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003 - Der Puppenmacher

003 - Der Puppenmacher

Titel: 003 - Der Puppenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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entgegnete Chapman kühl und trat ein.
    Der junge Mann machte ein Gesicht, als hätte man ihn geschlagen, dann sagte er würdevoll: »Ich bin Gast in diesem Haus. Wenn ich Ihnen geöffnet habe, dann nur, weil die Diener im Augenblick nicht verfügbar sind.« Mit diesen Worten wandte er sich ab und überließ es Dorian, die Tür zu schließen.
    »Wer ist da, Henry?« fragte eine schrille Frauenstimme aus einem Raum zur Linken.
    Der junge Mann warf den Besuchern einen abfälligen Blick zu und antwortete: »Niemand, Mutter. Nur zwei Hausierer. Angeblich sind sie mit Lord Hayward verabredet.«
    »Tatsächlich?« fragte die Frauenstimme. »Nun, wenn Sie es sagen, wird es schon stimmen. Scotty verkehrt ja mit den seltsamsten Leuten. Führe die beiden doch in den Salon, bis er kommt. Ich möchte sie sehen.«
    Henry machte ein säuerliches Gesicht und bedeutete Dorian und Chapman mit einer Handbewegung, ihm zu folgen. Sie betraten den Salon, aus dem die Frauenstimme erklungen war. Eine ältere Dame blickte ihnen aus einem mit Brokat bezogenen Ohrensessel entgegen. Ihr Gesicht war von einer dicken Puderschicht bedeckt, die ihre Falten noch stärker zur Geltung brachte, statt sie zu vertuschen. Ihre gekräuselten Haare waren gefärbt, die wulstigen, spröden Lippen grellrot geschminkt. Ihr tiefes Dekolleté enthüllte außer einem goldenen, mit Edelsteinen besetzten Halsband viel verwelkte Haut. Sie nähte gerade an einem Puppenkostüm. Jetzt legte sie ihre Arbeit in den Schoß und blickte den beiden Neuankömmlingen entgegen.
    »Henry ist ein unausstehlicher Lausebengel. Er muß immer übertreiben. Als er von Hausierern sprach, da habe ich natürlich an verwahrloste, heruntergekommene Gestalten gedacht. Sicherlich sind Sie gar keine Vertreter, die Scotty – ich meine, Lord Hayward – irgendwelchen Nonsens verkaufen wollen.«
    »So ist es«, antwortete Chapman. »Wir sind Angestellte der Lloyds Versicherungen und durchaus ehrenwert.«
    »Daß Sie ehrenwert sind, das sehe ich Ihnen an. Ich habe einen Blick für Menschen«, sagte die alte Dame und streckte Chapman ihre abgemagerte Hand zum Kuß hin. »Ich bin Lady Hurst.«
    »Sehr angenehm«, sagte Chapman und nannte seinen Namen. Dorian stellte er als Mr. Holborn vor.
    Lady Hurst nahm es ziemlich gelassen auf, daß der Dämonenkiller ihre Hand nicht küßte, sondern nur kräftig schüttelte.
    »Ich will ja nicht neugierig sein«, sagte sie mit kokettem Lächeln, »aber Sie kommen sicher wegen der Lebensversicherung, die Scotty für seinen bedauernswerten Sohn abschließen möchte.«
    Chapman räusperte sich diskret. »Wenn Sie ohnehin darüber informiert sind, kann ich es wohl zugeben.«
    Die alte Dame wandte sich Dorian zu. »Dann sind Sie bestimmt der Arzt, der die Untersuchung des armen Jungen vornehmen soll?«
    »So kann man wohl sagen«, antwortete er. »Sie sprechen von Lord Haywards Sohn, als würde ihm Ihr ganzes Mitgefühl gehören, Lady Hurst. Steht es so schlecht um ihn?«
    »Ja, wissen Sie denn nicht …«
    »Mutter!« fuhr Henry Hurst dazwischen.
    »Oh!« machte Lady Hurst betroffen. »Habe ich etwas gesagt, was sich ungünstig auf den Versicherungsabschluß auswirken könnte?«
    »Wenn Phillip Hayward leidend ist, dann könnte das schon eine Rolle spielen«, meinte Dorian.
    Lady Hurst lachte und machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Etwas Ernstes ist es bestimmt nicht. Er hat in den letzten Tagen nur etwas kränklich ausgesehen, aber im Grunde ist er kerngesund. Sie werden sich selbst davon überzeugen können.«
    »Das werde ich tun«, sagte Dorian.
    Lady Hurst nahm ihre Handarbeit wieder auf. »Das ist meine Lieblingsbeschäftigung«, erklärte sie augenzwinkernd. »Ich nähe, häkle und stricke Puppenkostüme.«
    »Für Henrys Puppen?« fragte Chapman scheinheilig und erntete dafür einen giftigen Blick des jungen Hurst.
    »Nein«, sagte Lady Hurst lachend. »Henry spielt schon längst nicht mehr mit Spielzeug. Dafür interessiert er sich für eine andere Art von Puppen.« Sie deutete mit den Händen üppige Formen an.
    Dann blickte sie Chapman prüfend in die Augen und sagte anzüglich: »Sie sehen mir ganz so aus, als würden Sie sich ebenfalls sehr intensiv mit jungen Püppchen beschäftigen. Habe ich recht, Mr.
    Chapman, daß Sie kein Kostverächter sind?«
    Chapman wurde der Kragen eng. Zu seiner Erleichterung wurde er einer Antwort enthoben, denn in diesem Augenblick erschien Lord Hayward. Er war mittelgroß, etwa ein Meter achtzig, fast mager und

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