0027 - Das Leuchtturm-Monster
Blick war ins Leere gerichtet.
Noch einmal sprach ich sie an. »Können Sie mich verstehen, Diane?«
»Ja.«
Dann wiederhole ich meine Frage. »Auf wen oder was warten Sie hier?«
Sie zögerte mit der Antwort, lächelte aber dann und erwiderte: »Ich warte auf die Taufe.«
»Auf was?«
»Die Widertaufe. Maxine wird zurückkehren. Noch in dieser Nacht ist es soweit. Wenn die Tageswende eintritt und die dunkle Phase beginnt, dann werden wir zu Dienern der Finsternis. Maxine wird in Asmodis’ Namen zu uns sprechen und uns in ihren Kreis aufnehmen. Danach erst wird es uns gelingen, die Geister der Erde und des Meeres zu beschwören und für uns dienstbar zu machen. Nur noch wenige Stunden müssen wir warten.«
Nach diesen Worten schwieg sie.
Suko flüsterte mir zu: »Was meint sie mit der dunklen Phase?«
»Wenn kein Mond am Himmel zu sehen ist, tritt die dunkle Phase ein«, erklärte ich. »Und das ist heute der Fall?«
»Ja.«
Ich wollte noch mehr aus Diane Keaton herausbekommen, doch sie schwieg verstockt.
Mein Partner untersuchte inzwischen den Raum. Er nahm sich auch die Luken vor und pfiff plötzlich durch die Zähne. »Sieh dir das an, John«, sagte er.
Ich wandte den Kopf. Suko hielt zwei dicke Kerzen in der Hand. Sie waren schwarz und standen in eisernen Schalen.
»Da liegt noch mehr Zeug herum«, berichtete er. »Allerlei Tiegel und Gefäße.« Er ging zur nächsten Luke und zur übernächsten. »Sogar ein Buch über Schwarze Messen und finstere Rituale. Das ist ja eine wahre Fundgrube.«
Wir konnten von Glück sagen, daß wir noch rechtzeitig gekommen waren und Diane Keaton gerettet hatten.
Urplötzlich fing sie wieder an zu sprechen. »Ich werde das Opfer sein«, erklärte sie »Maxine hat mich aufgesucht, damit die Widertaufe ihren würdigen Höhepunkt bekommt. Niemand kann uns noch aufhalten.«
Ich lächelte. »Das war einmal, Diane. Jetzt sind wir da. Sie werden mit uns hinuntergehen und den Turm verlassen. Es wird keine Schwarze Messe geben und damit auch keine Widertaufe Asmodis hat verloren.«
Jetzt schüttelte sie den Kopf. »Es ist ein Irrtum, Mr. Sinclair. Dieser Turm ist Maxines Reich. Wir alle sind ihre Gefangenen.«
»Daran zweifle ich.«
Diane Keaton lächelte nur hintergründig.
Suko sprach mich an. »Was machen wir mit dem Zeug, das wir hier gefunden haben?«
»Liegenlassen.«
Der Chinese runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht so recht…«
Mein Plan stand längst fest. »Wir bringen zuerst das Mädchen nach unten in Sicherheit und erwarten dann die übrigen Hexenjünger. Bis Mitternacht ist ja noch genügend Zeit.«
»Oder gehen zum Campingplatz«, schlug Suko vor.
»Ist auch eine Möglichkeit. Wir können uns ja entscheiden, wenn wir unten sind. Jetzt aber nichts wie weg. Kommen Sie, Diane.«
Ich ging auf das Mädchen zu. Es zögerte und schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht…«
»Sie kommen mit. Es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit.«
Suko nahm die Sache in die Hand. Er hob das Leichtgewicht Diane kurzerhand in die Luft.
Ich schritt schon auf den Rand der Plattform zu. Die Lampe hatte ich mir in den Gürtel gehängt, machte noch zwei Schritte, tastete nach der ersten Stufe – und fiel. Die Treppe war verschwunden!
***
Jane Collins hatte das Gefühl, auf einem hin- und herschwankenden Boot zu liegen. Immer heftiger wurden die Wellenbewegungen. Mal war Jane oben, dann wieder unten.
Genau wie ihr Magen.
Jane wurde es übel. Und diese Übelkeit riß sie aus dem Schacht der Bewußtlosigkeit.
Sie öffnete die Augen und stöhnte. Verschwommen sah sie etwas Helles über sich. Ein Gesicht. Das Gesicht eines Jungen.
Ritchie Ritter kniete neben der Detektivin und streichelte deren Wangen. »Wachen Sie auf. Miß«, rief er unter Tränen. »Bitte, aufwachen. So hören Sie doch…«
»Ja, ja…« Janes Antwort klang schwach. Wie gerädert fühlte sie sich, der totalen Erschöpfung nahe. Noch immer bewegte sich die Erde. Jane zwang sich dazu, tief durchzuatmen. Langsam ging es ihr besser.
Das Schwindelgefühl schwand ein wenig, und auch der Brechreiz trat zurück.
Jetzt erkannte sie auch Ronny Ritter.
Wie sein Bruder kniete er neben ihr und schaute sie besorgt an.
»Alles okay«, flüsterte Jane. Sie drehte sich zur Seite und versuchte auf die Beine zu kommen. »Gleich schaffe ich es«, sagte sie. Sie wollte sich vor den Zwillingen nicht zu schwach zeigen.
Längst schon hatte die Dämmerung eingesetzt. Die Schatten des Waldes zerflossen zu einem bleiernen
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