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0030 - Hexentanz

0030 - Hexentanz

Titel: 0030 - Hexentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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halten. Niemand wird dir das als Schwäche auslegen.«
    Der Himmel nahm ein tintiges Schwarz an.
    Waldo holte eine Stablampe aus seiner Jackentasche und leuchtete damit auf den Grabstein.
    Die rauhe Fläche des Grabsteins verwandelte sich in eine Art Bildschirm. »John!« rief Waldo Tarum verblüfft aus. Suko und ich sahen dasselbe wie er, aber Oxoran konnte uns mit diesen Mätzchen nicht erschrecken. Wir waren anderes gewöhnt.
    Auf dem Grabstein war ein Gesicht erschienen. Das Antlitz eines steinalten Mannes. Das mußte Oxoran sein. Er hatte einen schmalen Kopf, schlohweißes Haar und bernsteinfarbene Augen, die jeden von uns hasserfüllt anstarrten.
    Er öffnete den Mund. Wir sahen ein kräftiges Gebiss, das mich unwillkürlich an ein Raubtier erinnerte.
    Die Nase war lang und schmal. Die Lippen waren nicht mehr als ein dünner Strich.
    Ich spürte die zwingende Kraft, die von Oxorans Blick ausging. Er hatte die Absicht, uns niederzuringen, uns in seinen Bann zu schlagen. Es gelang mir nur mit großer Anstrengung, mich von seinem Anblick loszureißen.
    Auch Suko kämpfte mit Erfolg gegen den Willen Oxorans an.
    Waldo Tarum jedoch war zu unerfahren, um sich Oxorans Zwang entziehen zu können. Der Inspektor wurde leichenblass. Er fing zu zittern an. Er biss sich auf die Unterlippe.
    Seine Augen wurden ausdruckslos. Er hob die Hände und fuhr sich damit selbst an die Kehle. Er war nur noch Oxorans Marionette.
    Er war drauf und dran, sich selbst zu erwürgen. Ich riß ihn herum und griff nach seinen Händen. Sie waren hart wie Stahlklammern und ließen sich nicht öffnen.
    Waldo röchelte schaurig. Seine Finger gruben sich tief in seinen Hals. Suko eilte herbei, um zu helfen. Mit vereinten Kräften gelang es uns, Waldo vor sich selbst zu schützen.
    Er hätte aber sofort wieder Hand an sich gelegt, wenn wir ihn nicht mit aller Kraft davon abgehalten hätten.
    Und Oxoran grinste auf dem Grabstein vor Vergnügen. Ich wollte ihm beweisen, daß er uns auf diese Weise nicht beeindrucken konnte. »Kannst du Waldo allein festhalten?« fragte ich meinen Freund und Kampfgefährten.
    »Ich werd’s versuchen«, gab der Chinese keuchend zurück.
    Er trat hinter Waldo Tarum und legte seine muskulösen Arme um den Inspektor. Waldo gebärdete sich wie verrückt. Er wand sich in Sukos Umklammerung. Er bog den Oberkörper nach vorn, schnellte sich zurück, drehte sich und bäumte sich auf.
    Er setzte seine ganze Kraft ein, um freizukommen. Aber Suko war noch um ein Quäntchen stärker als Waldo. Ich griff nach meinem Einsatzkoffer und öffnete ihn.
    »Mach schnell!« rief Suko. »Ich glaube, ich kann Waldo nicht mehr lange festhalten! Oxoran flößt ihm zusätzliche Kräfte ein!«
    Ich beeilte mich.
    Vielleicht gelang es mir, Oxorans Bild auf dem Grabstein zu fixieren. Ich kannte einige magische Zeichen, die in einer bestimmten Verbindung dafür sorgen würden, daß sich Oxoran nicht mehr davonstehlen konnte.
    Er würde bleiben müssen. Zumindest für eine Weile. Und diese Zeit konnten wir dann nützen, um ihm jene Fragen zu stellen, die uns im Augenblick am meisten beschäftigten.
    Ich holte eine der magischen Kreiden aus dem Spezialkoffer. Bevor ich mit den Zeichen begann, wollte ich einen Kreis um das Gesicht ziehen, damit der magische Rahmen die Kraft der Erscheinung schwächte.
    Doch Oxoran bewies seine Schläue. Er verstand meine Kampfvorbereitungen und entzog sich der Festnahme durch Flucht.
    Bevor ich den Kreis, den ich zeichnete, schließen konnte, erstarrte das alte, zerfurchte Gesicht. Das schlohweiße Haar ging dem Mann büschelweise aus und wurde vom Wind fortgetragen.
    Und gleich darauf bekam das Antlitz Risse und zerbröckelte…
    Jetzt erst schloß sich der magische Kreis auf dem Grabstein. Zu spät.
    Suko merkte, wie Waldo Tarum sich entspannte. Er tat einen tiefen Atemzug und blickte mich dann verwirrt an. Mein chinesischer Freund ließ ihn los. Der Inspektor drehte sich um.
    »Haben Sie mich festgehalten?« fragte er Suko.
    Dieser nickte. »Es war nötig.«
    »Weshalb? Was habe ich getan?«
    »Sie können sich nicht erinnern?«
    »Nein«, sagte Waldo. Er verzog schmerzlich das Gesicht und massierte seinen Hals.
    Suko wies auf Tarums Kehle und sagte: »Das haben Sie getan. Sie wollten sich selbst erwürgen.«
    Waldo schaute mich ungläubig an. »Ist das wahr, John?« fragte er erschüttert. »Wollte ich das wirklich tun?«
    »Ja, Oxoran hat dich dazu gezwungen. Er trieb sein gemeines Spiel mit dir. Wenn wir nicht

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