0029 - Ich, das Gift und Mister X
lächelte er.
»Ausgezeichnet, Eddy!«, sagte er. »Ich habe natürlich schon von Ihrem Steckenpferd gehört, und ehrlich gesagt, ich hab es nicht ganz ernst genommen. Ich möchte bald mal mehr von Ihnen lesen, klar?«
Sowohl Eddy als auch ich wussten, dass dieses Urteil mehr wert war, als ein halbes Dutzend Pressestimmen. Mister High macht keine Komplimente. Was er sagt, das meint er auch.
»Jetzt wieder zu Ihnen, Jerry«, wandte sich Mister High dann an mich. »Was hat Phil heute vor?«
»Er ist jetzt im Schauhaus, Chef. Will sich Keen und Trowe nochmals anschauen, um vielleicht doch noch was zu finden. Dann wird er mit den Ballistikern über die Sache mit Harry und Bob reden. Anschließend werden wir vielleicht gemeinsam zu Fletcher fahren. Wenn wir die Adresse bekommen, werden wir dann auch Harris besuchen.«
***
Von Maske machen halte ich im Allgemeinen nicht viel. Falsche Bärte, angeklebte Brauen und Gaumeneinlagen sind für mich Sachen, die allenfalls in die Garderobe eines Schauspielers gehören. Immerhin konnte es aber sein, dass Birmingham oder Lyons Zeitungsbilder von mir gesehen und sich mein Aussehen gemerkt haben. Irgendwie musste ich mich also doch verändern. Ich tat es, indem ich mir eine Fensterglasbrille auf die Nase setzte und meine Haare anders kämmte. Aus dem schon erwähnten Grund hatte ich mir auch die Stories von Eddy geben lassen, denn meine gesammelten Werke mit den Erlebnissen als FBI-Beamter konnte ich Lyons schließlich nicht offerieren.
Dann machte ich mich auf den Weg und fuhr in die Bronx hinüber. Meinen Jaguar ließ ich ein paar Querstraßen vor dem Ziel stehen und marschierte zur Villa. Davor stand auf der Straße ein riesiger Chevrolet mit Liegesitzen, schwenkbaren Aschern und ähnlichen Scherzen.
Die Villa des Schriftstellers war ein tolles Ding. Sie lag in einem kleinen Park und war mit vielen Säulen, einem halben Dutzend schmucker Türmchen, eirier gehörigen Portion Fantasie, vor allem aber mit sehr viel Geld gebaut 38 worden. Wenn auch die meisten Schriftsteller keine guten Geschäftsleute sind, Mister Lyons war es bestimmt.
Über einem weißen Kiesweg kam ich vor ein Portal, an dem mich ein bronzener Löwe anbleckte, der einen Ring im Maul hängen hatte. Menschenkenntnis ist in meinem Beruf alles, und als ich den Löwen sah, wusste ich schon, dass ich auch gleich einen richtigen Butler sehen würde.
Ich drückte den Ring nach unten, hörte fern ein feines Klingeln und wappnete mich mit Geduld. Es dauerte ein Weilchen, bis sich gemessene Schritte näherten und die Tür vornehm zurückschwang.
Ich bekam meinen Butler wie Sie ihn in jedem guten englischen Roman finden. Eine blasierte Miene, eine korrekte Weste, straff gescheiteltes Haar, korrekt hochgezogene Augenbrauen, eine korrekte Krawatte - kurzum: Mister Korrekt in Person stand in der geöffneten Tür.
»Guten Morgen, Sir, Sie wünschen?«
»Guten Morgen! Ich möchte zu Mr. Lyons. Ich…Sie müssen nämlich wissen, ich bin ein begeisterter Leser des Dichters und brenne seit Langem darauf, nur einmal mit ihm sprechen zu dürfen. Heute nun wage ich es endlich, den Meister…«
Den Spruch, der jeden halbwegs normalen Mann zum Lachen gereizt hätte, musste der Mann schon öfter vernommen haben. Er lächelte verständnisvoll, unterbrach mich aber trotzdem.
»Mister Lyons ist sehr beschäftigt und…«
»Natürlich, ich verstehe! Der Meister arbeitet sicher an einem neuen Werk und seine Zeit ist immer sehr kostbar und…«
»Der Meister hat…«
»Nur ein paar Minuten, bitte, ein Viertelstündchen vielleicht«, bettelte ich mit erhobener Stimme. »Ich werde bestimmt nicht länger…«
»Mister Lyons hat eine Besprechung, und…«
»So verstehen Sie mich doch«, rief ich verzweifelt. »Ich habe monatelang gezögert, hierherzukommen und würde das nie wieder wagen. Die Chance…«
»Was ist denn da los, Paul?«, fragte eine Stimme aus dem Hintergrund.
Der Butler wandte sich halb um.
»Ein-Verehrer von Ihnen, Maestro!«
Ich muss schon sagen, sie trieben einen ganz hübschen Kult in dem Bau. Mich beeindruckte das nur scheinbar, in Wirklichkeit war mir das Theater zuwider. Aber damals musste ich mit den Wölfen heulen, und drängte mich an den Butler vorbei und stürzte mit strahlenden Augen auf den Dichter zu
»Der Meister selbst!«, rief ich enthusiastisch aus. Mit fliegenden Händen zog ich ein Buch aus meiner Kollegmappe und hielt es Lyons mit flehender Miene hin. »Bitte, Meister, ich würde mich
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