0028 - Insel der Seelenlosen
zurückgelegt. Suko gab sich friedlich.
Seit er sich nicht mehr in Roxanos Haus befand, schien der Bann, unter dem er gestanden hatte, gebrochen zu sein. Ich atmete erleichtert auf. Suko schaute sich verwundert um.
Er schien keine Ahnung zu haben, wie es dazu gekommen war, daß er hier vor dem Haus inmitten der glitzernden Glasscherben lag. »John«, preßte er mit belegter Stimme hervor.
»Wie geht es dir?« fragte ich besorgt.
»Was ist passiert, John?«
Ich sagte es ihm. Es fiel ihm schwer, mir zu glauben. Das war verständlich, schließlich waren wir unzertrennliche Freunde. Feindschaft hatte es zwischen uns noch nie gegeben.
Suko stand erschüttert auf. »Du mußt mir verzeihen, John…«, sagte er heiser.
Ich nickte. »vergiß es, Suko.«
»Ich konnte nichts für das, was ich tat.«
»Das weiß ich. Wir wollen nicht mehr darüber reden, okay?«
»Es fiel im Keller über mich her. Ich fühlte seine Nähe, und plötzlich war es in meinem Kopf.«
»Hauptsache, daß es da jetzt nicht mehr ist«, sagte ich erleichtert. Ich gab meinem Freund das Springmesser zurück. Er verwendete es nicht mehr gegen mich.
»Lieber Himmel«, sagte er benommen. »nicht auszumalen, wenn es mir gelungen wäre, dich…«
Ich bleckte die Zähne. Es sollte ein Grinsen sein, obgleich mir im Augenblick nicht besonders nach Heiterkeit zumute war. »Jetzt wissen wir endlich, wer von uns beiden der bessere Mann ist. Wie hätten wir das sonst jemals erfahren?«
Wir verließen Roxanos Grundstück, um zu Maeve Easton zu fahren. Sie mußte uns nun um jeden Preis verraten, wohin der Seelenhändler seine Opfer brachte.
***
Dumpf tuckerte der alte Kutter durch die einsetzende Dämmerung. Er wiegte sich auf der Dünung des Atlantiks, war mit einer seltsamen, kostbaren Fracht unterwegs. Auf dem Deck standen Gestalten, deren Körper auf eine geheimnisvolle Weise transparent waren. Zehn, zwölf Männer und Frauen. Jung und alt. Wahllos gemischt, Seelenlose waren es, die zu einer kleinen Insel im weiten Atlantik unterwegs waren, um dort ihr bedauernswertes Dasein zu fristen. Vielleicht für immer. Niemand wußte, von wem das abhing.
Roxano stand auf dem Achterdeck und grinste zufrieden.
Eine neue Ladung war zur Insel der Seelenlosen unterwegs. Zum dritten Mal schon brachte der Seelenhändler eine einmalige Ware dorthin. Und in der kommenden Nacht sollten zum erstenmal die erbeuteten Seelen abgeholt werden.
Roxano rieb sich die Hände.
Das würde eine Menge Geld geben. Der Höllenfürst war nicht kleinlich, schließlich bekam er das Wertvollste, was ein Mensch besaß: dessen Seele.
Unglücklich blickten die durchsichtigen Menschen in ihre ungewisse Zukunft. Auch Jill Grabowski und Jane Collins waren unter der neuen Fracht des Seelenhändlers. Auch sie waren leer wie die anderen Gefangenen. Mit unendlich traurigen Mienen standen sie nebeneinander, schauten sich nicht an, starrten mit glanzlosen Augen geradeaus, zum Bug vor, wo ein Matrose stand und Ausschau nach der kleinen Insel hielt, die ihr Ziel war.
Der Kapitän des Kutters war ein häßlicher Gnom mit O-Beinen, verfilztem grauen Vollbart und buschigen Brauen, unter denen böse, gemeine Augen funkelten. Er war genauso habgierig wie Roxano.
Im Augenblick paffte er an seiner Pfeife. Roxano streifte ihn mit einem raschen Blick. »Sie können froh sein, daß ich mir Sie ausgesucht habe, Tarum. Ich hatte dieses gewinn trächtige Geschäft mit jedem anderen genauso gut aufziehen können, aber ich habe mich für Sie entschieden, weil Sie mir dafür der geeignetste Mann zu sein schienen.«
»Ich bin Ihnen sehr dankbar, Mr. Roxano.«
»Sie werden ein reicher Mann werden«, sagte Roxano.
Der Kapitän grinste. »Das hoffe ich.«
»Sie werden eine Menge Geld verdienen.«
»Wundervolle Aussichten«, lachte Kapitän Tarum.
»Vergessen Sie darüber aber niemals, wer es Ihnen ermöglicht hat, reich zu werden, sonst würde Ihnen das eines Tages verdammt leid tun!« Die Warnung war hart und unmißverständlich.
Der Kapitän beeilte sich zu sagen: »Ich bin loyal, Mr. Roxano. Ich stehe so lange hinter Ihnen, solange Sie es wünschen.«
»Dann ist es ja gut. Ich wünsche keine Eigenmächtigkeiten, und wenn ich jemals erfahren sollte, daß Sie auf die Idee gekommen sind, mich übers Ohr zu hauen, würden Sie mit strengen Sanktionen zu rechnen haben.«
Kapitän Tarum lachte. »Ich bin doch nicht verrückt. Ich habe Ihnen mein Wort gegeben, daß Sie sich hundertprozentig auf mich verlassen
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