0029 - Ich, das Gift und Mister X
vorgestellt. Ich fragte mich mal wieder, was sich solche Leute eigentlich dabei denken, wenn sie einem von uns einen solchen Wisch bringen lassen.
Ich ging zu meinem Jaguar und fuhr zum Theater.
***
Phil war in der gleichen Stimmung wie ich, also nicht in der Laune, einem Kunstgenuss zu frönen. Er betrat die Zweierloge etwas nach mir, gerade, als sich der Vorhang öffnete und die Sache losging. Wir wechselten deshalb nur wenige Worte, sahen uns die Umgebung dafür aber umso eingehender an. Nach einer gründlichen Musterung der Örtlichkeit war ich sicher, dass unsere Gegner frühestens erst wieder zuschlagen würden, wenn wir das Theater verlassen hatten. Mit Notausgängen, also mit Fluchtwegen für sie, war es im Theater schlecht bestellt, denn sie wurden vom Bühnenraum her automatisch geöffnet und geschlossen.
Während auf den Brettern,, die angeblich die Welt bedeuten, eine Art Gerichtsszene abrollte, überlegte ich, was wir bis jetzt über die Schmuggler wussten. Genau genommen war das nicht einmal wenig, und da die Dinge in Fluss geraten waren, würden wir immer noch mehr erfahren. Jede weitere Maßnahme der Verbrecher musste uns erf ahrungsgemäß neue Anhaltspunkte geben.
»Da ist er, Jerry«, flüsterte mir Phil zu und unterbrach meinen Gedankengang.
Ich hatte mir ein Theatermagazin gekauft und die Bilder von Elvis Birmingham schon vorher genau betrachtet. Da er nur wenig geschminkt war und keine Perücke trug, erkannte ich ihn auch sofort wieder. Ich will bei der Schilderung seines Spiels nicht allzu ausführlich werden, aber etwas muss ich sagen: mir spielte er die Rolle des fanatischen Rebellen viel zu lahm. Was Elvis Birmingham uns vorführte, war ein etwas erregter Durchschnittsmensch. So, wie sich sein Roberts über drakonische Maßnahme des Diktators empörte, so ungefähr hätte sich ein Angestellter aufgeregt, der Überstunden machen sollte.
»Wenn der Kritiker von gestern nicht geschmiert wurde, dann muss Birmingham heute nicht in bester Verfassung sein«, meinte Phil leise.
»Vielleicht hat er heute noch kein Koks bekommen«, raunte ich zurück.
»Eben das meine ich ja.«
»Hast du dich für sein Privatleben interessiert?«
»Wie es abgemacht war, natürlich! Er wohnt bei einem Schriftsteller in der Nähe vom Yankee-Stadium. Sein Freund heißt Lyons… wir haben schon mal über seine Kriegsromane gesprochen, Jerry!«
»Ich habe sogar einen davon gelesen, und ich gebe zu: Die Story war blendend. Trouble with The Victory hieß das Ding.«
»Well, Hugh Lyons ist der eigentliche Besitzer der Villa in der Bronx. Birmingham ist da bloß so ’ne Sorte Untermieter. Einen Diener hat er übrigens nicht. Sonst lebt er üppig, aber nicht über seine Verhältnisse. Er spielt Roulette, besitzt ein Motorboot und ist in irgendeinem Reitclub. Wie viel Dollar er monatlich macht, habe ich nicht herausgekriegt. Jenkins tippt aber auf mindestens fünf Mille, und Jenkins versteht ja was davon. Frauenaffären gibt’s bei Birmingham anscheinend dauernd, bei seinem Aussehen ist das ja weiter kein Wunder!«
Auf der Bühne rollte weiter die Handlung ab. Es war keine schlechte Handlung, im Gegenteil, aber Birmingham spielte irgendwie zu müde. Ihm fehlte genau der Schwung, den der Pressekritiker so enthusiastisch gelobt hatte.
Der erste und der zweite Akt gingen zu Ende, die Pause nahte.
Und dann, nach der großen Pause, war Elvis Birmingham plötzlich wie ausgewechselt. Mit einem Mal war er wirklich der fanatische Rebell und kein Angestellter mehr, der länger arbeiten sollte. Nie vorher hatte ich an einem Mann innerhalb einer so kurzen Zeit eine so überraschende Veränderung bemerkt!
»Inzwischen hat er wohl sein Mittelchen bekommen«, murmelte Phil. Nun, ich war genau derselben Meinung.
»Ich werde ihn morgen mal besuchen«, sagte ich. »Und außerdem werden wir ihn von jetzt an beschatten lassen.«
***
In der Nacht konnte ich nicht allzu gut schlafen. Die Ursache dafür war nicht der Drohbrief von Mister X. Die Gründe für meine Schlaflosigkeit waren Harrys und Bobs Tod, und die Ereignisse in der Mulberry Street, dann das Problem, einen Weg zur Lösung des Falles zu finden. Bis lange nach Mitternacht dachte ich über das alles nach und noch kurz vor dem Einschlafen überflog ich zum x-ten Mal die Namensliste, die von der Air Force hereingegeben worden ist. Auch von Dick Coster war inzwischen ein Eilkurier gekommen, der mir die angeforderten Unterlagen gebracht hatte.
Ich erwachte kurz vor
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