0029 - Ich, das Gift und Mister X
was?«
»Nach Kriegsende sind Hunderte von italienischen, deutschen und japanischen Booten in Privathände übergegangen… die Boote gar nicht mitgerechnet, die von unserer Navy nicht mehr gebraucht und abgestoßen wurden. Du kannst auch nicht auf jeden Privatflugplatz einen Beamten setzen und die ganze Küste hermetisch abriegeln lassen. Hol’s der Teufel, Jerry, an dieser Sache wirst du dir die Zähne ausbeißen!«
***
Sehr viel Mut machte mir der gute Dick nicht gerade. Was er von sich gab, war sogar verzweifelt deprimierend. Ich konnte ihm seine Skepsis nicht einmal verdenken, denn der Zoll und die Kollegen von der Wasserschutzpolizei hatten sich wirklich mächtig angestrengt, den Gangstern vom Schmugglerring auf die Schliche zu kommen.
»Du sprachst von mehreren Anhaltspunkten, Jerry«, fing Coster wieder an.
»Der zweite ist Keen - der dritte dieser Harris. Wir…«
Das Klingeln des Telefons unterbrach mich. Als ich abhob und sich unsere Bereitschaft meldete, wusste ich gleich, das etwas Wichtiges geschehen war. Trotzdem verlor ich sekundenlang die Fassung, als ich hörte was es gegeben hatte. Am anderen Ende meldete sich Pete Tanners, den unser Boss gleich nach dem Tanz in der Mulberry Street von seinem Posten zurückgepfiffen hatte.
»Hallo, Jerry«, sagte Pete merkwürdig leise. »Wir haben eben die Nachricht bekommen, dass Harry und Bob tot sind. Es muss alles ziemlich schnell gegangen sein. Die Kollegen von der City Police bringen uns gleich ein paar Zeugen her. Die Gangster hatten es natürlich auf Keen abgesehen. Als die Streife kam, waren die drei schon tot, Jerry!«
»Wie ist das passiert, Pete?«, fragte ich heiser.
»Sie haben Maschinenpistolen und eine Handgranate verwendet. Der Wagen soll aussehen wie ein Sieb, Jerry. Bei der Schießerei ist auch ein Zivilist verletzt worden. Sollen wir noch mal durchrufen, wenn wir Näheres wissen?«
»Ja, natürlich. Ich komme vielleicht noch vorbei, wenn es länger dauert. Phil und ich wollen nachher ins Theater. Es geht da vielleicht um eine Spur, aber ich will auf alle Fälle heute noch Einzelheiten über diese neue Gemeinheit haben.«
»Gut, Jerry. Ich werde selbst anrufen und… einen Moment mal, hier kommt eben noch eine Meldung von Steve. - Es handelt sich um Orlesville. Er ist tot, Jerry. Eine Herzsache, sagt Steve!«
Ich war mit den Nerven ziemlich fertig, als ich den Hörer auf die Gabel fallen ließ. Schlechtere Nachrichten hätte ich in diesem Stadium des Falles kaum bekommen können. Bill Keen, von dem ich mir noch manches versprochen hatte, konnte mir nun nichts mehr verraten. Auch mit Poker-Di und seinen Beziehungen zur Unterwelt brauchte ich nicht mehr zu rechnen.
Die Sache mit Keen bewies wieder, dass die Drahtzieher des Rauschgiftringes unheimlich rasch reagierten und keine Skrupel kannten, wenn sie für sich irgendeine leise Gefahr sahen.
Sie machten sich nichts daraus, ihre eigenen Leute zu liquidieren. Und sie scheuten auch nicht vor einem Polizisten-Mord zurück - vor einem Verbrechen also, das ein Gangster in den USA nur dann begeht, wenn er sein Leben schon vorher verwirkt hat und keinen anderen Ausweg mehr sieht.
»Jetzt bleibt uns nur noch Harris, Dick«, sagte ich leise. »Keen ist stumm für immer. Und nicht nur Keen.«
Dick Coster starrte mich ungläubig und entsetzt an.
»Und die beiden Kollegen?«
»Sie haben Bob und Harry ermordet, Dick«, sagte ich langsam. »Harry war verheiratet und hatte zwei kleine Kinder. Seine Maud muss jetzt so alt sein wie das Mädchen aus der Mulberry Street. Sie haben unsere Kollegen ermordet, und das werden sie bezahlen. Ich werde sie hetzen… ich werde nicht eher ruhen, bis auch der letzte von ihnen im Zuchthaus oder auf dem Stuhl sitzt, Dick!«
***
Unser Dienst fordert Opfer, immer und immer wieder. Jeder, der sich einmal für den Kampf gegen das Verbrechen entschieden hat, muss Tag für Tag damit rechnen, dass irgendwann er derjenige ist, dessen Name auf der langen Verlustliste erscheint. Man gewöhnt sich mit der Zeit an diesen Gedanken, aber man ist jedes Mal wieder erschüttert, wenn es einen Kollegen trifft, mit dem man ein paar Stunden vorher noch zusammen gewesen ist. Man hört dann sein Lachen und man sieht sein Gesicht vor sich. Aus der ersten wilden Erschütterung wird Trauer um den Mann, der zu uns gehörte, und in die Trauer mischt sich Verbitterung und Wut. Das ist dann der Zeitpunkt, wo man nur noch den Wunsch kennt, den Mörder des Kollegen vor den Richter zu
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