, so finster war er.
    Modrige Luft schlug ihm entgegen, und sein Instinkt sagte ihm, dass er am Ziel war.
    Jetzt hieß es nur noch, den Geheimnisvollen zu Gesicht zu bekommen.
    Entschlossen betrat Professor Zamorra den Hausflur.
    Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, und er konnte eine Treppe erkennen, die hinaufführte in den ersten Stock.
    Er wollte gerade hingehen, um die Treppe zu betreten, da hatte er plötzlich das Gefühl, als würde etwas in seine Gedanken eindringen.
    Unwillkürlich und rein reflexartig zuckte seine Hand zur Brust.
    Aber da fiel ihm ein, dass er das Amulett ja hatte zurücklassen müssen.
    Schutzlos war er der fremden Macht ausgeliefert!
    Verzweifelt versuchte er, einen klaren Kopf zu behalten. Er bemühte sich mit aller Kraft, die fremde Macht aus seinen Gedanken zu vertreiben.
    Er nahm die erste Stufe, die zweite, die dritte.
    Dann konnte er nichts mehr denken. Die Treppe verschwamm vor seinen Augen, wurde zu einem Gebilde aus Gummi, das sich hin- und herwand wie eine Schlange. Die Schlange bekam plötzlich einen Schädel. Eine lange Zunge schoss auf Zamorra zu. Er ließ das Henkerbeil fallen.
    Polternd fand es seinen Weg nach unten in die Vorhalle, wo es klirrend auf den Steinboden prallte und liegen blieb.
    Zamorra erinnerte sich an den silbernen Dolch. Er wollte unter seinen Pullover greifen, die Waffe hervorziehen.
    Doch er konnte sich auf einmal nicht mehr rühren. Alle Glieder waren wie gelähmt. Er schnappte nach Luft, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Eine stählerne Klammer hatte sich um seine Brust gelegt.
    Er strengte sich an, sie mit der Kraft seines Denkens zu sprengen.
    Die Klammer wurde nur noch enger, presste ihn zusammen, drohte ihm das Leben aus dem Körper zu drücken.
    Keuchend hielt sich der Professor am Geländer fest.
    Gleich musste es vorbei sein. Gleich würde er den Zwang abschütteln und wieder atmen können.
    Doch die Hoffnung war vergebens.
    Rote Kreise tanzten vor seinen Augen. Sein Gesicht lief blau an.
    Ein letzter klarer Gedanke zuckte durch seinen Kopf. So würde er dann in einem Jahrhundert untergehen, dass lange vor seiner Zeit lag. Spurlos wäre er verschwunden, und es wäre so, als hätte es ihn nie gegeben.
    Noch einmal raffte er sich auf, wollte sich umwenden, um zu fliehen.
    Da wurde sein Blick durch eine Bewegung über ihm gefangen.
    Eine Tür tat sich auf. Lichtschein ergoss sich über die Treppe.

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