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003 - Der Totentanz

003 - Der Totentanz

Titel: 003 - Der Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alphonse Brutsche
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Radio. Aber das Kinderzimmer, in dem Antoine die drei Jahre seines armseligen Lebens verbracht und für das man nach seinem Tod keine rechte Verwendung gehabt hatte, betrat er nie mehr und auch nicht die Bügelkammer.
    Pierre knipste die Nachtischlampe aus. Er ging fast immer früh schlafen, nachdem er einen Blick in die abonnierte Zeitung geworfen hatte. An diesem Tag, der so unerfreulich gewesen war, hatte er nicht daran gedacht, das Blatt aus dem Briefkasten zu nehmen, ehe er hinauf in seine Wohnung ging.
    Regungslos lag er da und wartete auf den Schlaf. Er wusste, dass es heute lange dauern würde, bis er einschlief. Das Bild von Christine, das sonst immer vor seinem geistigen Auge stand, war heute gestört durch den Kopf des alten Mannes, der sich davor schob. Bornimus sah ihn mit seinen leuchtend blauen Augen an und raunte ihm zu: »Aber wenn Christine nun wirklich auferstehen könnte?«
    Pierre warf sich unruhig von einer Seite auf die andere. Unwillkürlich streckte er die Hand zu dem leeren Bett aus, in dem früher seine Frau gelegen hatte.
    »Christine … Christine«, flüsterte er, dann glitt er ins Vergessen des Schlafes hinüber.
    Sein Ruf verhallte nicht ungehört. Aus dem Schattenreich des Todes kehrte Christine im Traum für eine Nacht an seine Seite zurück.
     

     
    Pierre schlug die Augen auf. Es war noch dunkel. Er wunderte sich, dass er erwacht war. Normalerweise schlief er bis morgens um sieben durch. Er rührte sich nicht und hoffte, sogleich wieder einschlafen zu können. Dabei zwang er sich, ruhig zu atmen. Er hörte seine Atemzüge in der Stille.
    Aber an diesen rhythmischen Atemzügen, die er vernahm, begann ihn etwas zu beunruhigen. Es schien fast als … als sei er nicht der einzige Mensch, der in diesem Raum atmete.
    Dieser Gedanke ließ ihn erschauern. Ich werde verrückt, dachte er. Dann hielt er den Atem an. Die leisen, regelmäßigen Atemzüge waren trotzdem weiter zu hören. Sie kamen von rechts aus dem Bett neben ihm.
    Sein Herz begann so heftig zu schlagen, als wollte es seinen Brustkorb sprengen. Ein Schrei entfuhr ihm.
    »Christine«
    Im Dämmerlicht sah er, dass ein Körper unter der Decke des anderen Bettes lag. Und auf dem Kopfkissen sah er dunkle Haare. Christine!
    Pierre Merlin streckte langsam die Hand nach der Gestalt aus, die noch immer ruhig atmete. Zentimeter um Zentimeter kamen seine Finger ihr näher. Jetzt berührten sie glatte, weiche Haut. Er zog die Hand so heftig zurück, als habe er sich verbrannt oder einen elektrischen Schlag bekommen. Dann versuchte er es von neuem, fuhr mit der Handfläche über die Decke, berührte mit den Fingern die Haut des Körpers, der in dem Bett neben ihm lag.
    »Christine« flüsterte er.
    Es war unmöglich und doch … Sie war es. Als habe sie seinen Ruf vernommen, bewegte sich die Gestalt jetzt. Zwei schattenhafte Arme kamen langsam unter der Decke hervor und streckten sich Pierre entgegen. Dabei fiel ein schwacher Lichtschein auf eine weiße Hand. Dann spürte er ein leichtes Gewicht auf seiner Schulter und an seiner Brust. Er schauderte ein wenig. Die Finger schlossen sich um seinen Hals und zogen ihn auf die Seite. Er ließ alles mit sich geschehen und näherte sein Gesicht dem Schatten auf dem Kopfkissen neben dem seinen.
    »Christine, bist du es wirklich?« fragte er ungläubig.
    Erst jetzt spürte er den Geruch.
    Es war ein modriger Geruch, wie von verwesenden Pflanzen und feuchter Erde, ein Grabesgeruch. Es war derselbe, der auch von dem alten Bornimus ausgegangen war, nur noch stärker. Pierre wurde übel, aber er wehrte sich nicht gegen die Hände, die sich an seinem Schlafanzug festklammerten.
    Das ist kein Wunder, dachte er, sie kommt ja auch aus dem Grab.
    Plötzlich wurde sein Gesicht durch die Hand, die in seinem Nacken lag, näher zu dem Schatten hingedrängt. Der Mund der Gestalt legte sich in einem heftigen Kuss auf den seinen. Der Verwesungsgeruch wurde jetzt überwältigend.
    Er wollte schreien, sich wehren, aber die Knochenfinger in seinem Nacken gaben ihn nicht frei. Seine Zähne bissen in eine weiche, halbflüssige Masse, die nach fauliger Erde schmeckte. Der Entsetzensschrei, der sich in seiner Kehle bildete, kam nicht über seine Lippen. Der Magen drehte sich ihm um vor Übelkeit.
    Plötzlich merkte er, dass sein Mund mit modriger Erde gefüllt war, in der Würmer herumkrochen. Voller Entsetzen versuchte er sich der widerlichen Masse zu entziehen, die ihn umgab. Er spuckte, wand sich, versuchte sich aus

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