0034 - Unser Bluff im tödlichen Spiel
der Mordkommission Nachricht geben, wie man zu erreichen sei.
Die Haustür war nicht verschlossen gewesen, so daß ich eintreten konnte, ohne klingeln zu müssen. Nach kurzem Suchen hatte ich dann die Küche gefunden und trat ein.
Mr. Ram, der Sekretär, schien gerade so etwas Ähnliches wie eine Rede gehalten zu haben, denn er stand als einziger, während alle anderen rings um den langen Anrichtetisch in seine Richtung blickten.
Als die Küchentür hinter mir ins Schloß fiel, flogen alle Köpfe ruckartig zu mir herum.
»Hallo!« sagte ich freundlich. »Lassen Sie sich nicht stören! Ich höre gern eine Weile zu.«
Ich ließ mich neben einem riesigen Elektroherd auf einen Küchenschemel fallen. Ram schluckte und wußte offenbar nicht, wie er den Faden seiner Rede wiederfinden sollte.
»Wovon sprachen Sie denn, Mr. Ram?« fragte ich, um ihn wieder an sein Thema zu erinnern.
Er fuhr sich über die Nasenspitze. »Ja, Mr. Cotton«, sagte er zögernd. »Die Sache ist die: Frymor ist tot und hat keine Angehörigen. Was wird nun aus uns? Wir sind alle auf unser Gehalt angewiesen, wir müssen etwas unternehmen.«
Dem konnte ich nicht widersprechen. Natürlich hate er recht. Sie mußten sich alle nach neuen Stellungen umsehen, sie mußten sich neue Zimmer suchen, alles richtig.
»Hat sich denn der Rechtsanwalt von Mr. Frymor noch nicht gemeldet?« fragte ich. »Oder haben Sie ihn noch nicht von Frymors Tod verständigt?«
Ram wurde rot wie eine Tomate. »Doch«, gab er zu. »Ich glaubte, ihn heute nachmittag anrufen zu müssen.«
»Natürlich«, nickte ich. »Das war sehr richtig von Ihnen. Und was sagte er?«
»Er werde morgen vormittag herkommen.«
»Dann warten Sie doch erst einmal seinen Besuch ab! Sprechen Sie mit ihm! Ich bin überzeugt, daß er Sie hier solange wohnen läßt, bis Sie neue Stellungen gefunden haben.«
Dieser Vorschlag schien alle sehr zu erleichtern. Sie atmeten erlöst auf. Mit der Ruhe, die bis jetzt in der Küche geherrscht hatte, war es allerdings auch im selben Augenblick vorbei. Die Leute fingen Unterhaltungen an, und man konnte kaum noch das eigene Wort verstehen.
Ich winkte dem Sekretär, und er kam. »Mr. Ram«, sagte ich. »Ich hätte gern noch ein paar Minuten mit Ihnen gesprochen. Gehen wir irgendwohin, wo es ruhig ist.«
»Bitte sehr, Mr. Cotton«, dienerte er und riß mir zuvorkommend die Küchentür auf.
Wir setzten uns in den Salon, in dem ich schon mal mit Hywood gesessen hatte, als wir den Kammerdiener und den Sekretär vernahmen.
»Ich möchte mir gern mal die Bankauszüge der letzten Wochen ansehen«, sagte ich. »Wissen Sie, wo Frymor die aufbewahrte?«
»Die Kontrolle der Bankauszüge unterstand mir«, sagte er. »Einen Augenblick, ich werde die Mappe mit den abgehefteten Bankauszügen sofort holen.«
Er ging hinaus, und ich steckte mir inzwischen eine Zigarette an. Es dauerte eine Minute, da klopfte es zaghaft an die Tür.
»Come in!« rief ich.
Lizzy trat ein. Sie hatte verweinte Augen.
»Mr. Cotton«, murmelte sie zögernd. Ich schob ihr einen Sessel zurecht und machte eine einladende Handbewegung. »Wissen Sie was, Lizzy«, sagte ich. »Bleiben Sie bei Jerry, ja? Ich finde das viel netter.«
Sie putzte sich mit einem zierlichen Spitzentaschentuch ihr ebenso zierliches Naschen. »Danke«, nickte sie und schluckte eine letzte Träne hinunter. »Jerry können Sie mir denn nicht helfen? Ich habe doch sonst keinen Menschen.«
»Na, was haben Sie denn verbrochen?« versuchte ich leichthin zu sagen. »Wollen mal sehen, was sich machen läßt.«
Ihr Temperament brach durch. Sie setzte sich mit einem energischen Ruck gerade hin und funkelte mich an.
»Wieso verbrochen? Ich habe noch nie etwas verbrochen!«
»Also, wobei soll ich Ihnen denn nun helfen?« fragte ich, um das Gespräch wieder zum Thema zu bringen.
»Ja, das ist so«, fing sie an und wurde wieder betrübt. »Ich bin noch nicht einmal ganz 17. Mr. Frymor war mein Vormund, seit er mich aus dem Waisenhaus geholt hat. Aber jetzt wo er doch tot ist — jetzt…«
»Und jetzt glauben Sie, Sie müßten wieder zurück ins Waisenhaus, was?«
»Ja!« greinte sie.
»Und das wäre natürlich furchtbar?«
»Fuu-uu-uurchtbar«, schluchzte sie. »Ich werde mal sehen, was ich tun kann, Lizzy«, versprach ich. »Ich kenne eine Menge Leute, vielleicht findet sich da was. Die Hauptsache ist, daß Sie keine Angst vor Arbeit haben.«
»Hab’ ich nicht«, versicherte sie. »Dann werden wir das Kind schon
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