Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
003 - Im Kabinett des Grauens

003 - Im Kabinett des Grauens

Titel: 003 - Im Kabinett des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
Vom Netzwerk:
ich weiß, wer sich
dahinter verbirgt. Der Henker Seiner Majestät des Königs, Harold Perkins! Ihre
Hand, Perkins – bringt mich ins Grab. Doch ich werde mich rächen, Perkins, ich
werde mich bitter rächen ...« und plötzlich überschlug sich Derry Cromfields
Stimme. Sie hallte schaurig durch den Hof, seine Worte wurden von Wind und
Regen davongetragen und verloren sich in der Dichte des quellenden, brodelnden
Nebels. »Perkins – Perkins – diesen Namen kennt heute noch ein jeder, doch ich
– ich, Derry Cromfield, werde dafür sorgen, dass dieser Name verlöschen wird.
Ich belade Sie mit einem Fluch, Harold Perkins soll verflucht sein! Ich werde
weiter töten, ich werde jeden töten, der Perkins heißt. Ich werde mich rächen –
ich werde mich rächen.« Seine letzten Worte wurden zu einem einzigen wilden und
verzweifelten Aufschrei. Ein Schrei, der augenblicklich verstummte, als die
Klappe unter Cromfields Füßen zurückwich und sein schwerer Körper in die Tiefe
stürzte und sich der Strick spannte ...
    Derry
Cromfield verstummte, doch sein Schrei, sein letzter Fluch, überlebte ihn
sekundenlang. Die Worte »Ich werde mich rächen – ich werde mich rächen« hallten
wie ein Echo durch den kleinen Hof und wurden von den kahlen Mauern
zurückgeworfen. Den Umstehenden lief ein Schauer über den Rücken, und selbst
Harold Perkins, der viele Hinrichtungen an Mördern durchgeführt hatte, schien
sekundenlang wie erstarrt, ehe er sich aus dem Bann lösen konnte und langsam
auf die dunkelgrau gestrichene Tür zuging, die in einen schmalen Gang führte,
der seinerseits in das Gefängnisgebäude mündete.
    Harold
Perkins legte die Henkerkleidung ab, während der Gerichtsarzt den Leichnam
Derry Cromfields untersuchte. Cromfield hatte sich das Genick gebrochen. Er war
tot.
     
    ●
     
    Derry
Cromfield wurde am Nachmittag des gleichen Tages beerdigt. Auf dem kleinen
Friedhof an der Peripherie von London. Niemand erschien zu seiner Beisetzung,
niemand weinte ihm eine Träne nach. Es hieß, dass er keine Familie hatte. Man
sprach von einem jüngeren Bruder, den es noch geben sollte, der jedoch zum
Zeitpunkt der Beisetzung auf einem Kohlendampfer irgendwo auf dem Atlantik
fuhr.
    Die
Totengräber verrichteten ihre Arbeit. Der billige, schmucklose Sarg wurde in
die Grube gesenkt. Die Erdschollen klatschten auf den Sargdeckel, dann wurde
das Geräusch der in die Grube geworfenen Erdmassen immer dumpfer und ruhiger,
als der Sarg unter der schweren, kühlen und nassen Erde verschwand.
    Kein
Kranz, keine Blume zierte an diesem Tag den frischen Grabhügel.
    Man
sprach noch eine Zeitlang von Derry Cromfields Untaten, doch man vergaß ihn.
Neue Mörder wurden verurteilt, neue Verbrechen beunruhigten die Bevölkerung
Großbritanniens.
    Vergessen
war Cromfields Fluch. Die Zeugen jener Nacht dachten nicht mehr daran, und sie
glaubten einfach nicht daran, dass ein toter Mörder noch einmal aus dem
Jenseits zurückkommen könne.
    In
England wurden die Reste des Krieges beseitigt, neue Häuser wurden gebaut,
Königin Elisabeth übernahm die Nachfolge von King George, in Mitteleuropa
verschärfte sich der kalte Krieg, Chruschtschow knallte mit dem Absatz seines
Schuhs auf das Rednerpult vor den Abgeordneten der Nation, die Amerikaner
engagierten sich in Vietnam. Marylin Monroe beging Selbstmord, Hemingway kam
durch eine Kugel aus dem Lauf seines eigenen Gewehres ums Leben. Präsident
Kennedy wurde ermordet ... zwanzig Jahre gingen dahin. Vergessen war der kalte
Novembermorgen jenes Jahres, als Derry Cromfield durch den Henker Seiner
Majestät, Harold Perkins, hingerichtet wurde.
    Zwanzig
Jahre später, als er bereits ein greiser Mann war und in seinem ruhigen Haus am
Rande von London seinen Lebensabend verbrachte, genau zwanzig Jahre später, in
den ersten Novembertagen, wurde Harold Perkins durch einen schauerlichen
Vorfall an die gespenstische Szene vor zwanzig Jahren erinnert, und er begann
an seinem Verstand zu zweifeln ...
     
    ●
     
    Tom
Riggins war ein kleiner Dieb. Er stahl alles Mögliche und unmögliche, und wenn
kein Bargeld darunter war, dann machte er das, was er ergattert hatte, zu barer
Münze.
    Tom
hatte keinen festen Wohnsitz. Er war einmal in London, ein andermal hielt er
sich genau in der entgegengesetzten Richtung, in Glasgow, auf. Ging seinen
Geschäften in der Großstadt ebenso intensiv nach wie seinen Unternehmen in
kleineren Städtchen und Dörfern. Er haute die Bauern auf dem Land über das Ohr,
indem er

Weitere Kostenlose Bücher