0028 - Insel der Seelenlosen
Rüschenhemd, Turban und weiten, raschelnden Pluderhosen. Um den Hals trug er eine Vielzahl von goldenen Ketten, die bei jeder Bewegung rasselten.
»Seien Sie mir herzlich willkommen, mein Lieber«, sagte er und ließ mich eintreten. Er hatte mich noch nie im Leben gesehen, wollte aber weder wissen, was ich von ihm wollte noch wie ich hieß.
Er schien sich als ein Bruder der gesamten Welt zu fühlen. Wir waren alle seine Verwandten, die er schätzte und liebte. Er war klein, reichte mir nur bis ans Kinn. Seine Augen waren wasserhell. Das freundliche Lächeln, das seinen weibischen Mund umspielte, schien aufrichtig gemeint zu sein.
Er nahm mich mit hinter sein riesiges Haus, klatschte in die Hände, ein verwitterter, eingetrockneter Butler erschien, und ich durfte mir von zwölf Drinks, die Mike Garrett mir aufzählte, einen auswählen.
Ich entschied mich für einen eisgekühlten Highball.
Wir nahmen auf futuristischen Gartensesseln Platz, die der Meister persönlich entworfen hatte. Zu meinem Erstaunen saß man darin hervorragend. Der Bursche war mindestens ein guter Designer. »Ich trinke auf Ihr Wohl, mein Lieber«, sagte er, als ich meinen Highball bekommen hatte.
»Und ich auf das Ihre, Mr. Garrett«, sagte ich. Es wunderte ihn nicht, daß ich seinen Namen kannte, während er immer noch keine Ahnung hatte, wem er gegenübersaß. »Nett haben Sie’s hier«, bemerkte ich anerkennend.
»Ich fühle mich hier wie im Paradies«, sagte Garrett glücklich, Er schlürfte an einem Drink, den ich nicht definieren konnte. Das Zeug war trübe und gelb.
»Das glaube ich Ihnen gern«, sagte ich.
»Darf ich Sie zu meiner Party einladen, die ich morgen Abend geben werde?«
»Ich bin nicht nach Aberystwyth gekommen, um hier das Tanzbein zu schwingen, Mr. Garrett.«
»Sie können auch an interessanten Diskussionen teilnehmen, wenn Sie nicht tanzen wollen, mein Lieber.«
Allmählich tötete mir dieses »mein Lieber« den Nerv. Ich sagte nachdrücklich: »Mein Name ist John Sinclair von Scotland Yard…«
»Dann müssen Sie erst recht zu meiner Party kommen, mein Lieber. Meine Gäste werden von Ihnen entzückt sein.«
»Ich fürchte, ich werde die Zeit nicht erübrigen können…«
»Das sollten Sie aber, mein Lieber. Sie ahnen nicht, was Ihnen entgeht, wenn Sie nicht kommen.«
»Ich bin hier, weil ich zwei Mädchen suche«, sagte ich etwas verstimmt zu dem Künstler.
»Morgen Abend werden die hübschesten Mädchen von Aberystwyth hier sein.«
»Auch Jane Collins?«
Der Sultan zuckte mit den Achseln. »Ich kann Namen ziemlich schlecht behalten.«
»Sie besitzen einen Hubschrauber, nicht wahr?«
»Allerdings.«
»Darf ich ihn mal sehen?«
»Bedaure, nein. Ich habe ihn einem Freund geliehen.«
»Wann?« fragte ich.
»Vor zwei Wochen. Warum fragen Sie, mein Lieber?«
»Wann waren Sie zum letzten Mal in London, Mr. Garrett?«
»Das ist schon sechs Wochen her.«
»Kommen Sie ab und zu mit Steel und Roxano zusammen?«
»Nein. Warum?«
»Was halten Sie von diesen Männern?« wollte ich wissen.
»Wenn sie in mein Haus kommen wollen, sind sie mir jederzeit willkommen, aber bisher hatte ich noch nicht das Vergnügen, sie hier begrüßen zu dürfen.«
Ich löcherte den Spinner mit unzähligen weiteren Fragen, doch es kam dabei so gut wie nichts heraus, deshalb bedankte ich mich für den Highball, von dem ich nur genippt hatte, und ging.
Mike Garrett rief mir nach, ich solle seine Party nicht vergessen. Ich gab eine vage Zusage und setzte mich in meinen Bentley, um zum Hotel zu fahren.
***
Mir war heiß. Ich wischte mir mit einem Kleenextuch den Schweiß von der Stirn. Jill Grabowski und Jane Collins – immer noch spurlos verschwunden. Es war ein Glück, daß ich es überhaupt geschafft hatte, bis Aberystwyth hinter ihnen zu bleiben.
Doch wie ging es nun weiter?
Ich betrat mein Zimmer. Meine Miene war mißmutig. Kein Wunder bei den Erfolgen, die ich hatte.
Auf dem Tisch stand mein Spezialkoffer. Darin befand sich eine Eichenbolzen verschießende Luftdruckpistole, die ich schon häufig mit Erfolg gegen Vampire eingesetzt hatte. Außerdem ein geweihter silberner Dolch, dessen Griff die Form eines Kreuzes hat, magische Kreide, eine Gnostische Gemme und verschiedene Dinge mehr, die mir alle schon mal das Leben gerettet haben.
Die Fächer des Koffers sind mit scharlachrotem Samt ausgelegt.
Damit sich kein Unbefugter an meine Waffen heranmachen kann, habe ich am Spezialkoffer ein Sicherheitsschloß einbauen
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