0029 - Ich, das Gift und Mister X
überaus glücklich schätzen, wenn Sie Ihren werten Namen in dieses Ihr Werk…«
»Kommen Sie mit, mein Lieber!«, sagte Lyons gnädig und ich folgte ihm in einen Raum, der aussah wie ein Konferenzsaal im Weißen Haus in Washington.
***
Hugh Lyons hatte anscheinend wirklich eine Besprechung, denn wir waren nicht allein. In einer Ecke des Raumes erhoben sich bei unserem Eintritt zwei Gents aus zwei schwarzen Ledersesseln.
Hugh Lyons nahm jovial meinen Arm und führte mich zu ihnen hin.
»Mister Summers, mein Freund und Verleger… mein Freund Elvis Birmingham«, sagte der Dichter. Dann wies er mit einem leichten Siegerlächeln auf meine Wenigkeit und erklärte betont lässig: »Und dies, meine Lieben, ist einer meiner Leser, Mister…«
»O’Connor«, ergänzte ich schnell.
Die beiden Gents verbeugten sich, und ich durfte bei ihnen Platz nehmen. Es gab Sherry, Whisky, Zigarren, Gerede über das Wetter, eine kleine Plauderei über die Marokkokrise und das unvermeidliche Gespräch über Literatur im Allgemeinen und Kriegsromane im Besonderen.
»Ich habe selten ein so großartiges Buch gelesen wie ›Trouble with The Victory‹, Maestro!«, sagte ich schwärmerisch. »Die Darstellung, der Stil, Ihre Typen, also das ist alles einfach einzigartig. Ich wünschte nur, ich hätte einen winzigen Bruchteil Ihres Talents, Meister. Meine eigenen Sachen kommen mir dagegen geradezu farblos vor«
»Oh, Sie schreiben auch?«, fragte Lyons höflich.
Etwas interessierter zeigte sich Mister Summers.
»Darf man wissen, ob Sie schon etwas veröffentlicht haben?«
»Hin und wieder«, sagte ich bescheiden. »Die Presse nimmt meine Stories manchmal ganz gem. Zu einem Buch hat es aber leider noch nicht gelangt.«
Ich kratzte die Geschichten von Eddy aus der Mappe und legte sie fast schüchtern auf den Rauchtisch. Summers begann sofort darin zu blättern, während wir anderen weiter über Lyons Romane redeten.
Elvis Birmingham schien fabelhaft gelaunt zu sein, auf mich machte er aber nur einen überspannten Eindruck. Seine Sprechweise war mir zu geschraubt, seine Gesten übertrieben, auf seinem Gesicht brannten ein paar hektische Flecken und der Glanz seiner Augen war erschreckend unnatürlich. Sein ganzes Benehmen war sprunghaft und unecht. Ich zweifelte nicht, dass er erst vor Kurzem wieder eine Dosis Rauschgift genommen hatte. Mir tat er leid, wie alle die Menschen, die sich mit dem Teufelskram zugrunde richten und eines Tages in der Gosse oder im Irrenhaus enden.
»Haben Sie noch mehr solcher Stories, Mr. O’Connor?«, mischte sich Summers nach einer Weile wieder in unser Gespräch. »Und wenn, wären Sie bereit, mir die Geschichten zu geben? Ich würde vielleicht ein nettes Buch daraus machen und…«
Ich heuchelte mit großem Erfolg den ungemein beglückten Amateurdichter, der es nur schwer begreifen konnte, dass man seine literarischen Produkte wirklich und wahrhaftig als Buch herausgeben wollte. Aber ich freute mich auch tatsächlich, denn für ein paar Witwen von gefallenen Kollegen würde das Honoraf eine feine Hilfe sein. Wir besprachen dann noch ein paar Einzelheiten und verabredeten ein Zusammentreffen. Als ich nach einer knappen Stunde ging, hatte ich erreicht, was ich wollte. Hugh Lyons hatte mich eingeladen, ruhig öfters zu kommen. Außerdem wusste ich jetzt, wer mich am Vortag angerufen hatte, denn in seiner Aufregung war es ihm doch nicht ganz gelungen, seine Stimme zu verstellen.
Der gute Freund von Elvis Birmingham war Paul Able. Der Butler.
Ich hatte die Leute dort ganz nett eingewickelt aber die Schauspielerei würde mir vielleicht noch nützen. Zu einem Kunden des Rauschgiftringes hatte ich wahrscheinlich nun Kontakt bekommen.
Als ich Lyons Palast verließ, begegnete mir auf dem Kiesweg ein Mann, der mir irgendwie bekannt vorkam. Ich lief ruhig weiter, trat auf die Straße und marschierte bis zu einem Denkmal, neben dem eine Bank stand. Von hier aus hatte man die Villa gut im Blickfeld, aber der alte Mann, der allein auf der Bank saß, schien sich nur für die New York Times zu interessieren. Ich blieb vor dem Denkmal stehen, studierte intensiv die Inschrift der Kupfertafel und murmelte: »Ich möchte wissen, wer der Bursche ist, der eben hineinging, Nat!«
»Ich bringe dir mittags seinen Lebenslauf, Jerry«, sagte der Alte mit der Zeitung, ohne den Kopf zu heben.
***
Im Büro wurde ich von Phil schon mit Sehnsucht erwartet. Seine Miene verriet mir gleich, dass auch er Glück gehabt
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