0027 - Das Leuchtturm-Monster
Wahrscheinlich hingen sie wieder an der Decke.
Mit Schaudern dachte ich an den Rückweg.
Meine Kondition und auch die von Suko war zwar nicht die schlechteste, doch mittlerweile spürte ich die Anstrengung in meinen Knochen. Meine Beine wurden immer schwerer, auch ging unser Atem nicht mehr so gleichmäßig.
An der Wand entdeckte ich eine schmale Luke. Ich blieb stehen und schaute durch den Spalt nach draußen.
Etwas mehr als die Hälfte der Strecke, so schätzte ich, hatten wir erst geschafft. »Nur nicht nachlassen«, sagte Suko. »Du weißt doch, Indianer kennen keinen Schmerz.«
»Ha, ha.«
Wir stiegen weiter und hörten auf zu reden, um Energie zu sparen.
Ich leuchtete immer wieder in die Höhe, und endlich sah ich unser Ziel im Licht der Lampe auftauchen.
Der Stahl eines breiten von links nach rechts laufenden Geländers reflektierte das Licht.
»Geschafft«, kommentierte Suko.
Wir überwanden auch die letzten Stufen, standen dann im Innern des Turms auf einer Eisenplattform und sahen die beiden Türen, die links und rechts nach draußen führten.
Ein mit Holz verkleideter Verschlag erweckte meine Aufmerksamkeil. Ich entdeckte auch eine schmale Klappe, die ich hochheben konnte.
Dahinter stand ein uralter und verstaubter Generator, wie er in früheren Jahren zur Stromerzeugung benutzt wurde. Die Spulen waren verdreckt, die Isolierung zum Teil abgerissen. Alles war längst außer Betrieb. Ich ließ die Klappe zurückfallen. Suko erkundigte sich, was ich gefunden hatte.
»Einen Generator. Damit haben sie früher den Strom für die Warnanlage erzeugt.«
Mein chinesischer Partner nickte nur.
»Sehen wir uns mal draußen um?« fragte er.
»Sicher.«
Wir nahmen die von uns aus gesehen linke Tür. Verschlossen war sie nicht. Kaum hatten wir sie spaltbreit geöffnet, fegte schon der Wind in den Turm und riß uns die Tür fast aus der Hand.
Suko schimpfte, stemmte die Tür auf und betrat als erster die Plattform. Ich folgte ihm und stemmte mich ebenfalls gegen den Wind, der unsere Kleidung knattern ließ und mir sofort die Kapuze in den Nacken fegte.
Die Plattform ächzte unter unseren Schritten. Ebenso das Geländer, das sich rings um die Plattform zog.
Über uns befanden sich die großen Warnlampen, deren Schein in früheren Zeiten weit über das Meer leuchtete und den Schiffen den Weg wies.
Jetzt waren die Lampen verdreckt.
Das Nachtglas befand sich in meiner rechten Tasche. Ich wollte es gerade hervorholen, als Suko einen überraschten Ruf ausstieß.
Ich blieb stehen. Suko leuchtete mit der Lampe, und ich verfolgte mit meinen Blicken den Schein.
Der Lichtstrahl traf auf eine Gestalt, die eng an die rissige Mauer gepreßt auf der Plattform saß.
Es war ein Mädchen.
Diane Keaton!
***
Die Überraschung war wohl auf beiden Seiten groß. Ich sprach jedoch als erster. »Was machen Sie denn hier?«
Sie gab keine Antwort.
»Du kennst sie?« wollte Suko wissen.
»Ja, es ist Diane Keaton.« Ich ging näher.
Das Mädchen schaute mich aus seinen dunklen Augen an. Im Schneidersitz hockte sie auf dem Boden, das lange Haar lag auf ihren schmalen Schultern und umrahmte das blasse Gesicht.
Der Himmel war dunkel geworden. Dicke Wolken trieben auf die See zu. Weiß gischte die Brandung in der Ferne an die Felsen. Der Wind heulte um den Turm. Es war ein wild romantisches Bild. Ich riß mich von dem Schauspiel los und wandte mich wieder dem Mädchen zu.
»Warten Sie auf jemand?«
»Vielleicht.« Die Antwort war kaum zu verstehen.
»Wollen wir hineingehen?« Ich deutete auf die Tür.
Sie hob die schmalen Schultern. Ich hielt ihr die Hand hin. Diane Keaton machte auf mich einen verlorenen Eindruck. Ich hatte Süchtige erlebt, die ähnlich apathisch reagierten.
Stand sie vielleicht unter Drogen? Oder war es ein anderer Einfluß der sie umklammert hielt. Ich dachte wieder an die Szene in meinem Büro. Ich hatte gehofft, Diane Keaton zu retten. Doch diese Hoffnung erwies sich als trügerisch.
Diane faßte nach meiner Hand. Ihre Finger fühlten sich kalt und leblos an. Obwohl sie nur ein dünnes schwarzes Kleid trug, durch das der Wind pfiff, schien sie nicht zu frieren. Nicht einmal eine Gänsehaut rieselte über ihren Körper.
Suko öffnete die Tür.
Ich legte Diane eine Hand um die Schulter und betrat mit ihr das Innere des Turms. Der Chinese schloß die Tür, und das Heulen des Windes wurde zu einem monotonen Säuseln.
Diane Keaton löste sich von mir und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr
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