0029 - Die Rückkehr des Rächers
klappte sein Bett auf. Er war müde. Der Tag hatte ihn geschlaucht. Außerdem war er nicht mehr der Jüngste, und der genossene Alkohol sorgte zusätzlich für die nötige Bettschwere.
Cyrus Snyder zog seine Hose aus. Sich erst noch zu waschen, hielt er für eine unnötige Arbeit. In der Unterwäsche ließ er sich auf das Bett fallen. Es ächzte in allen Fugen. Irgendwann einmal würde es zusammenbrechen. Er fand noch keinen Schlaf. Immer wieder dachte er an die beiden überfälligen Männer. Der Polizei waren sie bestimmt nicht in die Hände gefallen, das hätte er gewußt. Der Boß hatte schließlich beste Beziehungen zu den Behörden. Nein, da steckte etwas anderes dahinter. Es konnte auch sein, daß die Brüder auf eine Konkurrenzbande gestoßen waren. Pech…
Aber der Gedanke daran ließ Snyder nicht los. Er stand noch einmal auf und holte seine Waffe hervor. Es war eine russische Armeepistole. Snyder hatte sie auf dem Schwarzen Markt gekauft. Die Waffe legte er unter sein schmutziges Kopfkissen.
Nun fühlte er sich wohler.
Langsam dämmerte er hinüber in den Schlaf. Er lag auf dem Rücken, die Augen fielen ihm zu, und aus seinem Mund drangen leise Schnarchlaute. Eine fette Fliege setzte sich auf seine Stirn, doch das merkte Snyder nicht.
Auch im Ort wurde es ruhig. So war es nicht verwunderlich, daß niemand die schreckliche Gestalt sah, die sich aus der Wüste kommend dem Dorf näherte.
Es war eine Mumie!
Sie hockte auf einem Kamel, hielt eine Lanze in der Hand und ritt geradewegs auf ihr Ziel zu. Snyders Haus!
Kein Laut, kein Geräusch verriet das höllische Wesen. Alles ging in gespenstischer Stille vor sich.
Und der Reiter erreichte sein Ziel.
Vor dem Haus schwang er sich von seinem Reittier, stellte es im Schatten der Wand ab und näherte sich der Tür.
Sie war verschlossen.
Der lebende Tote schritt zum Fenster. Auf dem Weg dorthin wurde er vom Mondlicht eingehüllt. Die Bandagen schimmerten grünlich, als wären sie mit einer dünnen Moosschicht überwachsen. Sie wirkten wie Pergament. Dünn und zerbrechlich, waren aber trotzdem elastisch, so daß sie jede Bewegung mitmachten.
Gelblich schimmerte es in den Sehschlitzen. Die Spitze der Lanze wies auf das schmutzige Fenster.
Niemand beobachtete den Unheimlichen bei seinem Werk. Dann stieß er die Lanze vor. Sie zertrümmerte die Scheibe. Die Scherben fielen nach innen auf den festgestampften Lehmboden.
Das klirrende Geräusch riß Cyrus Snyder aus dem Schlaf.
Er fuhr hoch, rieb sich benommen seine Augen und drehte den Kopf zum Fenster hin.
Sein Blick wurde starr. Die Augen weiteten sich. Er wollte nicht glauben, was er sah.
Mit einem Schlag fetzte die Mumie den Rahmen aus dem Viereck.
Dann schwang sie sich in das Haus.
Snyder sprang aus dem Bett. Gleichzeitig riß er seine Pistole unter dem Kopfkissen hervor, kreiselte herum und legte auf die Mumie an.
Geduckt stand die Horror-Gestalt da. Wurfbereit hielt sie die Lanze in der Hand.
Cyrus Snyder stöhnte auf und feuerte. Gelbweiße Mündungslichter flammten auf.
Die schwere Waffe ruckte in der Hand des Engländers. Er schoß auf den Körper des untoten Reiters und mußte mit ansehen, daß die Kugeln ihre Wirkung verfehlten.
Die Geschosse rissen nur Löcher in die Bandagen der Mumie. Es staubte und puffte, während der Widerhall der Schüsse durch den kleinen Raum schwang.
Aber der unheimliche Gast blieb stehen.
Sechs Kugeln feuerte Cyrus Snyder aus dem Magazin. Sechsmal traf er. Aber die Mumie stand immer noch.
Und sie ging vor.
Todesangst packte Snyder. Er breitete die Arme aus, ging zurück und ließ seine Pistole fallen. Mit den Kniekehlen stieß er gegen das Bett. Er wollte etwas sagen, schreien, weglaufen…
Da schleuderte die Mumie die Lanze.
Es war eine blitzschnelle, kaum zu erkennende Bewegung aus dem Handgelenk, und die schwere Lanze traf mit tödlicher Präzision ihr Ziel.
Cyrus Snyder wurde auf das Bett geworfen. Quer fiel er über das schmutzige Laken. Er war bereits tot, als er die Schlafstätte berührte.
Die Mumie aber hatte ihren Auftrag erfüllt. Keinen Blick verschwendete sie an den Engländer. Sie nahm den Weg, den sie gekommen war, stieg auf das knöcherne Reittier und war wenig später in der mondhellen Wüstennacht verschwunden…
***
Ägyptens Hauptstadt empfing uns mit strahlendem Sonnenschein. Als wir jedoch das Flugzeug verließen, traf uns fast der Schlag. Die Luftfeuchtigkeit war ungeheuer hoch. Sie kam vom sumpfigen Nildelta her und lag wie ein
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