0028 - Insel der Seelenlosen
lassen.
Macht sich doch jemand daran zu schaffen, so erlebt er eine große Überraschung: Aus einer verborgenen Düse strömt ein Betäubungsgas aus, das jeden innerhalb weniger Sekunden niederstreckt.
Ich entkleidete mich und stellte mich unter die Dusche.
Während das kalte Wasser über meinen Körper rieselte, versuchte ich, einen Weg zu Jane zu finden, daß Mike Garrett sie in seine »Obhut« genommen hatte, konnte ich mir nicht gut vorstellen. Oder hatte er mir den Verrückten bloß vorgespielt? War der Mann am Ende gar nicht jener harmlose Narr, für den ihn die Welt hielt?
Ich nahm mir vor, ein Motorboot zu mieten und damit die Küste ein Stück entlangzufahren. Vielleicht brachte mich das weiter.
Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, daß sich alles ganz anders entwickeln würde…
***
Graue Schwaden krochen lautlos unter der Tür hindurch. In dichten Klumpen rollten sie über den Teppich, schichteten sich aufeinander auf, wuchsen zur stattlichen Größe eines Menschen empor, wurden fest und bildeten Augenblicke später die Gestalt eines graugesichtigen Mannes.
Seine Wangen waren hohl. Die Augen lagen in schattigen Höhlen. Der Knöcherne war schlampig gekleidet und gehörte der niedrigsten Dämonenkategorie an. Mit schmalen Augen blickte er zum Badezimmer, dessen Tür halb offen stand.
Die Dusche rauschte. Das Wasser plätscherte und schraubte sich gurgelnd in den Abfluß. Der Unheimliche grinste gemein. Er rieb sich die langfingrigen Hände, schaute sich schnell im Zimmer um und eilte sodann auf meinen Spezialkoffer zu.
In diesem Augenblick stand ich unter der Dusche und wußte nicht, daß Besuch da war.
Der Graugesichtige legte seine schmale Hand auf den schwarzen Koffer. John Sinclair ohne seine Waffen war nur noch halb so gefährlich, dachte er wahrscheinlich.
Der Hagere legte die Daumen auf die chromblitzenden Verschlüsse. Ein Druck. Die Verschlüsse öffneten sich nicht. Statt dessen war ein kurzes Zischen zu vernehmen. Der Unheimliche verzog ärgerlich das Gesicht. Er versuchte sein Glück an den Verschlüssen noch einmal. Plötzlich wurde ihm schwindelig. Er wankte, riß bestürzt die Augen auf, fuhr sich an die Kehle.
Er ließ von dem Koffer ab, torkelte durch den Raum und strebte der Tür zu, die sich jedoch mehr und mehr von ihm zu entfernen schien. Sie rückte von ihm weg.
Es schien ihm, als würde er sie nie erreichen können. Erschrocken versuchte er, sich wieder in jene grauen Schwaden aufzulösen, doch er konnte die Kraft für die Verwandlung nicht mehr aufbringen.
Schwarze Flocken tanzten vor seinen Augen.
Er verlor das Gleichgewicht und schlug gleich darauf lang hin.
***
Ich stand reglos. Soeben hatte ich etwas gehört. Nebenan. Als ob ein Körper zu Boden gestürzt wäre. Hastig drehte ich das Wasser ab. Ich lauschte. Nichts. Kein Geräusch. Dennoch blieb mein Mißtrauen wach.
Ich schlug ein Handtuch um meine Hüften und eilte aus dem Badezimmer. Im nächsten Moment erblickte ich ihn. Er lag lang gestreckt auf dem Boden, und ich wußte sofort, was ihn umgehauen hatte.
Das rasch wirkende Nervengas. Es hatte sich größtenteils schon wieder verflüchtigt, machte mich aber trotzdem leicht schwindelig. Ich lief zum Fenster und stieß es auf. Ein paar tiefe Atemzüge und ich war wieder okay.
Ich eilte zu dem graugesichtigen Kerl. Die Zimmertür war nach wie vor abgeschlossen. Der Schlüssel steckte innen. Wie war der Kerl hereingekommen?
Wie auch immer er das angestellt haben mochte, er hatte den Raum nicht wie ein normaler Mensch betreten. Folglich war das kein Mensch, der hier zu meinen Füßen lag.
Ich machte eine kurze Probe, legte dem Bewußtlosen mein Kruzifix auf die Stirn. Es roch sogleich nach verbranntem Fleisch. Ein Dämon.
Ich packte den Kerl, riß ihn hoch und warf ihn in einen Sessel. Seine Arme band ich mit ledernen Riemen, die mit Weihwasser präpariert waren, an die Lehnen. Seine Beine fesselte ich ebenfalls.
Danach kleidete ich mich an und wartete auf den Moment, wo der Bursche, der sich an meinen Waffen vergreifen wollte, zu sich kam.
Er knurrte, als er erwachte. Und dann zuckte er heftig zusammen, riß verstört die Augen auf und heulte: »Meine Stirn, meine Stirn. Was ist das für ein gräßlicher Schmerz!«
»Hervorgerufen durch ein Kruzifix!« sagte ich hart.
Der Graugesichtige starrte mich entsetzt an.
»Damit bist du entlarvt, Freundchen!« sagte ich schneidend.
Grüne, gelbe und rote Striche wischten über das graue Antlitz des
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